Tourismusgipfel 2023 - Branche will nachhaltiger wirtschaften

| Politik Politik

„Wir haben die vordringliche Aufgabe, den nachhaltigen Wandel zu gestalten und zu bezahlen. Da gilt es, an anderer Stelle Maß zu halten. Die Politik nimmt die Tourismuswirtschaft gern in die Verantwortung. Aber sie hat auch Verantwortung uns gegenüber!“ Mit diesem Appell an die Politik eröffnete der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Tourismuswirtschaft (BTW) Sören Hartmann heute den 24. Tourismusgipfel in Berlin. Rund 350 Teilnehmerinnen und Teilnehmer diskutieren im Hotel Adlon über die Frage „Zeitenwende auch in der Tourismuswirtschaft?“. Dabei geht es insbesondere um die großen Themen Nachhaltigkeit, Digitalisierung und Personalmangel. Zu den Rednern der Veranstaltung zählen unter anderem Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil.

Tourismus als Kern des gesellschaftlichen Wohlstands

Der Tourismus sei der „Kern des gesellschaftlichen Wohlstands“ und Reisen bedeute Horizonterweiterung, betonte der Vizekanzler. Allerdings gebe es ein „Spannungsverhältnis. Er erinnerte an die starken Belastungen der Tourismusbranche durch die Coronavirus-Pandemie, die „gerade erst überwunden“ sei.. „Viele Branchen sind durch die Pandemie hart getroffen worden, aber die Tourismusbranche besonders hart“, konstatierte Habeck. Die Branche habe sich jedoch während der Pandemie als äußerst robust, widerstandsfähig und kreativ erwiesen. Auf diese Kreativität zähle er auch weiterhin.

Habeck stellte der Branche konkrete Hilfen beim Umstieg auf klimaneutrale Mobilität in Aussicht, etwa bei Flug- oder Schiffsreisen. „Die Tourismuswirtschaft hat einen spezifischen Bedarf, weil Reisen oder Tourismus ja in der Regel mit Mobilität verbunden ist“, sagte Habeck beim Tourismusgipfel 2023 des Bundesverbandes der Deutschen Tourismuswirtschaft (BTW) in Berlin. „Insofern denke ich, dass es dann da genaue Programme, besondere Unterstützung geben kann für klimaneutrale Mobilität“, sagte er. Dies könne etwa für regionale Aspekte gelten, aber auch für Flug- oder Schiffsreisen.

BTW-Präsident Hartmann appellierte an die Branche, nachhaltiger, digitaler und an mancher Stelle auch transparenter zu werden. Mit Blick auf den nachhaltigen Wandel forderte er, diesen engagiert, zielgerichtet und selbstbestimmt anzugehen: „Es ist Zeit zu handeln. In unserem eigenen Interesse, im Interesse unserer Gäste und im Interesse der touristischen Destinationen. Wir müssen das Heft des Handelns in die Hand nehmen. Wo immer es aus eigener Kraft möglich ist, nachhaltige Veränderungen angehen. Und wir müssen diese Aufgabe wirklich ernst nehmen. Feigenblätter sind zu wenig.“

Anderseits hatte er auch deutliche Forderungen an die Politik – in Sachen Nachhaltigkeit aber auch darüber hinaus: „Die Politik muss Innovationen und Forschung vorantreiben und fördern. Das gilt besonders für neue Antriebsformen und Treibstoffe. Tourismus basiert auf Mobilität. Wenn es gelingt, die verschiedenen Formen der Mobilität nachhaltig zu betreiben, ist für unsere Branche viel gewonnen. Für die Forschung brauchen wir Gelder. Investitionen in Innovation. Zudem stehen wir im Wettbewerb mit anderen Branchen, z.B. wenn es um Wasserstoff geht. Auch hier ist die Politik mit uns zusammen gefordert. Sie darf nicht nur anderen Branchen Angebote machen. Sie muss auch für uns Lösungen finden und anbieten!“

Damit die Branche die Herausforderungen der nachhaltigen Transformation bewältigen kann, geht es aber um noch mehr: Bestehende Entlastungen dürfen nicht in Frage gestellt werden, unnötige Belastungen müssen abgeschafft werden, um finanzielle Spielräume zu erhalten. Hartmann forderte deshalb unter anderem „Bürokratieabbau als echtes Konjunkturprogramm“ sowie die Beibehaltung der reduzierten Mehrwertsteuer auf Speisen in der Gastronomie. „Die 7 % jetzt in Frage zu stellen, wäre eine Steuererhöhung zur Unzeit – zum Schaden von Unternehmen wie Gästen“.

