Ohne Hopfen kein Bier: Forscher arbeiten an klimafester Pflanze

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Ohne Hopfen kein Bier - doch die Pflanzen mit ihren charakteristischen Ranken und Dolden leiden unter dem Klimawandel. Durch Trockenheit und Hitze brach die Ernte in der Hallertau, dem wichtigsten europäischen Anbaugebiet, aus dem in der Regel knapp ein Drittel der Weltproduktion stammt, vergangenes Jahr drastisch ein. Auch dieses Jahr haben die Pflanzen gelitten, wie Johann Portner vom Hopfenforschungszentrum in Hüll bei Wolnzach sagt. Er gehört zu einem Team, das daran arbeitet, den Hopfen - und damit die Hallertau - klimafest zu machen.

Ganz so schlecht wie zunächst befürchtet, wird die Ernte dieses Jahr wohl doch nicht werden. Die Regenfälle der vergangenen Wochen haben noch einiges gut gemacht und die Pflanzen auf den Feldern sehen auf den ersten Blick gesund aus. Wie viel dennoch fehlt, zeigt Portner einige Kilometer vom Zentrum entfernt auf einem Feld, wo verschiedene Bewässerungsschläuche getestet werden. Die drei Vergleichsreihen ohne zusätzliches Wasser sieht man auf den ersten Blick: Hier sind die Reben deutlich schütterer, die Dolden seltener.

Die Schläuche machen den Unterschied. Alle 50 Zentimeter lassen sie bei Bedarf Wasser direkt zu den Pflanzen tropfen. Auch der Dünger kann so besonders gezielt ausgebracht werden. Im Ergebnis wachse der Hopfen sehr viel besser, sagt Portner.

Eigentlich eignet sich der Hopfen gut für die Bewässerung, doch in der Hallertau gibt es sie nur auf etwa einem Fünftel der Anbaufläche. Das zu ändern sei wichtig, aber alles andere als leicht, sagt Erich Lehmair, Geschäftsführer beim Verband Deutscher Hopfenpflanzer. Grundwasser zu verwenden, sei - auch aus politischen Gründen - schwierig. Als realistische Alternative sieht er Rückhaltebecken für die Niederschläge im Frühjahr. Andere nennen das Heraufpumpen von Wasser aus flussnahen Brunnen als Möglichkeit. Allen Optionen ist dabei aber gemein, dass Aufwand und Kosten groß sind. Bewässerung sei «eine Generationenaufgabe», sagt Lehmair.

Doch in Hüll hat man noch weitere Ansätze gegen die Herausforderung des Klimawandels. Unter anderem soll zusätzliche Bepflanzung zwischen den Hopfenreihen Schatten spenden, den Boden festhalten und fruchtbarer machen.

Die wichtigste Säule neben der Bewässerung ist allerdings, den Hopfen resistenter zu machen. Denn eigentlich stammt die Pflanze aus Auwäldern und ist daher weder Wassermangel noch große Hitze gewohnt, wie Sebastian Gresset erzählt. Er ist in Hüll für die Züchtung zuständig. Jedes Jahr werden dort 100 000 neue Sämlinge produziert. In mehreren Schritten und über Jahre wird ausgewählt, wie gut sie mit Hitze, Schädlingen, Trockenheit und Krankheiten umgehen, wie viel Ertrag sie bringen und wie sie schmecken.

Dafür werden die zu prüfenden Pflanzen bewusst auf schlechten, nicht bewässerten Flächen angebaut um zu sehen, wie gut sie sich mit Wasser versorgen. Wie effizient sie damit umgehen, testet Gresset in einem Gewächshaus. «Nicht gießen» steht an der Tür. Dahinter stehen Hopfenreben in Pflanzkübeln. Das Wasser ist rationiert. Starke Wurzeln helfen hier nicht. Dazu kommt besonders viel Beleuchtung, die die Photosynthese antreibt. Hier bestehen nur Pflanzen, die Wasser sparen. Welche das sein könnten, prüft Gresset auch mit einer Wärmebildkamera: Die Blätter, auf denen unerwünscht viel verdunstet, sind teilweise einige Grad kälter.

Neue Sorten haben ein Problem

Am Ende des mehrjährigen Auswahlprozesses bleiben nur wenige Pflanzen übrig. Und etwa alle drei Jahre kommt aus Hüll eine neue Sorte auf den Markt. Zuletzt Tango und Titan.

