Der letzte Monat im Job: Endspurt oder „Füße hoch“?

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Es erscheint so verlockend: Einmal der Chefin sagen, was man ihr immer schon sagen wollte - ohne Nachteile zu befürchten. Das geht vielleicht, wenn man gerade im Lotto gewonnen hat. Oder aber, wenn man einen neuen Job sicher hat.

«Natürlich stellt sich jeder vor einem Arbeitsplatzwechsel die Frage, ob man zum Schluss nochmal mit seinem Arbeitgeber so richtig abrechnet», sagt der Saarbrücker Wirtschaftspsychologe Andreas Hemsing. Doch auch, wenn dies nun «angstfrei» möglich sei: Er rät dringend davon ab - aus vielen Gründen.

«Erstens: Man trifft sich im Leben immer wieder», sagt Hemsing. Vor allem dann, wenn man in derselben Branche oder derselben Stadt bleibt. Außerdem kann der neue Arbeitgeber auf die Idee kommen, die ehemalige Führungskraft um eine Einschätzung zu bitten. «Jemand, dem ich alles Mögliche an den Kopf geworfen habe, wird andere Worte über mich finden als der, von dem ich mich vernünftig verabschiedet habe.»

Und auch die Vermutung, man brauche eine Abrechnung für die eigene Seelenhygiene, bewahrheitet sich in aller Regel nicht. Solche Negativeffekte schaden eher der eigenen Emotionalität und Motivation. Hemsing rät, mit einem «versöhnlichen, positiven Ende rauszugehen und keine schlechte Laune zu hinterlassen».

Charakter beweisen: PR in eigener Sache

Das sieht auch die Hamburger Karriereberaterin Ragnhild Struss so: «Ganz egal, ob man selbst gekündigt hat oder gekündigt wurde: Man sollte darauf achten, dass man in einem werteorientierten Guten auseinandergeht.» Gerade wer etwa in Krisensituationen bis zum Schluss Charakter beweist, mache «wahnsinnig gute PR in eigener Sache».

Dazu zählt auch, dass man weiterarbeitet wie bisher. Sprich: Nicht auf einmal übermäßig engagiert sein, um auf die letzten Tage das zu erledigen, was man in den Jahren zuvor nicht geschafft hat - sich aber auch nicht auf die faule Haut zu legen, weil man ja ohnehin keine Sanktionen mehr zu befürchten hat.

Eigene innere Drehzahl aufrecht erhalten

Nicht selten erhalten Beschäftigte ihr Arbeitszeugnis auch erst zum Ende des Vertragsverhältnisses. Da können die letzten Wochen das Zünglein an der Waage sein. «Eine wichtige Regel ist, dass man keine große Varianz zum vorherigen Verhalten aufweist», sagt Struss. Das wirke unnatürlich. Lieber bis zum Schluss für Konsistenz sorgen und einen authentischen Eindruck vermitteln.

Nicht zuletzt schadet man auch sich selbst, wenn man die letzten Monate allzu entspannt angeht: So eignet man sich schlechte Angewohnheiten an, die man möglicherweise hinterher nicht wieder loswird.

«Wenn ich die Zügel auf einmal schleifen lasse, gerate ich selbst in ein Leistungstief, das mit dem Einstieg beim neuen Arbeitgeber nicht automatisch wegfällt. Das strahle ich dann auch aus», sagt Andreas Hemsing. Besser sei es, die eigene innere Drehzahl aufrechtzuerhalten und sie mit in den nächsten Job zu nehmen.

Auf letzten Metern im Job priorisieren

Wie aber finden Beschäftigte in den letzten Wochen die richtige Balance? «Priorisieren ist wichtig», sagt Struss. Bei der Entscheidung, welchen Aufgaben man sich in den letzten Wochen widmen möchte, sollte man gesunden Menschenverstand walten lassen. «Oberste Priorität hat eine saubere Übergabe des eigenen Aufgabenbereichs und Wissens an den Nachfolger», so die Arbeitspsychologin. Bereits begonnene Projekte, die keinen großen Aufwand erfordern, sollte man abschließen.

Struss rät zudem, gesammeltes Wissen wie Abläufe, Zugangsdaten oder etwa Besonderheiten in einer Art Reader schriftlich festzuhalten. Dort kann bei Bedarf dann jeder die Informationen einsehen, die für bestimmte Aufgaben wichtig sind.

