Schneller Abschied: Freigestellt nach der Kündigung

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Den Schreibtisch ausräumen, den Kollegen Tschüss sagen: Wird man nach einer Kündigung vom Arbeitgeber freigestellt, soll man auch während der Kündigungsfrist nicht mehr ins Büro, in den Betrieb oder in das Hotel kommen. Kurzum: Man muss nicht mehr arbeiten, obwohl man eigentlich noch im Unternehmen beschäftigt ist.

Doch hat man während dieser Zeit eigentlich Anspruch aufs Gehalt, was passiert mit den restlichen Urlaubstagen - und kann man während der Freistellung schon einen neuen Job anfangen? Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Wann kommt eine Freistellung nach einer Kündigung eigentlich infrage?

Oft ist das bei einer verhaltensbedingten Kündigung der Fall. «Zum Beispiel, wenn der Arbeitgeber davon ausgeht, dass jemand nach einer Kündigung Unruhe im Betrieb stiften könnte», sagt Nathalie Oberthür, Kölner Fachanwältin für Arbeitsrecht.

Aber auch in anderen Fällen kann eine Freistellung eine Option sein. Möglich ist etwa, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag aushandeln und sich einvernehmlich auf eine Freistellung einigen.

Kann der Arbeitgeber mich gegen meinen Willen freistellen?

Unter bestimmten Voraussetzungen. «Dafür müssen allerdings triftige Gründe vorliegen, etwa Verrat von Geschäftsgeheimnissen», sagt Nathalie Oberthür. Dem Arbeitgeber muss es in einem solchen Fall unzumutbar sein, den gekündigten Arbeitnehmer weiter zu beschäftigen. Dies muss der Arbeitgeber notfalls in einem Prozess beweisen können.

Allerdings kann unter Umständen eine vertragliche Freistellungsklausel vereinbart sein, wonach der Arbeitnehmer nach der Kündigung freigestellt werden darf. «Derartige Vereinbarungen legen üblicherweise Bedingungen und Entschädigungen für die Freistellung fest», erklärt Daniel Stach, Arbeitsrechtler bei der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi.

Gut zu wissen: «Eine einseitig durch den Arbeitgeber angeordnete Freistellung ohne Fortzahlung der Vergütung ist grundsätzlich unzulässig, sofern keine entsprechende kollektiv- oder individualvertragliche Regelung ausnahmsweise etwas anderes vorsieht», so Stach.

Aber auch eine bezahlte Freistellung kann unwirksam sein, wenn ein Freistellungsrecht nicht vereinbart ist. «Zeigt sich, dass einzelne Modalitäten oder gar die Freistellung insgesamt unrechtmäßig sind, können Beschäftigte beim Arbeitsgericht eine einstweilige Verfügung auf Beschäftigung beantragen.»

Hat man während der Freistellung Anspruch aufs volle Gehalt?

Ja. «Zwischen Kündigung und Ablauf der Kündigungsfrist besteht in aller Regel der Lohnanspruch in voller Höhe fort», erklärt Fachanwältin Oberthür.

Besonderheiten können sich laut Stach aber aus den einschlägigen tarifvertraglichen, betrieblichen und einzelvertraglichen Regelungen ergeben.

Gut zu wissen: In einer einvernehmlichen Freistellungsphase können Beschäftigte in der Regel eine Nebentätigkeit aufnehmen, ohne dass sie den Verdienst daraus auf ihr Arbeitsentgelt anrechnen lassen müssen. «Solche Nebentätigkeiten müssen allerdings dem bisherigen Arbeitgeber regelmäßig mitgeteilt werden, wenn sie dessen Interessen beeinträchtigen», so Oberthür.

Hat man ein Recht auf Freistellung, wenn man selbst kündigt?

«In aller Regel nein», erklärt Nathalie Oberthür, die Vorsitzende des Ausschusses Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein ist.

Allerdings können Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen sowie Arbeitsverträge Bestimmungen enthalten, die Beschäftigten das Recht auf eine vorzeitige Freistellung einräumen.

Kann der Arbeitgeber die Freistellung widerrufen?

