Söder kündigt «De-facto-Lockdown» für Ungeimpfte in Bayern an

| Politik Politik

Angesichts der explodierenden Corona-Zahlen hat Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) drastische Einschnitte insbesondere für Ungeimpfte im Freistaat angekündigt. Darüber solle bereits an diesem Freitag in der Koalition beraten und entschieden werden, sagte Söder am Donnerstagabend in München. «Es handelt sich natürlich um einen De-facto-Lockdown für Ungeimpfte», kündigte er an.

Konkrete Details nannte Söder noch nicht, nannte aber insbesondere das Instrument von Kontaktbeschränkungen. Zudem gehe es um personelle Obergrenzen in bestimmten Bereichen «und auch Absagen», fügte er hinzu. Bayern werde alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen – sowohl nach der bisherigen als auch nach der neuen Rechtslage, also auf Basis des alten und des neu gefassten Infektionsschutzgesetzes. «Der Grundsatz ist klar: Verschärfen, und zwar grundlegend. Kontakte reduzieren, sowohl bei Veranstaltungen als auch in anderen Bereichen», sagte Söder. «Wir tun das, was wir tun müssen.»

Nach der Neufassung des Bundesinfektionsschutzgesetzes sollen die Landesparlamente zwar über Beschränkungen im Freizeit-, Kultur- oder Sportbereich entscheiden können. Ausgangsbeschränkungen, pauschale Geschäfts- oder Schulschließungen sowie Reiseverbote sollen aber dann ausgenommen sein. Falls Länder jetzt noch solche Maßnahmen anordnen, könnten diese allerdings noch bis 15. Dezember in Kraft bleiben.

«Wir werden prüfen, was nach dem neuen Recht alles möglich ist. Wir werden überlegen, was nach dem alten Recht insbesondere bis zum 15.12. möglich ist», erklärte Söder. Alles, was man am Freitag beschließe, müsse ganz bewusst den nächsten drei Wochen dienen, um die Zahlen zu senken und das Gesundheitssystem zu entlasten.

Lockdown-Maßnahmen auch für Geimpfte – die also nach der alten Rechtslage noch für eine gewisse Übergangszeit möglich wären – hält Söder nach eigenen Worten allerdings für rechtlich schwierig. «Eine komplette Einschränkung beispielsweise für Geimpfte wäre unter den gegenwärtigen Umständen kaum vorstellbar und verfassungsgemäß.» Es gehe dabei um die verfassungsmäßigen Rechte auch der Geimpften. Söder verwies auf höchstrichterliche Rechtssprechung und betonte, man wolle keine Schwächung der Akzeptanz der Maßnahmen dadurch, dass diese nach drei oder vier Tagen womöglich wieder aufgehoben werden könnten.

Als Maßstab für alle kommenden Debatten kündigte Söder stattdessen an: «Weniger Rücksicht auf die, die sich ganz bewusst nicht impfen lassen wollen - weil sie keine Rücksicht auf andere nehmen wollen.»

«Wir stehen in Bayern und Deutschland vor einem Corona-Drama. Die Zahlen explodieren, und zwar in kürzester Zeit», sagte Söder und betonte: «Es braucht einen Wellenbrecher, einen echten Wellenbrecher - keine homöopathischen Dosen, sondern eine maximale Wirkung.» Man müsse das Tempo der Ausbreitung des Coronavirus verlangsamen. Man müsse nun rasch neue Corona-Maßnahmen auf den Weg bringen - nicht weil jemand Freude daran hätte, sondern weil es zwingend notwendig sei aufgrund der Gesamtsituation. «Langes Warten ist schwierig.»

Söder kündigte für Anfang nächster Woche eine Beteiligung des Landtags an. Für derartige Entscheidungen, die nun kommen könnten, brauche es eine parlamentarische Legitimation. Spätestens bis Mitte nächster Woche sollten alle Maßnahmen dann aber in Kraft sein.

Bereits am Freitagnachmittag will er zudem mit allen Beteiligten in Bayern beraten, wie die Booster-Impfungen beschleunigt werden können.

Der Neufassung des Infektionsschutzgesetzes im Bundesrat wird Bayern nach Worten Söders ungeachtet fortbestehender Kritik zustimmen. Wenn es jetzt eine Blockade geben würde, würde dies dem Ernst der Lage nicht gerecht, argumentierte er. Das Gesetz sei der aktuellen Lage nicht angemessen, sagte Söder und kritisierte: «Natürlich fehlen viele Dinge.» Die Instrumente seien weniger und deutlich stumpfer geworden. Allerdings sei das Gesetz besser als nichts, und auch viel besser als der erste Entwurf.

Er sagte aber voraus, dass es angesichts der dramatischen Corona-Zahlen voraussichtlich im Dezember wohl noch Nachbesserungen brauchen dürfte. «Ich glaube, dass es nicht reichen wird», sagte der CSU-Chef. «Und ich bin sicher, dass wir eine Wiedervorlage erleben werden. Mitte Dezember wird es so sein.» (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Ihre harte Gangart gegen Cannabis-Konsum hat die Staatsregierung immer wieder betont. Strengere Regeln gelten im Freistaat aber erst jetzt - unter anderem auf Volksfesten und in Gaststätten.

Das Segment Alkoholfreier Wein ist zurzeit das Einzige, das weltweit ansteigt. Gleichzeitig gibt es in der Weinverordnung einige Regelungen, die die Vermarktung alkoholfreier Weine von Weingütern mit Trauben aus der Region erschweren.

Der Bayerische Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA Bayern und die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten NGG haben sich auf einen neuen Entgelttarifvertrag geeinigt. Dem Abschluss waren lange Verhandlungen vorausgegangen. Die Gewerkschaft dachte sogar über Warnstreiks nach und wurde dafür von Dorint-Boss Iserlohe scharf kritisiert.

Der Essenslieferant Delivery Hero mit Hauptsitz in Berlin steht schon länger im Fokus der EU-Wettbewerbshüter. Nun leitet Brüssel den nächsten Schritt ein. Eine Strafe von mehr als 400 Millionen ist möglich.

Der DEHOGA und die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten haben sich in der Tarifrunde 2024 auf einen Tarifabschluss für die Beschäftigten in Gastronomie und Hotellerie geeinigt.

Nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie gerieten viele Unternehmen in finanzielle Schwierigkeiten. Der Bund unterstützte sie mit milliardenschweren Hilfspaketen. Viele Rückforderungen landen jetzt vor Gericht. Es geht um Milliarden.

Hotels und Restaurants klagen teilweise über schlechte Umsätze. Jetzt fordert die NGG in Baden-Württemberg 15 Prozent mehr Geld für die Beschäftigten. Die Arbeitgeber reagieren mit Unverständnis.

Der Landtag beschließt eine Fülle von Verboten beim Konsum von Cannabis im Freistaat. Kritiker sehen in dem neuen Gesetz Hysterie und fordern ein Ende des Kulturkampfs. Die Wiesn-Wirte zeigen sich zufrieden.

Das Bundeskabinett verschärft das Luftsicherheitsgesetz, um radikale Klimaschützer und andere Störer von gefährlichen Aktionen auf Flughäfen abzuhalten. Stimmt der Bundestag zu, sind künftig auch Freiheitsstrafen möglich.

Nach dem Bundestag hat nun auch der Bundesrat dem Berufsvalidierungs- und -digitalisierungsgesetz (BVaDiG) zugestimmt. Das Gesetz tritt damit am 1. August in Kraft. Vom DEHOGA kommt Zuspruch aber auch Kritik.