Silo- und Hoheitsdenken zahlen sich nie aus

Andreas Hemsing empfiehlt, einige Zeit für den «Wissens- und Netzwerktransfer» einzuplanen. Dass man eigene Erkenntnisse und Informationen bewusst zurückhält, weil man lieber große Fußstapfen hinterlassen möchte, die nicht leicht zu füllen sind, davon hält er gar nichts. «Das ist würdelos.»

Auch Ragnhild Struss betrachtet so etwas als «unreife Reaktion». Schließlich sollte man schon während des Arbeitsverhältnisses sein Wissen mit anderen teilen und kollektiv zusammenarbeiten. «Silo- und Hoheitsdenken zahlen sich beruflich nie aus.»

Respekt und Loyalität vermitteln

Auch in der neuen Firma kommt es in der Regel nicht gut an, wenn man über den früheren Arbeitgeber schlecht redet oder gar Betriebsgeheimnisse verrät. Wer sich Respekt verdienen will, sollte mit Loyalität und Achtung punkten.

Das gilt auch für letzte Gespräche mit dem ehemaligen Arbeitgeber. «Ganz gleich, was die Gründe für den Weggang sind», so Unternehmensberater Hemsing: «Wenn Sie gefragt werden, warum Sie gehen, sollen Sie den Wechsel immer mit der interessanten neuen Aufgabe begründen statt mit den negativen Seiten der alten Stelle.» (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Zur EM in Deutschland hat die Gema über 26.000 öffentliche Ausstrahlungsorte für Fernsehübertragungen gezählt, die eigens zur Europameisterschaft angemeldet wurden. Die meisten Public-Viewing-Standorte befinden sich in Berlin, gemessen an der Einwohnerzahl liegt Köln an der Spitze.

Mehr als 80 Prozent der Menschen in Deutschland versenden Emojis. Fast jeder Fünfte (19 Prozent) tut dies in jeder einzelnen Nachricht, 31 Prozent in der Mehrzahl und 24 Prozent in wenigen Nachrichten. Emojis sind auch in der Job-Kommunikation üblicher geworden, stiften aber auch oft Verwirrung.

Die Zahl der beantragten Regelinsolvenzen in Deutschland ist nach vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamtes im Juni 2024 um 6,3 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat gestiegen. Im Mai hatte sie noch um 25,9 Prozent zugenommen.

Mit dem Wachstumschancengesetz tritt ab dem 1. Januar 2025 auch die E-Rechnungspflicht in Kraft. Sie bringt neue Herausforderungen für alle inländischen Unternehmen und somit auch für die Hotellerie- und Gastronomiebetriebe mit sich.

Gastronomie und Hotellerie in Deutschland beklagen massive Umsatzeinbußen und Gewinnrückgänge. Die Sorgen sind groß, die Aussichten getrübt. Von der EM im eigenen Land konnten nur wenige Betriebe direkt profitieren, so eine aktuelle DEHOGA-Umfrage.

Knapp die Hälfte der Tarifbeschäftigten in Deutschland erhält in diesen Wochen Urlaubsgeld. Das Statistische Bundesamt nennt einen Anteil von 46,8 Prozent, der sich damit seit dem Vorjahr nicht verändert hat.

Anzeige

In der Gastro- und Hotelbranche fehlen Fach-, Service- und Saisonkräfte an allen Ecken und Enden. Der deutsche Personaldienstleister World Wide Working bietet jetzt eine schnelle und effiziente Lösung für dieses drängende Problem. Das Unternehmen greift dabei auf einen riesigen Pool an geeigneten Arbeitnehmern aus unterschiedlichsten Ländern zurück, die zuvor fit für den hiesigen Arbeitsmarkt gemacht werden. 

Der Arbeitsstättenausschuss hat eine neue Technische Regel (ASR) für die Bildschirmarbeit veröffentlicht. Darin finden sich Gestaltungsanforderungen z.B. für die Anordnung und Qualität von Bildschirmen, Arbeitsstühle oder Beleuchtung. Die neue ASR findet keine Anwendung auf mobile Arbeit oder Homeoffice.

Im Gastgewerbe in Mecklenburg-Vorpommern hat es in einer zweiten Tarifverhandlungsrunde am Mittwoch keine Einigung gegeben. Das teilten die Vertreter der Arbeitnehmer in Mecklenburg-Vorpommern mit. 

Sie wollen offene Stellen schnell bekannt machen? Verleihen Sie Ihrer Ausschreibung mit einer Veröffentlichung im Tageskarte-Newsletter und auf der Tageskarte-Webseite FÜR NUR 199 EURO jetzt zusätzlichen Schwung. 14.000 echte Abonnenten jetzt einfach und direkt ansprechen.