Homeoffice auf dem Rückzug? Firmen mit strengeren Vorgaben

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Es war eine Nachricht mit Signalwirkung, als im vergangenen Sommer ausgerechnet der US-amerikanische Videotelefonie-Anbieter Zoom seine Beschäftigten wieder öfter ins Büro bestellte. Kaum ein anderes Unternehmen wird so sehr mit dem Wandel der Arbeitswelt hin zum Homeoffice in Verbindung gebracht. Auch mehrere deutsche Großunternehmen haben ihre Homeoffice-Vorgaben mittlerweile strenger gefasst. Steht eine Rückkehr zu mehr Präsenz bevor?

Der Walldorfer Softwarekonzern SAP etwa setzt ab diesem Monat voraus, dass Beschäftigte mindestens drei Tage pro Woche im Büro oder bei Kunden arbeiten. Laut einem Sprecher gilt eine Übergangsfrist bis Mai. Bei der Telekom sollen laut Vorstand alle Bürobeschäftigten wieder drei Tage im Unternehmen sein, von Führungskräften werden vier Tage in Präsenz erwartet. Ähnlich strenge Homeoffice-Vorgaben sehen der Autobauer Volkswagen und die Deutsche Bank vor. Bei beiden Unternehmen sollen Manager an mindestens vier Tagen in der Woche im Büro sein, alle übrigen Beschäftigten der Deutschen Bank sollen an mindestens drei Tagen ins Unternehmen kommen. Bei VW gilt die Regelung bereits seit November, bei der Deutschen Bank greift sie ab Juni.

Einen deutlichen Trend zu weniger Homeoffice sieht der Arbeitsmarkt-Experte Philipp Grunau vom Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) angesichts solcher Beispiele aber nicht. Seit dem Höhepunkt in Sachen Homeoffice, zu Beginn der Corona-Pandemie im Jahr 2020, beobachtet der Forscher zwar, dass der Homeoffice-Anteil tendenziell wieder langsam abnimmt und sich dieser Trend weiter fortsetzt. Dennoch verbringen Beschäftigte laut Grunau nach wie vor deutlich mehr Zeit im Homeoffice als vor der Pandemie.

Auch Simon Krause vom Münchner Ifo-Institut beobachtet seit eineinhalb Jahren eine stabile Entwicklung mit Blick auf den Homeoffice-Anteil der Beschäftigten in Deutschland. Er liege im Schnitt bei 25 Prozent. Bei einer Umfrage des Münchner Instituts im Herbst 2023 gaben zudem 84 Prozent von rund 9000 befragten Unternehmen an, dass sie ihre Homeoffice-Regelungen beibehalten wollen. «Vieles spricht dafür, dass dieser Wert künftig stabil bleiben oder nur gering abnehmen wird», sagt Ifo-Experte Krause.

Das legt auch eine aktuelle Umfrage der dpa bei mehr als einem Dutzend großer Firmen nahe. So planen etwa Mercedes Benz, die Versicherungskonzerne Allianz und Hannover Re, der Versandhändler Otto, Vodafone, Continental, das Reiseunternehmen Tui, Bayer, Siemens und der Konsumgüterkonzern Henkel derzeit keine strengeren Homeoffice-Vorgaben.

Die Unternehmen begründen dies unter anderem mit der besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie, einer größeren Flexibilität und dass sie durch die Homeoffice-Möglichkeit als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen würden. IAB-Forscher Grunau sieht bei den Unternehmen zugleich wenig Spielraum für Forderungen nach mehr Präsenz. Vor allem mit Blick auf den Fachkräftemangel könnten Firmen den Homeoffice-Anteil nicht beliebig reduzieren. Fachkräfte hätten heute eine viel stärkere Verhandlungsposition gegenüber Firmen als früher. «Wenn die Homeoffice-Möglichkeiten nicht ihren Vorstellungen entsprechen, werden sie ein Unternehmen möglicherweise verlassen», sagt Grunau. Das könne im Gegenzug eine Chance für andere auch kleinere Firmen sein, Fachkräfte für sich zu gewinnen.

Einige Unternehmen haben auf den großen Homeoffice-Anteil ihrer Beschäftigten mit einer Verkleinerung von Büroflächen reagiert. Laut Ifo-Experte Krause macht sich das auf dem Immobilienmarkt bemerkbar und zeigt sich auch an einer Zunahme der Zahl an Untervermietungen. Für IAB-Forscher Grunau ist es dabei wichtig, niemanden ins Homeoffice zu zwingen. Angesichts verkleinerter Büroflächen könne das nicht immer eingehalten werden. «Davon würde ich aber abraten.»