In Sachen Personalmangel betonte Hartmann die Eigenverantwortung der Branche, sich als interessanter Arbeitgeber aufzustellen. „Wir müssen das Arbeiten in unserer Branche attraktiver machen: Durch passgenauere Angebote für die verschiedensten Lebensabschnitte.“ Gleichzeitig begrüßte er die Pläne der Bundesregierung zur Arbeitskräfteeinwanderung. Er mahnte jedoch auch an, dass nicht nur die rechtlichen, sondern auch die organisatorischen Grundlagen geschaffen werden müssen. Insbesondere die Visavergabe ist derzeit eine große Baustelle mit teils immensen Wartezeiten sowohl für Arbeits- als auch für touristische Visa. „Was wir angesichts von Personalmangel in den Betrieben einerseits und der großen Reiselust andererseits brauchen, ist eigentlich ein Visatransrapid. Derzeit haben wir bestenfalls den Bummelzug. Das muss sich schnellstens ändern“, so Hartmann.

Der BTW-Präsident kommentierte auch die jüngsten EU-Entscheidungen zum Einsatz nachhaltiger Flugkraftstoffe, die in dieser Form zu erheblichen Wettbewerbsverzerrungen zwischen EU- und Nicht-EU-Fluggesellschaften führen. „Emissionen werden kaum verhindert, sondern einfach verlagert. Wenn Langstrecken künftig nur noch über Istanbul oder Dubai führen, statt über Frankfurt und Paris, hilft das nicht dem Klimaschutz. Es schadet lediglich der Wirtschaftszone EU und unseren Betrieben. Hier muss nachjustiert werden!“

Hartmann schloss seine Rede mit folgenden Worten: „Die Tourismuswirtschaft muss sich wandeln. Wir müssen nachhaltiger werden. Wir müssen digitaler werden. Und wir sollten an mancher Stelle auch transparenter werden. Das müssen wir machen im Zusammenschluss mit der Politik, aber insbesondere auch mit allen Akteuren der Tourismuswirtschaft. Und zwar in einer Art, die der Relevanz des Reisens auch gerecht wird.“

Der Deutsche Klimafonds Tourismus (DKT) präsentiert sich auf dem Tourismusgipfel erstmalig der Tourismuswirtschaft

Auf dem stattfindenden Tourismusgipfel im Hotel Adlon in Berlin hat sich der Deutsche Klimafonds Tourismus (DKT) erstmals der breiten Öffentlichkeit präsentiert. Auf dem 24. Gipfeltreffen von Politik und Wirtschaft kommen die wichtigsten Vertreter:innen der Tourismuswirtschaft und Bundespolitik, darunter auch die Bundesminister Dr. Robert Habeck und Hubertus Heil zu dem Thema „Zeitenwende auch in der Tourismuswirtschaft?“ zusammen

Unter dem Titel „Nachgefragt: Der Deutsche Klimafonds Tourismus: Von der Branche für die Branche"
stellte Dr. Nadine Scharfenort, Projektleitung zusammen mit Prof. Dr. Helga Weisz (Potsdam Institut für Klimafolgenforschung) den DKT auf einer der wichtigsten Veranstaltungen der Branche vor. „Wir freuen uns sehr hier auf dieser Bühne unser Projekt einem breiten Publikum zu präsentieren und mit Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Verbänden ins Gespräch zu kommen. Wir wollen unser ehrgeiziges Ziel erreichen, mit dem DKT eine Institution zu etablieren, die Klimaschutzmaßnahmen aus der Branche für die Branche finanziert. Dazu brauchen wir die Beteiligung von möglichst vielen Akteur:innen der Tourismuswirtschaft, die wir bereits jetzt auf uns aufmerksam machen möchten.“

Der DKT trat erstmals bei der Auftaktveranstaltung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz „Nationalen Plattform Zukunft des Tourismus" am 11.Mai 2023 in Erscheinung und stieß bereits dort auf viel Interesse und positive Resonanz. Dr. Scharfenort ist optimistisch, dass dieser Zuspruch aus der Branche und Politik nach dem Tourismusgipfel weiter wächst.
Dort werden neben der Transformation zu einer nachhaltigen Tourismuswirtschaft auch die Kernthemen Personalmangel, wirtschaftliche Rahmenbedingungen und Mobilität der Zukunft diskutiert.