Doch die neuen Sorten haben ein Problem: Es gibt bisher nur wenig Nachfrage nach ihnen. «Die Landwirte würden liebend gerne die neuen Sorten anbauen», sagt Lehmair vom Hopfenpflanzerverband. «Aber die Brauer sind sehr traditionell und haben Scheu, an ihrer Rezeptur etwas zu ändern.» Als Folge davon seien die Flächen mit neueren, klimaresistenteren Sorten bei den Hopfenpflanzern inzwischen sogar wieder auf dem Rückzug.

Dabei könne man neue Sorten wie Tango oder Titan, die den klassischen sehr ähnlich seien, im Bier verwenden, ohne dass man einen Unterschied schmecke, betont Lehmair. Das hätten auch Brauversuche gezeigt. «Da hat der Brauer keine Ausrede mehr, warum er den Hopfen nicht hernimmt.» Zumal ja auch die einzelnen Sorten von Jahr zu Jahr Schwankungen im Geschmack hätten.

Die kann Klaus Kammhuber messen. Er ist am Hopfenforschungszentrum für die Analyse der Pflanzen zuständig. Hitze bremse beispielsweise die Produktion der für die bittere Note zuständige Alphasäure, sagt er. Und auch er bescheinigt den neuen Sorten Ähnlichkeiten zu den älteren.

Walter König vom bayerischen Brauerbund glaubt ebenfalls, dass man die neuen Hopfensorten einbauen und den Geschmack konstant halten kann. «Dafür haben wir ja die Brauer», sagt er. Und dass Hopfensorten wechseln, das gebe es schon lange: Auch in den 70er- und 90er-Jahren habe es hier Umbrüche gegeben.

Am Ende braucht es nicht viel Hopfen fürs Bier. Mit einem Hektar könne man das ganze Oktoberfest versorgen, erzählt Kammhuber. Doch ohne geht es nicht. Und auch wenn Züchtung und Bewässerung der Pflanze helfen: Am besten wäre es, wenn der Klimawandel gebremst würde. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Auf Karriereportalen oder per Messenger: Gefälschte Stellenanzeigen sind nicht immer auf den ersten Blick als solche zu erkennen. Diese Betrugsmaschen sollten Sie kennen, um sich zu schützen.

Die Besucher auf dem Münchner Oktoberfest werden jünger. 18- bis 29-Jährige machten in den ersten neun Tagen des Festes 27 Prozent der volljährigen Besucher aus. Seit 2019 hat sich der Anteil damit fast verdoppelt.

Das Finanzamt gewährt steuerliche Vergünstigungen für den Weg zur Arbeit. Voraussetzung ist, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die günstigste Strecke nutzen. Aber: Welche ist das?

Ein Arbeitsverhältnis kann auch mit einem Aufhebungsvertrag enden. Meist springt für Beschäftigte dabei eine Abfindung raus. Aber wie hoch muss die ausfallen? Gibt es Vorgaben?

Die deutschen Unternehmen müssen noch größere Anstrengungen unternehmen, um den Datenschutz umzusetzen. In rund zwei Drittel der Unternehmen hat der Aufwand für den Datenschutz im vergangenen Jahr zugenommen.

Es regnet durchs Fenster oder gleich ein Rohrbruch und Wasserschaden. Auch wenn solche Angelegenheiten dringend erscheinen: Beschäftigte dürfen nicht ohne Weiteres während der Arbeitszeit nach Hause gehen, um sich um die Reparatur zu kümmern.

Dass Bürgerinnen und Bürger für den Erhalt von Wohlstand mehr arbeiten müssen, glauben im Westen des Landes und in Berlin mehr Menschen als im Osten. Das geht aus einer Auswertung des Karrierenetzwerks Xing hervor.

Der Zahl der Arbeitslosen geht in Deutschland seit längerer Zeit schrittweise nach oben. Eine schwache Herbstbelebung rückt die Drei-Millionen-Grenze für den Winter in den Blick.

Nach Schätzung des Handelsverbandes Deutschland (HDE) haben in Deutschland lebende Personen in diesem Jahr während ihres Sommerurlaubs im Inland rund fünf Milliarden Euro im Einzelhandel ausgegeben. Der Sommerurlaub im eigenen Land sei damit ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, so der Verband.

Vor Jahren noch war der «Goldene Handschlag» im Alter von unter 60 Jahren ein durchaus bekanntes Phänomen in der Arbeitswelt. Inzwischen werden Ältere aber gebraucht - und bleiben auch länger im Job.