Gibt es Lohnfortzahlung im Krankheitsfall nach Kündigung?

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Arbeitgeber können eine Lohnfortzahlung nicht allein aus dem Grund verweigern, dass die Krankschreibung eines gekündigten Mitarbeiters genau bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses dauert. Das geht aus einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen hervor (Az.: 8 Sa 859/22).

Im konkreten Fall, über den das Fachportal Haufe.de berichtet, meldete sich ein Mitarbeiter einer Zeitarbeitsfirma, der zuletzt nicht eingesetzt worden war, zunächst für vier Tage mit einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) krank. Einen Tag später ging ihm die Kündigung zum Monatsende zu. In der Folge legte der Arbeitnehmer zwei weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor, die ihn exakt bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses als krankgeschrieben auswiesen.

Der Arbeitgeber verweigerte daraufhin die Entgeltfortzahlung. Er hatte Zweifel, dass der Mitarbeiter tatsächlich arbeitsunfähig erkrankt war.

Der Arbeitnehmer verlangte schließlich vor Gericht die Lohnfortzahlung - mit Erfolg.

Zeitliche Abfolge ist relevant

Das LAG Niedersachsen urteilte in zweiter Instanz (Vorinstanz: Arbeitsgericht Hildesheim, Az: 2 Ca 190/22), dass der Arbeitgeber den ausstehenden Lohn zahlen muss.

Zwar könne nach den Grundsätzen des Bundesarbeitsgericht (BAG) der Beweiswert einer Krankschreibung erschüttert sein, wenn ein Arbeitnehmer unmittelbar nach der Kündigung arbeitsunfähig krankgeschrieben wird - und die voraussichtliche Dauer der Krankschreibung passgenau die Zeit bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses abdeckt. Die zeitliche Abfolge sei im vorliegenden Fall jedoch eine andere gewesen: Zuerst habe sich der Arbeitnehmer krankgemeldet, erst dann habe der Arbeitgeber gekündigt.

Der Kläger kann folglich nicht erst durch den Erhalt einer arbeitgeberseitigen Kündigung dazu motiviert worden sein, einen Arzt aufzusuchen, um die Ausstellung einer AU zu erreichen.

Auch der Umstand, dass der Kläger just einen Tag nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses wieder arbeitsfähig war und bei einem neuen Arbeitgeber zu arbeiten begonnen hat, reicht aus Sicht der mit dem Fall befassten Kammer «(noch) nicht» aus, um den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeit zu erschüttern.

Das LAG hat die Revision an das BAG zugelassen. Das Urteil ist daher noch nicht rechtskräftig. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Wer 0,4 Liter Cola bestellt hat, möchte genau diese Menge auch in seinem Glas serviert bekommen. Darf der Gastronom mit Eiswürfeln tricksen, damit der Füllstrich des Glases erreicht wird?

Trinkgeld wird mittlerweile auch über die digitale Trinkgeldfunktion an Kartenterminals gegeben. Eine aktuelle Analyse zeigt, wie hoch digitale Trinkgelder im Durchschnitt ausfallen – mit teils überraschenden Unterschieden bei den deutschen Millionenstädten. 

Die Arbeitslosigkeit in Deutschland steigt kontinuierlich seit Jahren. Doch in vielen Betrieben fehlt es weiterhin vor allem an einem: geeignetem Personal. Das betrifft auch weiterhin das Gastgewerbe.

Deutlich mehr Firmenpleiten und der höchste Stand in Westeuropa seit 2013: Das ist die Insolvenzbilanz des vergangenen Jahres. 190.449 Fälle zählt die Auskunftei Creditreform - 12,2 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Und ein weiterer Anstieg zeichne sich ab. 

Seit dem 1. Januar 2025 ist die E-Rechnung verpflichtend - zumindest auf Empfangsseite. Aber wie gelingt die Umstellung auf elektronische Rechnungen? Welche Fristen müssen beachtet werden? Und was bedeutet das für den Betriebsprüfer? Diese und viele weitere Fragen beantwortet Concierge – das ETL ADHOGA Branchenmagazin jetzt in der neuen Ausgabe.

Ganze Bohne im Aufwind, Pads im Sinkflug: Der Kaffeemarkt in Deutschland wandelt sich - auch durch das Kaufverhalten jüngerer Menschen. Sie setzen oft auch auf andere Wachmacher.

Vor einigen Wochen gab es bei der Bundesagentur für Arbeit einen IT-Sicherheitsvorfall, der schadlos verlaufen sein soll. Um weitere Angriffe dieses Musters zu verhindern, hat der Vorstand der BA aber zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen für alle Portal-Nutzenden der BA beschlossen, auch die Arbeitgeber-Kunden.

Maximal 20 Stunden pro Woche: Länger sollten Werkstudentinnen und -studenten nicht arbeiten, um ihren Studierendenstatus nicht zu verlieren. Zumindest werden einige Vorgesetzte nicht müde, das regelmäßig zu betonen. Doch in Wahrheit ist die Regelung gar nicht so streng, wie man annehmen könnte. 

Nach drei starken Ausbildungsjahren in Folge lag 2024 die Zahl der gastgewerblichen Ausbildungsverhältnisse in allen drei Ausbildungsjahren zusammen wieder bei über 50.000 Azubis. Gegenüber dem Vorjahr stellt das nochmals eine Steigerung um 9,1 Prozent dar. Die Corona-Delle ist damit ausgeglichen.

In einem internationalen Ranking verpasst die Bundesrepublik einen Treppchenplatz knapp. Entscheidend ist laut den Wirtschaftsforschern dabei, wie die jeweilige Gesellschaft der Länder tickt.