Ist Weiterbildung Arbeitszeit?

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Ihr Arbeitgeber möchte, dass Sie an einem Seminar zum Konfliktmanagement teilnehmen und dafür Ihr Wochenende opfern? Zählt das dann als bezahlte Arbeitszeit oder nicht? Einfache Antworten gibt es beim Thema Weiterbildung und Arbeitszeit häufig nicht. «Das ist ein ganz schillerndes und weites Feld», sagt Peter Meyer, Fachanwalt für Arbeitsrecht.

Grundsätzlich lässt sich aber festhalten: Ordnet der Arbeitgeber eine Weiterbildung an und ist sie für die Ausübung des Jobs notwendig, zählt sie in der Regel auch als Arbeitszeit. Das ist laut Meyer zum Beispiel der Fall, wenn der Arbeitgeber eine neue Technologie oder Methode einführen möchte – etwa den Einsatz von KI-Tools – und Mitarbeitende dafür geschult werden müssen. Hier gehört die Schulung zum Arbeitsalltag und kann als arbeitsvertragliche Pflicht betrachtet werden.

Anders sieht es aus, wenn eine Weiterbildung nicht zwingend notwendig ist, sondern eher im Interesse der Weiterentwicklung der Mitarbeitenden liegt. Ein Beispiel: Eine Buchhalterin möchte sich zur Finanzanalystin weiterbilden. Hier kann der Arbeitgeber laut Meyer die Teilnahme nicht verpflichtend anordnen, da die Weiterbildung über die Ausübung der geschuldeten Arbeit hinausgeht. Ob diese Zeit als Arbeitszeit gilt, hängt in solchen Fällen von individuellen Vereinbarungen ab.

Vieles kann individuell vereinbart werden

Arbeitgeber können zwar grundsätzlich nicht verlangen, dass Mitarbeitende sich außerhalb ihrer Arbeitszeit weiterbilden. So kann etwa ein Arbeitsvertrag, der 40 Stunden pro Woche vorsieht, nicht mit der Verpflichtung ergänzt werden, in der Freizeit an Weiterbildungen teilzunehmen. In der Realität finden sich aber vielfältige Gestaltungen: «Die Praxis kennt Hybridlösungen», so Meyer. 

Etwa, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer teilweise bezahlt freistellt oder die Kosten der Weiterbildung teilweise übernimmt. Denkbar und gängig sind auch Vereinbarungen, in denen Kurse an Donnerstagen und Freitagen wie Arbeitszeit bezahlt werden, während der Mitarbeitende für Wochenendtermine seine Freizeit einsetzt. Auch das Modell, Überstunden für Weiterbildungen einzusetzen, wird in der Praxis genutzt.

Da es keine festen rechtlichen Vorgaben gibt, ist laut Meyer Raum für individuelle Absprachen. Arbeitgeber übernehmen oft die Kursgebühren, während Beschäftigte im Gegenzug ihre Freizeit investieren. In manchen Fällen wird eine Weiterbildung aber auch vollständig als Arbeitszeit angerechnet und entsprechend vergütet.

Zur Person: Peter Meyer ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Mitglied des geschäftsführenden Ausschusses der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV). (dpa)


Zurück

Vielleicht auch interessant

Eine Edeka-Verkäuferin besteht auf eine Gehaltsabrechnung auf Papier statt der im Unternehmen üblichen digitalen Variante. Das Bundesarbeitsgericht sieht das in einer Grundsatzentscheidung anders.

13 Prozent der Rentnerinnen und Rentner in Deutschland gingen in den ersten sechs Monaten nach dem erstmaligen Bezug einer Altersrente weiter ihrer Arbeit nach. Damit liegt Deutschland genau im EU-Durchschnitt.

Die Stimmung der Unternehmen in Deutschland hat sich leicht verbessert. Der ifo Geschäftsklimaindex stieg im Januar auf 85,1 Punkte, nach 84,7 Punkten im Dezember. Der Anstieg war primär das Ergebnis einer günstigeren Bewertung der gegenwärtigen Situation. Die Erwartungen fielen hingegen erneut schlechter aus.

Acht Stunden sind um, spätestens jetzt ist Zeit nach Hause zu gehen. Oder? Überstunden gehören für viele Beschäftigte zum Arbeitsalltag. Es gibt aber durchaus Grenzen.

Wie organisiere ich Betriebsabläufe erfolgreich? Wie motiviere ich meine Beschäftigten? Woran muss ich beim Arbeitsschutz denken? Das sind nur drei der grundsätzlichen Fragen, die sich jeder immer wieder stellen muss, der Verantwortung in einem Betrieb trägt – ganz gleich ob als Arbeitgeber, Führungskraft oder Existenzgründer.

Seit die Wirtschaftswissenschaft in den 60er Jahren den Begriff „Strategie“ in die Unternehmensführung implantiert hat, ist die Verwirrung über moderne Managementmethoden dramatisch gestiegen. Dabei ist die Formel für Unternehmenserfolg eigentlich verblüffend einfach. Ein Gastbeitrag von Albrecht von Bonin.

Lohnstreichung für den ersten Krankheitstag? Darüber wurde zuletzt breit diskutiert. Dabei gibt es schon jetzt Fälle, in denen Beschäftigte bei Krankheit keinen Anspruch auf Lohn haben. Ein Überblick.

Ins neue Jahr mit guten Vorsätzen zu starten, hat Tradition. Bei dem Dry January und Veganuary geht es um mehr als nur einen alkoholfreien oder fleischfreien Jahresbeginn – sie spiegeln vielmehr einen tiefgreifenden Wandel im Konsumverhalten wider, so eine Analyse.

Kostensteigerung bei Lebensmitteln und Personal - und noch keine wirklich gute Wintersportsaison. Thüringens Gastgewerbe steht vor Herausforderungen, sieht aber auch die Politik gefragt.

kununu Gehaltscheck 2025: Beschäftigte in der Versicherungsbranche liegen im Gehaltsranking vorne, Hotel- und Tourismusunternehmen zahlen am wenigsten.