Bleisure Travel: Studie zeigt Angebotslücken

| Tourismus Tourismus

Bleisure-Travel zählt weltweit zu den am schnellsten wachsenden Reisetrends. Doch sind Deutschlands Destinationen und Gastgeber auf die Wünsche der Geschäftsreisenden und ihrer mitreisenden Partner eingestellt, die ihren Aufenthalt verlängern möchten? Eine aktuelle Studie der Professoren Peter Neumann und Sven Pastowski von der IU Internationale Hochschule hat sich mit dieser Frage auseinandergesetzt und überraschende Angebotslücken festgestellt.

In Zusammenarbeit mit Studierenden führten Neumann und Pastowski Interviews mit über 100 Vertretern aus Hotellerie, Gastronomie, Destinationsmanagement, Reisevertrieb sowie dem Freizeit- und MICE-Sektor. Das Ergebnis ist ernüchternd: Fast 70 Prozent der Befragten bieten noch keine spezifischen Bleisure Travel-Produkte an. Auch bei der Frage nach Kooperationen mit anderen Anbietern zeigt sich, dass das Thema Bleisure Travel in der deutschen Tourismusbranche noch wenig Beachtung findet. Nur 28 Prozent der befragten Akteure haben entsprechende B2B-Partnerschaften aufgebaut.

Dabei sind die weltweiten Ausgaben für Bleisure Travel beträchtlich: Sie werden auf 200 Milliarden US-Dollar geschätzt und sollen sich bis 2027 mehr als verdoppeln. Deutschland profitiert besonders stark von diesem Trend: Laut dem Deutschen Reiseverband betreiben bereits über 80 Prozent der deutschen Geschäftsreisenden Bleisure Travel, und mehr als ein Drittel der internationalen Geschäftsreisenden in Deutschland verlängert den beruflichen Aufenthalt um private Tage.
 

„Trotz des riesigen Marktpotenzials sind die deutschen Städte, Regionen und das Gastgewerbe bisher kaum auf diesen Trend eingestellt und verpassen viel Wertschöpfung durch eine ausgabefreudige Zielgruppe",  so Prof. Dr. Peter Neumann.

Die Vorteile liegen auf der Hand: Diese Reisenden sind bereits vor Ort, und hohe Marketingkosten für ihre Akquise entfallen. Da die An- und Abreise in der Regel vom Arbeitgeber übernommen wird, bleibt den Bleisure-Reisenden ein größeres Budget für Freizeit, Kultur, Gastronomie und Mobilität, das in der Destination ausgegeben wird.

Die Experten sind sich einig, dass insbesondere die jüngeren Geschäftsreisenden der Generationen Y und Z eine hohe Affinität zu Bleisure Travel-Angeboten aufweisen. Unternehmen und Behörden können durch solche Angebote ihren Mitarbeitenden auf kostengünstige Weise einen attraktiven Zusatznutzen bieten.

Empfehlungen für Städte und Regionen

Um das Bleisure Travel-Potenzial zu nutzen, ist ein kontinuierlicher Austausch zwischen den relevanten Akteuren der Destination unerlässlich. Ein gutes Binnenmarketing, das die Bedürfnisse der Geschäftsreisenden berücksichtigt, ist die Basis für den Erfolg einer Bleisure-Destination.

Ähnlich wie im klassischen Destinationsmarketing ist eine strategische Produktentwicklung von großer Bedeutung, die auf die speziellen Erwartungen der Bleisure-Reisenden sowie auf die Attraktionen der Region eingeht. Hierbei spielen Faktoren wie das Zeit- und Budgetmanagement der Reisenden, die berufliche Erreichbarkeit während des Urlaubs sowie die Interessen mitreisender Partner eine wichtige Rolle.

Peter Neumann fasst zusammen: „Durch Bleisure Travel ist für Destinationen, das Gastgewerbe und die gesamte MICE-Branche eine deutliche Steigerung der touristischen Wertschöpfung möglich. Durch eine gute Zusammenarbeit der Tourismusanbieter*innen, attraktive Partner- und Verlängerungsangebote sowie eine spezielle Kommunikation können Städte und Regionen neue Marktsegmente erschließen.“


Zurück

Vielleicht auch interessant

Outdoor, Indoor - am Flughafen: Surfen vor der Haustüre. Das Meer brauchen Surfer nicht mehr unbedingt. Vom Eisbach mitten in München hat sich die Welle in Deutschland und Europa ausgebreitet.

«Tourists go home»: In Spanien sorgen Anti-Urlauber-Demos für Aufsehen. Ohne die Probleme dort kleinreden zu wollen: Die meisten Touristen pro Kopf haben andere Urlaubsländer.

Deutsche Unternehmen schickten ihre Mitarbeiter im ersten Halbjahr wieder öfter auf Reisen. Das zeigt eine Auswertung von AirPlus International. Die Fußball-Europameisterschaft hatte allerdings keinen nennenswerten Einfluss auf die Reisetätigkeit.

Selfie vor dem Eiffelturm, Strandtag in der einsamen Bucht, Sangria in der Sonne - für die allermeisten gehört das Posten der Erlebnisse in sozialen Netzwerken zum Urlaub dazu. Für möglichst viele Likes wird dabei einiges in Kauf genommen.

In Frankfurt wurde erstmals in einem Monat die Millionengrenze bei den Übernachtungszahlen geknackt. Aus dem Ausland strömten besonders viele Fans in die Stadt am Main. Auch die Stadt Köln freut sich über ein herausragendes erstes Halbjahr.

Bayern hat den Königssee, Baden-Württemberg den Blautopf: Schauen Influencer auf das Ländle, wird die blaue Quelle unweit von Ulm oft als Ausflugstipp genannt. Damit dürfte nun erst mal Schluss sein.

Die Deutschen verreisen gerne mit dem eigenen Wohnmobil. Die Zulassungszahlen zeigen ein deutliches Plus. Kommende Woche beginnt in Düsseldorf der «Caravan Salon».

Der Tourismus in Hamburg kann im ersten Halbjahr keine Zuwächse verbuchen. Insgesamt zählten die Touristiker 7,54 Millionen Übernachtungen, wie die Hamburg Tourismus GmbH mitteilte. Das seien zwar 60 000 weniger als im ersten Halbjahr 2023, aber 386 000 oder 5,1 Prozent mehr als im letzten Vor-Corona-Jahr 2019. 

Schleswig-Holstein hat im Juni weniger Übernachtungsgäste angelockt als im Vorjahresmonat. Auch die Zahl der gebuchten Übernachtungen ging zurück. Dazu beigetragen haben könnte der spätere Ferienbeginn in Nordrhein-Westfalen.

Aus Furcht vor flüssigen Sprengstoffen erließ die EU 2006 strenge Regeln für Flüssigkeiten im Handgepäck von Flugpassagieren. Eine neue Generation Scanner brachte Lockerungen. Jetzt gibt es Zweifel.