Für die meisten war 2020 wohl ein durchwachsenes Jahr. Umso mehr kann man sich darauf freuen, es am 31. Dezember endlich zu verabschieden - wenn auch nur im sehr kleinen Kreis. Lassen Sie die Korken knallen und gönnen Sie sich einen guten Tropfen Sekt, Crémant, Prosecco oder Champagner. Aber bitte stilecht. Nur aus welchem Glas trinkt man standesgemäß?
Flötengläser stehen wohl bei den meisten im Regal. Der Kelch ist hochgezogen, der lange Stil soll vermeiden, dass sich der Schaumwein durch das Halten in der Hand erwärmt. Die Schaumweintulpe hingegen ist ein hohes, nach unten zulaufendes Glas mit zumeist kurzem Stil. Die Sektschalte hat auf einem dünnen Stil eine flache Schale.
Warum Flöten eher ungeeignet sein
Marcus Johst, Chefredakteur des Wein-Onlinemagazins «Captain Cork», hat bei der Glas-Frage eine ganz eigene Meinung. «Hochwertiger Schaumwein aus Flöten ist ein Akt der Selbstbestrafung», sagt er. Das schmale Loch der Flöte lasse die ganze Kohlensäure in die Nase strömen, wo sie den Geruchssinn betäube, erklärt der Experte. Ohne Geruchssinn gebe es aber keinen Geschmack auf Zunge und Gaumen.
Die Vorteile, die Flöten anscheinend mit sich bringen - die Kohlensäure verfliegt angeblich nicht so schnell und außerdem kann man die Blasen beim Aufsteigen beobachten - tut Johst ab. «Bitte wen interessiert der Look von Blasen?», fragt er.
Und die Kohlensäure? Zumindest beim Champagner kann Johst beruhigen: «Haben Sie keine Angst, dass die Kohlensäure verfliegt, das tut sie nicht - wegen der Flaschengärung.» Der edle Tropfen wird mit der Méthode Champeonoise hergestellt, auch Flaschengärung genannt. Zusätzliche Kohlensäure wird nicht hinzugefügt. Gleiches gilt für den Crémant - und teilweise für guten deutschen Winzersekt.
Experte rät zu Weingläsern
Bei der Glas-Frage sieht Johst nur einen Ausweg: «Schmeißen Sie Ihre Sektflöten in den Altglascontainer. Champagner oder guter deutscher Winzersekt darf niemals aus diesen Spaßbremsen getrunken werden.»
Er empfiehlt Weißwein-, Tulpen- oder hochwertige Champagnergläser mit eingraviertem Moussierpunkt, der eine hübsche Perlage erzeugt. Diese geben dem Schaumwein die Möglichkeit, seine Aromen zu entfalten und sorgten gleichzeitig dafür, dass die aufsteigenden Düfte in die Nase gelenkt würden - «wo ja eigentlich das entsteht, was wir Geschmack nennen», wie Johst sagt und fügt hinzu: Guter Champagner, Crémant oder Sekt muss - ähnlich wie Wein - atmen.
Der Tipp lautet deshalb auch: «Machen Sie die Flasche zwei Stunden vor dem Trinken auf, aber lassen Sie sie im Kühlschrank stehen. Der Luftkontakt macht den Champagner runder.»
Eine Viertelstunde vor Verzehr solle man den edlen Tropfen dann aus dem Kühlschrank nehmen, damit er nicht zu kalt ist.
Guter Sekt braucht eine perfekte Nase
Selina Fritsch vom Verband Deutscher Sektkellereien hat noch einen extra Tipp: «Damit sich alle aus der Traube stammenden Aromen voll entfalten können, sollte man das Sektglas nur zu zwei Dritteln füllen.»
Auch die Expertin empfiehlt bauchige, nach oben hin zulaufende Gläser. «Die nach oben hin zulaufende Form hält die Frische und dient zudem einer perfekten «Nase», also der Aufnahme des Aromas.» Alternativ empfiehlt Fritsch ebenfalls das Weißweinglas.
Und was ist mit den schicken Schalen im Vintage-Design? «In Sektschalen verliert der Sekt schnell an Frische», sagt Fritsch. Johst fügt hinzu, dass die Aromen hier zu schnell verpufften - wegen der großen Öffnung. Außerdem seien diese Gläser unpraktisch, weil das Getränk schnell mal über den Rand schwappe.
Damit man an seinem passenden Sektglas möglichst lange Freude hat, muss man es auch richtig pflegen. Spülmittelreste sollte man laut Fritsch gründlich unter fließendem Wasser abspülen.
«Anschließend ist es wichtig, die Gläser kurz abkühlen zu lassen und sie dann von Hand mit einem fusselfreien Geschirrtuch zu polieren, um Wasserflecken zu vermeiden», sagt die Fachfrau. Dabei sollten die Gläser am Stiel gehalten werden. Zur Aufbewahrung kommen sie stehend auf dem Glasfuß in den Schrank. «Keinesfalls sollten die Gläser auf dem sensiblen oberen Glasrand gestellt werden», warnt Fritsch.