Klein und fein - Immer mehr Trüffelanbau in Deutschland

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Job von Nell braucht vor allem eines: viel Geduld. Vor rund drei Jahren hat er auf einem Feld bei Seibersbach im Soonwald eine Trüffelplantage angelegt. Auf einer Fläche von knapp 3,4 Hektar wachsen nun 2300 Bäume heran. «Es sieht gut aus», sagt der Trüffelbauer bei einem seiner regelmäßigen Gänge durch die Reihen. Unterwegs ist er mit seinem Hund Eddi, der nächstes Jahr als Trüffelsuchhund ausgebildet werden soll.

Wie die Pilze unter der Erde gedeihen, wird er aber erst in ein paar Jahren wissen. «2027 sollte die erste Ernte sein», sagt er. Denn so lange dauert es, bis die Fruchtkörper erstmals reif sind.

An dem Hang im Hunsrück stehen vor allem Haselnussbäume, aber auch Eichen und Buchen. Manche Bäume sind nur kniehoch, andere erreichen bereits die zwei Meter. «Man freut sich, wenn sie so einen Schuss machen», sagt von Nell. Der Waldbesitzer nennt sie Trüffelbäume: «Ihre Wurzeln wurden vor dem Pflanzen mit Trüffelsporen beimpft.» Und zwar mit jenen vom Burgundertrüffel, der in Deutschland heimisch ist.

Die Trüffeln gehen mit ihren Wirtsbäumen über die Wurzeln eine direkte Verbindung ein - die Symbiose, die sogenannte Mykorrhiza. Das unterirdisch wachsende, verzweigte Pilzgeflecht hilft dem Wirtsbaum, mehr Wasser und Mineralien aufzunehmen. Im Gegenzug liefert der Baum Zucker, den der Pilz selbst nicht erzeugen kann.

«Wir machen jedes Jahr Wurzelproben und gucken, ob die Wurzeln und der Pilz noch zusammen sind», sagt von Nell. «Das ist noch alles da.» Wie viel Kilo Ernte er erwartet? «Wenn alles normal läuft, wird man dann mit 90 Kilo jährlich rechnen können. Im besten Fall werden es 180 Kilo.» Ein Kilo werde anfangs zwischen 250 bis 300 Euro bringen, lautet seine Prognose.

Job von Nells Trüffelplantage gehöre in Deutschland zu den größeren, sagt Markus Mayer, Geschäftsführer des Verbands für Trüffelanbau und Nutzung in Deutschland im baden-württembergischen Schallstadt. Das Interesse am Trüffelanbau wachse bundesweit seit einigen Jahren. Inzwischen gebe es Trüffelkulturen auf rund 600 Hektar, die Zahl der Anbauer schätzt Mayer auf um die 700. «Das geht alles ziemlich nach oben.» Manche hätten ein paar Pflänzchen im Garten oder im Weinberg, andere Anlagen von drei, vier, fünf Hektar.

Die Anbau-Stadien reichten von frisch angelegt über erste geerntete Trüffel bis zur Vollernte. Die ersten hätten mit Burgundertrüffeln (Tuber aestivum) angefangen, berichtet Mayer. Andere versuchten sich am Perigord-Trüffel, dem schwarze Trüffel (Tuber melanosporum). Gerade werden in Deutschland Burgundertrüffel geerntet. «Dieses Jahr ist die Ernte ziemlich vernünftig.»

Von Nell, der 750 Hektar Wald im Familienbesitz hat, hegt schon lange eine Faszination für Böden und Pilze. «Pilze sind die eigentlichen Kraftgeber für die Pflanzen», sagt der 66-Jährige. Und somit auch ein Schlüssel für gesunde Böden, die die Basis für gesunde Ernährung seien und das Klima positiv beeinflussten.

Eigentlich habe er Landwirtschaft studieren wollen, erzählt der Verwaltungsjurist von Nell. Er sei aber damals am Numerus clausus gescheitert. Dann habe er «eine Exkursion genommen über Jura, Bankenwesen und Immobilienwelt», bevor er 2008 doch noch zur Landwirtschaft kam. Er und seine Frau Nana von Nell führen auch das VDP-Weingut Karl Schaefer in Bad Dürkheim in der Pfalz. Und seit 2016 ist Job von Nell für den Forst im Soonwald aktiv.

Sein Vater stammt aus Perl im Saarland und er hat familiäre Verbindungen nach Trier. Der renommierte Sozialethiker Oswald von Nell-Breuning, der in Trier geboren wurde, sei der Großonkel seines Vaters gewesen.

Zurück zu den Trüffeln: Es waren Jean-Marie Dumaine und Pilzexperte Frank Krajewski, die nach eigener Aussage in 2006 die bundesweit erste Trüffelplantage in Sinzig im Kreis Ahrweiler angelegt haben. Auf fast 5000 Quadratmeter stehen 190 präparierte Trüffelbäume auf einem früheren Weinberggrundstück. Die erste Ernte war 2015. «Wir ernten jedes Jahr», sagt Koch Dumaine, derzeit in der Normandie in Frankreich. Seine Schätze: Sommer- und Burgundertrüffeln.

«Einen Trüffelbaum zu pflanzen, das ist nicht wie ein Apfelbaum», sagt Dumaine, Vorsitzender des Vereins Ahrtrüffel. «Ein Trüffelbaum wird erzogen. Es geht darum, Wurzeln zu züchten.» Dass jetzt immer mehr Anbauer auf Trüffel kommen, findet der 70-Jährige «super».

Er habe sehr viel Erfahrung in seiner Küche mit Trüffeln gemacht: «Die deutschen Burgundertrüffel sind sagenhaft. Deutschland ist für mich das beste Burgundertrüffel-Land weltweit.» Dumaine kocht seit 50 Jahren, zuletzt in einem Restaurant in Sinzig.

Nach seiner Aussage kostet ein Kilo davon zwischen 600 bis 900 Euro. Auch wenn es über die Plantagen nun mehr Trüffeln gebe, sei das immer noch wenig. «Es bleibt ein wertvolles Produkt», sagt der Experte. Insgesamt gebe es weltweit rund 240 Sorten, von denen aber nicht alle essbar und wohlschmeckend sind. Die unterirdischen Pilze in freier Natur auszugraben, ist in Deutschland übrigens verboten.

Was muss man als Trüffelbauer mitbringen? «Man braucht einen kalkhaltigen Boden, keine Staunässe, Leidenschaft und Geduld», sagt Biologe Markus Mayer, dessen Verband am 21. und 23. November wieder ein Einsteigerseminar anbietet. Job von Nell bringt das alles mit. Und den bereits kalkhaltigen Boden seiner Anlage habe er zusätzlich noch mit Kalk angereichert. «Nun ist der Boden so gut, dass ihn leider auch die Mäuse entdeckt haben», sagt er. (dpa)


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