Europäer sparen mehr - aber nicht bei Reisen

| Tourismus Tourismus

Nicht nur die Fluggesellschaften setzen zum Höhenflug an, auch für den Tourismus lacht trotz wirtschaftlicher Unsicherheiten und zunehmenden geopolitischen Spannungen die Sonne. Die starke Nachfrage hat sowohl dem Hotel- als auch dem Kreuzfahrtgewerbe geholfen, nach der Pandemie wieder auf die Beine zu kommen. Europa hat das Niveau von vor der Pandemie bereits übertroffen. Zu diesem Ergebnis kommt die jüngste Analyse des Kreditversicherers Allianz Trade.

"Die Europäer sparen mehr - aber Reisen sind aktuell unverzichtbar", sagt Milo Bogaerts, CEO von Allianz Trade in Deutschland, Österreich und der Schweiz. "Weder die Inflation noch die Unsicherheit haben den Aufschwung des Tourismussektors geschwächt. Die Nachfrage nach reisebezogenen Dienstleistungen wächst stärker als je zuvor. Das verleiht dem Sektor eine wesentlich stärkere Preissetzungsmacht als in der Vergangenheit."

Internationale Reisen treiben Aufschwung

Stärkster Treiber des weltweiten Tourismus-Aufschwungs sind internationale Reisen. Es dürften rund 10 Prozent mehr Menschen mit dem Flugzeug verreisen. Die größten Anstiege dürfte es in Asien (+17 %) und in Nordamerika (+9 %) geben. Aber auch in Europa dürften sich Fluggesellschaften über knapp 6 Prozent mehr Fluggäste freuen.

"Die Touristen packen ihre Koffer wieder gerne für Fernreisen", sagt Bogaerts. "Insbesondere Flugreisen sind das 'Must Have' des Sommers. Deutschland und Frankreich profitieren dabei von den Sport-Großereignissen, aber besonders beliebt sind auch Flugziele in Asien und Nordamerika. Die realen Sparzinsen sind weiterhin niedrig, so dass viele ihr Geld in eine Fernreise stecken. Die US-Bürger profitieren zudem von einem stärkeren Dollar, der ihnen im Ausland mehr Kaufkraft verleiht."

Luxusreisen legen zu

Weltweit lag die Hotelauslastung im ersten Quartal 2024 im Durchschnitt bei 61 %, im bisherigen Jahresverlauf bei 64 % und im Mai bei 68 %, dem höchsten Stand seit der Pandemie.

Im vergangenen Jahr verzeichneten Luxushotels die höchste Wachstumsrate[1] (+5% RevPAR4 Wachstumsrate gegenüber +3% für die Branche insgesamt) trotz des Nischen-Marktanteils.

"Obwohl der Luxustourismus in letzter Zeit immer mehr Kunden anzieht, dominieren weiterhin Low-Cost-Hotels", sagt Maria Latorre, Branchenexpertin bei Allianz Trade. "Luxushotels machen mit nur 3 % des Gesamtangebots nur einen sehr geringen Anteil am Weltmarkt aus. Doch die Nachfrage nach gehobenen Erlebnissen und Luxusreisen in den Industrieländern ist gestiegen - und auch die Preise angesichts der einkommensstarken Kundenzielgruppe."

Preisgünstige Reisen überwiegen

Da die Inflation jedoch nach wie vor vor allem die Haushalte mit niedrigem und mittlerem Einkommen belastet, hat das Beherbergungsgewerbe seine preisgünstigeren Angebote erweitert. Vor der Pandemie fiel der größte der größte Anteil (27 %) der Hotels weltweit in die "gehobene Kategorie", aber seit 2022 hat die Kategorie "preiswert" überholt.

"Insgesamt stehen die Unternehmen in der Tourismusbranche besser da denn je", sagt Latorre. "Die Einnahmen der weltweit führenden Hotelketten sind im Jahr 2020 massiv eingebrochen (-55 % gegenüber dem Vorjahr). In den letzten Jahren haben sie sich allerdings sukzessive erholt und lagen bereits im vergangenen Jahr rund 13 % über dem Niveau von 2019. Dieser Trend setzt sich fort, sowohl bei den Einnahmen als auch bei den operativen Margen, die ebenfalls wieder über dem Vorkrisenniveau liegen."

Kreuzfahrtschiffe ausgebucht und wieder auf Kurs

Die Nachfrage nach Kreuzfahrten hat sich hat sich ebenfalls stark erholt. Im Jahr 2021 waren Pauschalreisen und Belegungsraten im Keller, auf dem niedrigsten Wert der Geschichte. Aber das Bild hat sich gedreht: Allein im vergangenen Jahr sind die Einnahmen der Kreuzfahrtschiffe um 70 % gestiegen und werden 2024 um weitere 15 % steigen, wobei in diesem Jahr neue Kreuzfahrtschiffe ausgeliefert werden. Die größten Anbieter erwarten, dass der Sommer 2024 den Sommer 2019 sowohl bei der Anzahl der Passagiere als auch beim Gewinn übertreffen wird, da die Schiffe ausgebucht sind.


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

In eine Wanne mit heißem Erdbrei zu steigen, ist eine spezielle Erfahrung. Der Kurtrend des 19. Jahrhunderts soll unter anderem entspannend wirken. Allerdings haben es heutige Gäste eiliger.

Eine Airline stellt sich bei Entschädigungszahlungen quer und will eine Bordkarte nicht als Beleg akzeptieren. Der Europäische Gerichtshof sieht das anders und stärkt damit die Rechte von Passagieren.

Die aktuelle Streikwelle an deutschen Flughäfen verursacht laut Deutschem Reiseverband Schäden in der Tourismuswirtschaft in deutlich zweistelliger Millionenhöhe. Tarifgespräche sollten stattdessen am Verhandlungstisch stattfinden.

Auf Mallorca und in vielen anderen Besucher-Hochburgen Spaniens wächst der Unmut gegen die negativen Folgen des Massentourismus. Die Regierung der Balearen will durchgreifen und stellt einen Plan vor.

Wenn in diesen Zeiten etwas stabil ist, dann der Wunsch nach Sonne und Strand. Das sagt der Tourismusforscher Martin Lohmann. Welche Reisetrends nimmt er noch wahr?

Verdi sieht sich an den Airports zum Ausstand gezwungen. Die Betreiber sprechen von einem Horrorszenario für Fluggäste. Worauf sich Betroffene bei den Warnstreiks einstellen müssen.

Smartphone aus, Kopf frei? Digital Detox müsste ein Renner sein auf dem Reisemarkt - würde man denken. Doch viele Urlauber wollen dann doch nicht komplett verzichten. Was heißt das für die Angebote?

2001 hat das Miniatur Wunderland seine Türen für Besucher geöffnet und seitdem strömen jeden Monat tausende Menschen durch die berühmte Modelleisenbahn-Anlage. Nun wartet auf einen eine Überraschung.

Vor allem deutsche Urlauber schätzen Ostsee und Seenplatte als Reiseziele. Ausländische Feriengäste sind dagegen rar. Deshalb will der Tourismusverband die Werbetrommel im Ausland lauter rühren.

Die Buchungszahlen an der Nordsee zeigen eine zunehmende Saisonalität – zu diesem Ergebnis kommt der Nordsee Tourismus Report. In 2024 reisten in der Vor- und Nachsaison mehr Urlauber als zuvor an die Nordsee.