Fach- oder Führungskarriere: Was ist das Richtige für mich?

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Das gesamte Berufsleben an Ort und Stelle zu verharren, klingt für die meisten wenig verlockend. Wer Karriere machen will, muss aber nicht immer nur nach oben denken und irgendwann ein Team, eine Abteilung oder einen Geschäftsbereich leiten. Auch eine Fachkarriere kann eine Option sein.

Was unterscheidet die beiden eigentlich? «Für Ziele sorgen, organisieren, entscheiden, kontrollieren und Menschen entwickeln und fördern», so definiert Regina Bergdolt in Anlehnung an den Managementberater Fredmund Malik die Aufgaben einer Führungsposition.

Für Personen, denen das liegt, könne Führung enorm befriedigend sein, sagt die Unternehmensberaterin. «Die zentrale Frage ist: Habe ich Lust zu führen? Mache ich das mit dem Herzen?»

Ähnlich fasst es Tomas Bohinc zusammen. Der Autor und ehemalige Teamberater sieht «bei der Führungskarriere drei wesentliche Aspekte: strategisches Denken, Organisation und Soft Skills wie Kommunikation mit anderen und Konflikte lösen.» Eine Fachkarriere hingegen richtet sich an Personen, die für ein Thema brennen. «Die Fachkarriere ist ein horizontales Modell. Man wird breiter im Wissen, erhält mehr Anerkennung innerhalb und außerhalb des Unternehmens.»

Soft Skills in Fachkarrieren: ein Muss?

Doch auch wenn die Fachkarriere die Expertise im Fokus hat, sind hier sozial-kommunikative Fähigkeiten gefragt. «Denken Sie an Leiter von Bauprojekten, IT-Experten, Fahrzeughändler. Experten sitzen nicht im Keller, sondern sprechen jeden Tag mit Menschen, die ihre Expertise brauchen», sagt Bergdolt.

Auch Bohinc sieht die Notwendigkeit von Soft Skills in Fachkarrieren. «Trotzdem muss man nicht in der Ausprägung teamfähig sein wie eine Führungskraft. Diese geht ohne Soft Skills unter.»

Von Einfluss und Ellenbogen

Ob Führung oder Fachwissen: Beide Modelle haben Vor- und Nachteile. Die Benefits für Führungskräfte liegen für Bohinc klar auf der Hand: Macht und Einfluss im Unternehmen und in den Führungsgremien. «Das hat man als Fachexperte nicht.» Wer eine Führungsposition übernimmt, kann den Beratern zufolge auch mit mehr Geld rechnen. Die klassische Karriere nach oben wird noch immer besser bezahlt als Expertise.

Zu bedenken gilt aber: «Führung kann belohnend, aber auch anstrengend sein», so Bergdolt. Zum einen sei die Vielfalt der Prozesse herausfordernd, zum anderen «gilt es, kontinuierlich im Gespräch zu bleiben».

Hinzu kommt: Positionen an der Spitze von Teams oder Abteilungen sind naturgemäß stark begrenzt. Laut Tomas Bohinc ist entsprechend mehr Ellenbogen-Einsatz gefragt. Je größer ein Unternehmen ist, desto mehr Führungspositionen stehen zur Verfügung.

Gleichzeitig seien Führungskräfte bei Umorganisation im Unternehmen eher gefährdet als Fachkräfte. Expertise darf das Unternehmen nicht verlieren, Führungskräfte gehenlassen ist da schon eher möglich.

Die Unersetzlichkeit des Wissens

«Expertise kann unersetzlich machen», bestätigt Regina Bergdolt. Die Buchautorin («Fachkarrieren erfolgreich einführen») rät allerdings dazu, das eigene Themenfeld zu beobachten und sich mit Eigenmotivation beständig weiterzuentwickeln.

Für Fachkarrieren spricht, dass es zur Weiterentwicklung keine freien Positionen im Unternehmen braucht. Typische Bereiche für Fachkarrieren sind laut Tomas Bohinc das Ingenieurwesen, der Technologie- und Wirtschaftsbereich sowie Banken. «Dort steht genügend Geld bereit.» Bergdolt nennt zusätzlich die Bereiche Beratung und Personalwesen. Auch Berufsbilder der Digitalisierung wie etwa Data Scientist seien Klassiker unter den Fachkarrieren.

Wer Interesse an einer Fachkarriere hat, sollte Regina Bergdolt zufolge bereits im Bewerbungsgespräch fragen, ob der Arbeitgeber das anbietet.

Den richtigen Zeitpunkt für die Entscheidung finden

Sich bereits im Vorfeld von Studium oder Berufswahl zu fragen, ob man eine Führungsaufgabe oder eine Fachkarriere anstrebt, hält Tomas Bohinc für verfrüht: «Die Frage stellt sich in den ersten Berufsjahren und weniger vor dem Beruf. Oftmals hängt es auch eher von den Möglichkeiten im Unternehmen ab als vom eigenen Wunsch.»

Organisationsberaterin Regina Bergdolt empfiehlt zur Orientierung Angebote der Hochschule, Orientierungstools der Arbeitsagentur oder das Konzept der Karriereanker zu nutzen, das auf den Organisationspsychologen Edgar Schein zurückgeht.

Karriereanker beschreiben dabei grundsätzliche Muster, die Werte und Wünsche von Menschen für die Gestaltung ihrer beruflichen Karriere ausdrücken. Sie sollen helfen, die eigenen Werte, Motive und Fähigkeiten mit Blick auf die Karriere besser zu verstehen.

Wer bereits im Berufsleben angekommen ist, sollte seine Karriere-Ziele in Mitarbeitergesprächen beziehungsweise Personalentwicklungsgesprächen platzieren.

Gute Nachrichten gibt es auch für alle, die sich nicht zwischen Führungskompetenz und Fachexpertise entscheiden wollen. Die Projektmanagement-Karriere sei etwa in der Mitte zwischen Fach- und Führungsposition angesiedelt, sagt Tomas Bohinc. Zeitlich befristet kann man hier seine Kompetenzen austesten. (dpa)


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