Die Koalitionsverhandlungen von CDU und SPD hatten auch Folgen für den Bundespresseball der Hauptstadtjournalisten: Vor der Fotowand und auf dem roten Teppich - in diesem Jahr lila - zeigten sich am Abend im Berliner Hotel Adlon prominente Mitglieder der alten Bundesregierung. Die Vertreter der vermutlich künftigen Regierung aus CDU und SPD blieben weitgehend fern. Was nicht jeder verstand angesichts des Mottos: «Für die Demokratie. Pressefreiheit stärken», das die Bundespressekonferenz - der Zusammenschluss der Hauptstadtjournalisten - als Veranstalter mehr denn je betonte.
Baerbock hat endlich Zeit zum Feiern
Gut gelaunt ließen sich die noch amtierende Außenministerin Annalena Baerbock, Familienministerin Lisa Paus und Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (alle Grüne) sehen. «Letztes Jahr konnte ich nicht, weil die Weltlage es nicht ermöglichte», sagte Baerbock. «Aber wenn die Termine weniger werden, kann man auch stressfreier kommen. Dieses Jahr gibt es mal kurz Pause.» Baerbock und ihr Mann kamen nach ihrer Trennung beide zum Ball, wollten aber getrennt feiern.
Kurzfristig abgesagt hatte der CDU-Vorsitzende und mögliche künftige Bundeskanzler Friedrich Merz - wegen der Koalitionsgespräche. Aus der großen Verhandlungsgruppe für die neue Koalition mit 19 Mitgliedern von CDU, CSU und SPD erschien fast niemand. Arbeitsminister Hubertus Heil und die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig (beide SPD), sprangen kurz vor Beginn noch ab.
Kubicki: CDU und SPD vermisse ich hier nicht
Treue Besucher unter den mehr als 2000 Journalisten, Managern, Politikern und Lobbyisten waren Wolfgang Kubicki von der FDP, Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne), wie immer sehr bunt und glitzernd und auch die Ex-Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang. Kubicki sagte: «Wer am Abend des Bundespresseballs noch verhandelt, der hat den Schuss nicht gehört. So drängend sind die Probleme des Landes nicht. Aber ich werde CDU und SPD nicht unbedingt vermissen.»
Roth betonte ihre Sorgen um seriöse Medien und die Angriffe auf Journalisten und auch die Demokratie. «Wir sollten viel mehr schätzen, dass wir eine freie, unabhängige Presse haben.»
Der Ehrengast beim Gala-Dinner des Balls kam etwas verspätet – was aber jeder verstand. Die Holocaust-Überlebende und Zeitzeugin Margot Friedländer (103) wurde im Rollstuhl zu ihrem Platz neben Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gebracht. Alle Gäste standen auf und begrüßten sie mit lautem Applaus.