Kann man gekündigt werden, wenn man zu oft krank ist?

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Sind Sie in letzter Zeit häufig krank gewesen und konnten nicht arbeiten? Dann machen sich schnell Sorgen breit, wie das beim Arbeitgeber ankommt - und ob der womöglich sogar rechtliche Schritte einleiten kann. Müssen Beschäftigte eine Kündigung oder Abmahnung fürchten? 

Für beide Maßnahmen gelten unterschiedliche Regeln. Eine Kündigung wegen häufiger oder langanhaltender Erkrankungen kann unter bestimmten Voraussetzungen tatsächlich zulässig sein. Es handelt sich dann um eine sogenannte personenbedingte Kündigung, «also eine Kündigung, die den Grund in der Person des Arbeitnehmers hat», sagt Kathrin Schulze Zumkley, Fachanwältin für Arbeitsrecht in Gütersloh.

Ein solches Vorgehen des Arbeitgebers wird als gerechtfertigt angesehen, wenn die häufigen oder andauernden Ausfälle zu erheblichen betrieblichen Belastungen führen – beispielsweise durch Entgeltfortzahlungskosten und organisatorische Schwierigkeiten. Konkrete Zeitgrenzen gibt es dabei laut Schulze Zumkley nicht. War ein Arbeitnehmer aber zum Beispiel innerhalb der vergangenen drei Jahre jeweils mehr als sechs Wochen arbeitsunfähig, kann eine Kündigung in Betracht kommen. 

Prognose und Interessenabwägung wichtig

Entscheidend ist laut Schulze Zumkley aber die Prognose: «Die Kündigung ist keine 'Bestrafung' für die Arbeitsunfähigkeit der letzten Jahre, sondern eine Beendigung der Zusammenarbeit, weil man davon ausgeht, dass es in der Zukunft zu entsprechenden weiteren Belastungen kommt.» Waren die Ausfälle in den vergangenen Jahren Einzelfälle – etwa wegen eines gebrochenen Arms – die in der Zukunft voraussichtlich nicht wieder auftreten werden, dürfen diese Fehlzeiten nicht negativ in die Prognose einbezogen werden.

Grundsätzlich gilt: Im Falle einer krankheitsbedingten Kündigung ist stets eine Interessenabwägung erforderlich. Dabei spielen Faktoren wie die Dauer der Betriebszugehörigkeit oder das Vorliegen einer Behinderung, die die Fehlzeiten beeinflusst, eine Rolle, so Schulze Zumkley. Auch ein Betriebsunfall, der zu Fehlzeiten führt, wird besonders berücksichtigt. Es lässt sich daher nicht pauschal sagen, ab wann eine krankheitsbedingte Kündigung gerechtfertigt ist, der Einzelfall ist entscheidend.

Abmahnung für Krankheit ist ausgeschlossen

Eine Abmahnung hingegen kann nur für steuerbares Fehlverhalten ausgesprochen werden – also für Situationen, in denen ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin anders hätte handeln können. «Krankheit hingegen ist ein tatsächlicher Zustand, den man sich nicht aussuchen und nicht steuern kann», sagt Schulze Zumkley. Eine Abmahnung wegen Krankheit ist somit grundsätzlich nicht möglich.

Wer eine Krankheit hingegen nur vortäuscht, riskiert für das Fehlverhalten nicht nur eine Abmahnung. Das Vortäuschen einer Erkrankung kann laut Schulze Zumkley sogar eine außerordentliche Kündigung nach sich ziehen.

Zur Person: Kathrin Schulze Zumkley ist Fachanwältin für Arbeitsrecht, Mitglied im Geschäftsführenden Ausschuss der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV) und Dozentin der Deutschen Anwalt Akademie sowie der Rechtsanwaltskammer Hamm (dpa)


 

 

 

 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Corona-Krise, Energiepreisschock, Konjunkturflaute: Immer mehr Unternehmen in Deutschland geben auf. Für das Gesamtjahr deutet sich eine deutliche Steigerung der Insolvenzzahlen an.

Die Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt hat sich in ihrem Masthuhn-Report zum dritten Mal mit dem Tierwohl beschäftigt. Dabei stehen in diesem Jahr neben der Systemgastronomie erstmals auch der Lebensmitteleinzelhandel, Contract Caterer und Hersteller im Fokus.

Der Reiseveranstalter Fit Reisen hat in einer Umfrage ermittelt, wie es um die Entspannung der Deutschen in ihrer Freizeit steht und wo noch Aufholbedarf herrscht. Spoiler: Die größten Entspannungskiller sind digitaler Natur.

Arbeitskleidung ablegen, duschen, die eigenen Klamotten anziehen: Das kann schon mal eine Zeit lang dauern. Bei der Frage, ob das als Arbeitszeit bezahlt werden muss, kommt es auf die Details an.

Im deutschen Gastgewerbe laufen die Geschäfte schlechter. Wirte und Hoteliers haben im September preisbereinigt sechs Prozent weniger Umsatz erzielt als im Vorjahresmonat, wie das Statistische Bundesamt berichtet. Verglichen mit Vor-CoronaZeiten, lag der Gastgewerbeumsatz real 13,2 Prozent niedriger.

Im Netz treiben Betrüger mit einer perfiden Masche ihr Unwesen. Sie fangen Rechnungen ab und leiten Zahlungen aufs eigene Konto um. Wann sollte man hellhörig werden?

Nicht selten arbeiten Mütter und Väter kleiner Kinder in Teilzeit. Hat das Auswirkungen auf die Anzahl der Tage, für die sie sich «Kind krank» melden können, um ihren Nachwuchs zu betreuen?

Soziale Medien sind für viele Menschen fester Bestandteil des Alltags. Doch wie sieht es mit der Nutzung während der Arbeitszeit aus? Ein Rechtsexperte erklärt, wann Beschäftigte aufpassen sollten.

Laut einer Accor-Umfrage unter 9.000 Geschäftsreisenden weltweit rechnet die Mehrheit durch physische Meetings mit einem Umsatzplus. Ebenso stellen drei Viertel der Befragten fest, dass Vertragsabschlüsse effektiver in Präsenz verlaufen.

Es geht um Geschmack und Gesundheit, aber auch um Tierwohl und Nachhaltigkeit. In Ernährungsfragen gibt es Unterschiede zwischen den Generationen - aber auch manche Gemeinsamkeit, zeigt eine Studie.