Flug verspätet: Kein Alkohol auf Kosten der Airline

| Tourismus Tourismus

Bei langen Flugverspätungen haben Passagiere laut EU-Recht Anspruch auf «Mahlzeiten und Erfrischungen». Bietet die Airline das nicht an, können sie selbst am Flughafen etwas zu essen und zu trinken kaufen. Aber: Darf es auch Alkoholisches sein?

Im Fall von zwei Aperol Spritz, die ein Passagier während der Wartezeit für 15 Pfund an einem Londoner Airport gekauft hatte, verweigerte die Airline die Erstattung. Der Streit ging bis vor das Amtsgericht Hannover. Das gab der Fluggesellschaft Recht - und zwar aufgrund des konkreten Wortlauts «Erfrischungen» in der zugrunde liegenden EU-Fluggastrechte-Verordnung.

Sinngemäß begründete das Amtsgericht: Alkoholische Getränke zählen nicht zu Erfrischungen, weil ihre Wirkung im Regelfall das Gegenteil bewirken würde. Deshalb müssten die 15 Pfund für die Aperol Spritz von den Verpflegungskosten abgezogen werden. (Az.: 513 C 8538/22; noch nicht rechtskräftig)

Wein zum Essen? Für manche Airlines kein Problem

Also nie Bier oder Wein auf Kosten der Airline bei Verspätungen? Ganz so schwarz und weiß liegt die Sache nicht, wie Juristin Karolina Wotjal vom Europäischen Verbraucherzentrum in Kehl erklärt.

Sie wäre zwar auch ohne das aktuelle Urteil aus Hannover zu der Einschätzung gekommen, dass es sich bei alkoholischen Getränken um Genussmittel handelt, die nicht erstattet werden müssten. Aus ihrer Beratungspraxis weiß sie aber: «Es gibt Airlines, die auch Kosten für Wein zum Essen erstatten, ohne diese in Frage zu stellen.»

Auch Gerichte seien schon zu anderen Urteilen gekommen. So hielt beispielsweise das Amtsgericht Düsseldorf in einem Urteil von 2019 «Champagnercocktails und Dessertwein» für erstattungsfähig. (Az.: 27 C 257/18) So weit ging das Amtsgericht Memmingen 2021 zwar nicht, es urteilte aber: Zumindest bei Bier sei die Grenze zwischen Erfrischung und Genuss noch nicht überschritten. Wein indes ist nach Überzeugung dieses Gerichts kein Erfrischungsgetränk mehr. (Az.: 11 C 157/21)

Keine höhergerichtliche Rechtssprechung

Wojtal kennt nach eigenen Worten außer solchen erstinstanzlichen Urteilen keine höhergerichtliche Rechtsprechung zu der Frage, was noch als Erfrischung zählt und was schon ein Genussmittel ist - zumal das quer durch Europa sehr unterschiedlich eingeschätzt werde.

Sie weist in dem Zusammenhang noch auf andere Entscheidungen hin, bei denen es nicht um konkrete Erstattungsfragen ging, sondern wo die Verpflegungskosten geschätzt wurden.

Zehn Euro pro Person und Mahlzeit seien dabei für notwendig und angemessen gehalten worden, so die Juristin. «Inwiefern dies an einem europäischen Flughafen im Jahr 2023 realistisch ist, lasse ich einmal dahingestellt - aber man sieht schon, in welche Richtung das geht.»

Nicht über die Stränge

«Aktuell kann ich deshalb keinem Fluggast guten Gewissens dazu raten, hier über die Stränge zu schlagen», so die Verbraucherschützerin. Man darf nicht damit rechnen, dass das dann voll erstattet wird. Deshalb ist Bescheidenheit angebracht, vor allem bei Aperol Spritz und Co.

Wojtal ist zwar der Ansicht: «Kosten Bier und Wein genauso oder fast genauso viel wie Wasser und Softdrinks, sind auch diese Kosten zu ersetzen.» Wer aber auf Nummer sicher gehen will, dass es keinen Streit um die Erstattung gibt, kauft lieber Wasser oder Cola. (dpa)


Zurück

Vielleicht auch interessant

Die Sommer am Mittelmeer werden immer heißer. Ist das eine Chance für den Tourismus in Schleswig-Holstein? Im Norden wird über Strategien nachgedacht. Die aktuelle Bilanz ist durchwachsen.

Es ist Hauptreisezeit in Europa, wodurch Flughäfen im Fokus stehen: Während einige von ihnen für ihren exzellenten Service, saubere Einrichtungen und effiziente Abfertigung gelobt werden, kämpfen andere mit negativen Bewertungen.

Im Kampf gegen Gewalt und Übergriffe an Bord von Flugzeugen fordert Ryanair-Chef Michael O'Leary ein Getränke-Limit vor Abflug. Reisende sollten höchstens zwei Drinks am Flughafen je Board-Karte kaufen können.

Erst viel Regen, dann einige Hitzetage - die Bilanz der Strandkorbvermieter in Schleswig-Holstein fällt durchwachsen aus. Insgesamt war es eine durchschnittliche Saison, sagt der Verbandsvorsitzende.

In gut vier Wochen beginnen in ersten Bundesländern die Herbstferien. Die Nachfrage beim weltgrößten Reisekonzern ist groß. Mallorca ist nicht mehr Urlaubsziel Nummer eins.

Mehr als 200.000 Pauschalreisebuchungen wurden im Zuge der FTI-Pleite im Frühsommer storniert. Seit kurzer Zeit läuft der Erstattungsprozess - eine große Zahl Betroffener wird auch bald Post bekommen.

Weil der US-Fahrdienstleister beim Transfer personenbezogener Daten gegen europäische Datenregeln verstoßen haben soll, verhängt die zuständige Behörde eine Millionenbuße. Doch der Streit dauert an.

Outdoor, Indoor - am Flughafen: Surfen vor der Haustüre. Das Meer brauchen Surfer nicht mehr unbedingt. Vom Eisbach mitten in München hat sich die Welle in Deutschland und Europa ausgebreitet.

«Tourists go home»: In Spanien sorgen Anti-Urlauber-Demos für Aufsehen. Ohne die Probleme dort kleinreden zu wollen: Die meisten Touristen pro Kopf haben andere Urlaubsländer.

Deutsche Unternehmen schickten ihre Mitarbeiter im ersten Halbjahr wieder öfter auf Reisen. Das zeigt eine Auswertung von AirPlus International. Die Fußball-Europameisterschaft hatte allerdings keinen nennenswerten Einfluss auf die Reisetätigkeit.