Über den DKT:

Das vom Bundesverband der Deutschen Tourismuswirtschaft (BTW)initiierte DKT Projekt wird von der Nationalen Klimaschutzinitiative (NKI) des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gefördert. Ziel des DKT ist es, die deutsche Tourismusbranche fachlich und finanziell darin zu unterstützen, langfristig wirksame Treibhausgasreduktionen zu erreichen, um einen Beitrag zu Erreichung der vereinbarten nationalen Klimaschutzziele und Treibhausgasneutralität zu leisten. In Zusammenarbeit mit dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) wird erstmalig ein branchenspezifischen Treibhausgasinventars für die Tourismuswirtschaft entwickelt, um die Wirksamkeit von Klimaschutzmaßnahmen entlang der gesamten touristischen Wertschöpfungskette zu überprüfen. Mit dem DKT soll es erstmalig ein Finanzierungsmodell geben, das Klimaschutzmaßnahmen aus der Branche für die Branche finanziert.


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Der DEHOGA und die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten haben sich in der Tarifrunde 2024 auf einen Tarifabschluss für die Beschäftigten in Gastronomie und Hotellerie geeinigt.

Nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie gerieten viele Unternehmen in finanzielle Schwierigkeiten. Der Bund unterstützte sie mit milliardenschweren Hilfspaketen. Viele Rückforderungen landen jetzt vor Gericht. Es geht um Milliarden.

Hotels und Restaurants klagen teilweise über schlechte Umsätze. Jetzt fordert die NGG in Baden-Württemberg 15 Prozent mehr Geld für die Beschäftigten. Die Arbeitgeber reagieren mit Unverständnis.

Der Landtag beschließt eine Fülle von Verboten beim Konsum von Cannabis im Freistaat. Kritiker sehen in dem neuen Gesetz Hysterie und fordern ein Ende des Kulturkampfs. Die Wiesn-Wirte zeigen sich zufrieden.

Das Bundeskabinett verschärft das Luftsicherheitsgesetz, um radikale Klimaschützer und andere Störer von gefährlichen Aktionen auf Flughäfen abzuhalten. Stimmt der Bundestag zu, sind künftig auch Freiheitsstrafen möglich.

Nach dem Bundestag hat nun auch der Bundesrat dem Berufsvalidierungs- und -digitalisierungsgesetz (BVaDiG) zugestimmt. Das Gesetz tritt damit am 1. August in Kraft. Vom DEHOGA kommt Zuspruch aber auch Kritik.

Die Ampel will mit steuerlichen Vorteilen Fachleute nach Deutschland locken. Aus der Opposition kommt scharfe Kritik. Auch die Bevölkerung steht dem Vorhaben mehrheitlich kritisch gegenüber.

Die erste Tarifverhandlung zwischen der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten und dem Bundesverband der Systemgastronomie ist ohne Ergebnis geendet. Laut Gewerkschaft sei das Angebot jedoch völlig indiskutabel. Die Arbeitgeber sprechen hingegen von einer guten und konstruktiven Atmosphäre.

In Thüringen gibt es immer weniger Gastronomie-Betriebe. Dieser Trend soll aufgehalten werden. Nun gibt es Geld vom Land - allerdings mit Voraussetzungen.

Jugendliche zwischen 14 und 16 Jahren dürfen in Gaststätten Alkohol trinken, wenn die Eltern dabei sind. Nicht nur der Bundesgesundheitsminister möchte das ändern. Niedersachsens Gesundheitsminister Andreas Philippi bringt eine Freigabe von Alkohol erst ab 18 Jahren ins Spiel.