Sachsens Ministerpräsident Kretschmer will «Wellenbrecher» für Pandemie

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Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hat die Bevölkerung angesichts drastischer steigender Corona- Zahlen auf weitere Einschränkungen eingestimmt. Bei einer Rede im Landtag sprach er am Donnerstag von einem «harten und klaren Wellenbrecher» für zwei oder drei Wochen. Das Wort «Lockdown» vermied er. Details sollen am Freitag vom Kabinett beschlossen werden. «Wir brauchen überall ein Eingreifen, nur wir im Freistaat Sachsen brauchen dieses Eingreifen jetzt.» Es gelte aber noch die Beschlüsse auf Bundesebene abzuwarten.

Der Regierungschef verwies auf die extrem hohe Wocheninzidenz in Sachsen, die das Robert Koch-Institut am Donnerstag mit 761,4 angab. Damit hat der Freistaat mit Abstand die höchste Infektionsrate. Bundesweit liegt sie bei 336,9. Laut Kretschmer gibt es einen direkten Zusammenhang zwischen Impfquote und Inzidenz. Sachsen habe bundesweit die niedrigste Impfquote, obwohl man «wie ein Mantra» für das Impfen geworben habe. Es gebe nur einen Weg, die Seuche zu beenden - die Immunisierung. 1,2 Millionen Menschen in Sachsen seien noch nicht geimpft, davon mehr als 300 000 im Alter ab 60.

Laut Kretschmer befindet sich Sachsen in einer Situation wie damals bei den Jahrhunderthochwassern. In der Pandemie seien die Dämme nun gebrochen. «Diese Welle bricht sich jetzt Bahn. Niemand hat die Kraft, in der jetzigen Situation, diese Dämme zu schließen. Das Wasser steigt.» Bei Hochwasser beginne dann die Phase der Evakuierung. Man müsse dieses Land zur Ruhe bringen - das könne man vor allem mit einer Kontaktreduzierung erreichen. Dafür sei ein gemeinsames Handeln und gesellschaftlichen Zusammenhalt notwendig. «Vom Ich zum Wir - das ist das Gebot der Stunde.»

Kretschmer nannte es «unfassbar», dass manche die Pandemie noch immer leugneten. «Wer über Monate Lügen hört, wird am Ende nicht mehr wissen, was die Wahrheit ist.» Das sei ein Teil des Problems und Grund für die niedrige Impfquote sowie die Ablehnung notwendiger Maßnahmen. Wer 18 Monate in «einer Blase bei Telegram» verbracht und ausschließlich Lügen gehört habe, werde es wohl nicht schaffen, seine Position in den nächsten Tagen zu ändern.

AfD-Fraktionschef Jörg Urban kritisierte im Gegenzug die Corona-Politik der Regierung scharf und warf ihr vor, Menschen auszugrenzen. Obwohl die Hälfte der Leute geimpft seien, gebe es mehr Infizierte als vor einem Jahr. «Das derzeitige Problem sind nicht die vielen Infektionsfälle und auch nicht die steigenden Zahlen von Krankenhaus-Einweisungen.» Das Problem seien die mangelhaften Vorbereitungen der Regierung und ihr Unvermögen, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen. Anstelle der 2G-Regeln und des Drucks auf Ungeimpfte, braucht es laut Urban kostenlose Tests und Corona-Boni für Pflegekräfte.

Alexander Dierks von der CDU erinnerte die AfD daran, dass sie bisher immer daran gezweifelt habe, ob es sich überhaupt um eine Pandemie handelt. «Ich bin ja schon mal dankbar, dass zumindest diese Erkenntnis jetzt mit Zeitverzug von anderthalb Jahren in ihren Reihen Einzug gehalten hat», sagte er mit Blick auf die AfD.

Mit ihrer Generalkritik blieb die AfD in einer teilweise emotional geführten Debatte allein. Kritische Töne waren aber auch von den Linken zu hören. Anstatt die noch nicht gebildete Bundesregierung zu kritisieren, sollte Kretschmer «endlich in die Gänge kommen, um hier in Sachsen wieder Herr der Lage zu werden», sagte die Gesundheitsexpertin der Linken, Susanne Schaper.

Keiner habe mehr Lust auf Pandemie, aber eine Krise frage nicht nach Pandemie-Müdigkeit, sagte die Grünen-Politikerin Kathleen Kuhfuß. Es gelte vor vor allem Impflücken zu schließen. «Um die Motivation nicht zu verlieren, würde ich gern den Orientierungsplan wieder ins Gespräch bringen. Dieser Plan könnte kurz und knapp zeigen, was wann geschlossen werden muss, aber eben auch, wann wir was wieder aufmachen können. Einfach um zu sehen: Es lohnt sich, jetzt zu verzichten.»

«Ein verantwortungsvoller Staat muss mit Blick auf die aktuelle Infektionslage in Sachsen handeln», betonte die SPD-Abgeordnete Simone Lang - wie Schaper eine gelernte Krankenschwester. Daher sei es richtig, bei Schutzmaßnahmen noch einmal nachzusteuern. (dpa)


 

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