Im Gegenzug sollten laut Grunau auch negative Aspekte der Arbeit im Homeoffice nicht aus dem Blick geraten. Im Homeoffice arbeiteten Beschäftigte tendenziell mehr und machten eher Überstunden, zudem verschwimme dort eher die Grenze zwischen Arbeit und Freizeit.

Homeoffice sei auch nicht per se produktiver. Ob das der Fall sei, hänge stark von der konkreten Tätigkeit ab, sagt Grunau. «Wo es viel auf persönliche Absprachen und Kommunikation ankommt, ist das Büro als Arbeitsplatz tendenziell besser geeignet. Auch ein hybrides Modell kann hier eine Lösung ein.» Darunter versteht man die Kombination von Präsenz- und Homeoffice-Arbeit. Bei Programmierern hingegen, die meist allein und sehr konzentriert an einer Sache arbeiteten, scheine das Homeoffice seine Vorteile auszuspielen.

«Wenn die Beschäftigten freiwillig im Homeoffice sind und Unternehmen wie Beschäftigte den richtigen Umfang damit finden, profitieren beide Seiten davon», sagt Grunau. Dann seien die Beschäftigten zufriedener, ihrem Unternehmen stärker verbunden und blieben länger. «Und das wirkt sich langfristig in der Regel auch positiv auf die Produktivität aus.»


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Zur EM in Deutschland hat die Gema über 26.000 öffentliche Ausstrahlungsorte für Fernsehübertragungen gezählt, die eigens zur Europameisterschaft angemeldet wurden. Die meisten Public-Viewing-Standorte befinden sich in Berlin, gemessen an der Einwohnerzahl liegt Köln an der Spitze.

Mehr als 80 Prozent der Menschen in Deutschland versenden Emojis. Fast jeder Fünfte (19 Prozent) tut dies in jeder einzelnen Nachricht, 31 Prozent in der Mehrzahl und 24 Prozent in wenigen Nachrichten. Emojis sind auch in der Job-Kommunikation üblicher geworden, stiften aber auch oft Verwirrung.

Die Zahl der beantragten Regelinsolvenzen in Deutschland ist nach vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamtes im Juni 2024 um 6,3 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat gestiegen. Im Mai hatte sie noch um 25,9 Prozent zugenommen.

Mit dem Wachstumschancengesetz tritt ab dem 1. Januar 2025 auch die E-Rechnungspflicht in Kraft. Sie bringt neue Herausforderungen für alle inländischen Unternehmen und somit auch für die Hotellerie- und Gastronomiebetriebe mit sich.

Gastronomie und Hotellerie in Deutschland beklagen massive Umsatzeinbußen und Gewinnrückgänge. Die Sorgen sind groß, die Aussichten getrübt. Von der EM im eigenen Land konnten nur wenige Betriebe direkt profitieren, so eine aktuelle DEHOGA-Umfrage.

Knapp die Hälfte der Tarifbeschäftigten in Deutschland erhält in diesen Wochen Urlaubsgeld. Das Statistische Bundesamt nennt einen Anteil von 46,8 Prozent, der sich damit seit dem Vorjahr nicht verändert hat.

Anzeige

In der Gastro- und Hotelbranche fehlen Fach-, Service- und Saisonkräfte an allen Ecken und Enden. Der deutsche Personaldienstleister World Wide Working bietet jetzt eine schnelle und effiziente Lösung für dieses drängende Problem. Das Unternehmen greift dabei auf einen riesigen Pool an geeigneten Arbeitnehmern aus unterschiedlichsten Ländern zurück, die zuvor fit für den hiesigen Arbeitsmarkt gemacht werden. 

Der Arbeitsstättenausschuss hat eine neue Technische Regel (ASR) für die Bildschirmarbeit veröffentlicht. Darin finden sich Gestaltungsanforderungen z.B. für die Anordnung und Qualität von Bildschirmen, Arbeitsstühle oder Beleuchtung. Die neue ASR findet keine Anwendung auf mobile Arbeit oder Homeoffice.

Im Gastgewerbe in Mecklenburg-Vorpommern hat es in einer zweiten Tarifverhandlungsrunde am Mittwoch keine Einigung gegeben. Das teilten die Vertreter der Arbeitnehmer in Mecklenburg-Vorpommern mit. 

Sie wollen offene Stellen schnell bekannt machen? Verleihen Sie Ihrer Ausschreibung mit einer Veröffentlichung im Tageskarte-Newsletter und auf der Tageskarte-Webseite FÜR NUR 199 EURO jetzt zusätzlichen Schwung. 14.000 echte Abonnenten jetzt einfach und direkt ansprechen.