Einseitig ist das nur denkbar, wenn die Freistellung von vornherein widerruflich erfolgt ist. In dem Fall kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auffordern, die Arbeit wieder aufzunehmen.

«Ansonsten kommt der Widerruf einer Freistellung nur aufgrund einer einvernehmlichen Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer in Betracht», so Verdi-Arbeitsrechtler Stach.

Was passiert während der Freistellung mit den restlichen Urlaubstagen?

Das hängt davon ab, ob die Freistellung widerruflich oder unwiderruflich erfolgt ist. Nach der Rechtsprechung ist es nicht möglich, auf eine widerrufliche Freistellung den Urlaubsanspruch anzurechnen. «Vielmehr bleibt der Urlaubsanspruch bestehen und ist nach Ende der Freistellung durch Zahlung abzugelten», sagt Gewerkschaftsjurist Stach.

Bei einer unwiderruflichen Freistellung sieht das anders aus: Der Arbeitgeber kann Beschäftigte dann «unter Anrechnung des Urlaubs» von der Arbeit freistellen. Ein Abgeltungsanspruch besteht in dem Fall nicht.

Kann ich während der Freistellung noch zur Betriebsfeier oder zum Betriebsausflug?

Das ist denkbar. Verbieten kann es einem der Arbeitgeber zumindest nicht allein aufgrund einer Freistellung, wie eine Entscheidung des Arbeitsgerichts Köln aus dem Jahr 2017 zeigt (Az: 8 Ca 5233/16).

Geklagt hatte ein freigestellter Beschäftigter, dem - trotz zunächst anderslautender Zusicherung - vom Arbeitgeber mitgeteilt worden war, beim Betriebsausflug nicht erwünscht zu sein. Das wollte der Mann nicht hinnehmen - mit Erfolg.

Dem Arbeitsgericht zufolge ergebe sich das Recht zur Teilnahme aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Der Arbeitgeber benötige einen Sachgrund, wenn er einzelne Arbeitnehmer von der Teilnahme an derartigen Veranstaltungen ausschließen wolle. Eine einvernehmliche Freistellung reiche dem Gericht zufolge nicht als Grund aus.

Kann man in der Freistellung schon einen neuen Job bei einem neuen Arbeitgeber beginnen?

«Das ist möglich», erklärt Arbeitsrechtlerin Oberthür. Aber Vorsicht: Die arbeitsvertragliche Loyalitätspflicht kann dem oder der Beschäftigten verbieten, während der Freistellung bei einem Konkurrenzunternehmen zu arbeiten. Wer es trotzdem tut, ohne vorher die Zustimmung des bisherigen Arbeitgebers einzuholen, riskiert etwa eine fristlose Kündigung.

Um das zu vermeiden, sollte man sich in der Freistellungsphase vor Antritt eines neuen Jobs rechtlich beraten lassen, zum Beispiel bei der zuständigen Gewerkschaft oder einem Fachanwalt für Arbeitsrecht. «Arbeitnehmer sollten aber in jedem Fall sicherstellen, dass sie keine vertraulichen Informationen oder Geschäftsgeheimnisse des bisherigen Arbeitgebers verwenden oder an den neuen Arbeitgeber weitergeben», betont Stach. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Für viele ist der Firmenwagen mehr als ein Auto: Er ist Statussymbol, Teil des Gehalts und Arbeitsmittel. Wird der Wagen gestrichen, ist der Ärger mitunter groß. Aber ist das überhaupt erlaubt?

Work-Life-Balance ist längst nicht mehr nur Sache der jüngeren Generationen: Eine Studie zeigt, dass die Mehrheit der Arbeitnehmer lieber mehr freie Zeit hätte. Welchen Preis würden sie dafür zahlen?

Insgesamt 479.800 neue Ausbildungsverträge wurden im Jahr 2023 in Deutschland in den insgesamt 328 staatlich anerkannten Ausbildungsberufen abgeschlossen. Das vermeldet destatis diese Woche. Das sind 2,1 Prozent mehr als 2022 und damit erstmals seit der Coronakrise wieder ein deutliches Plus. Im Gastgewerbe sehen die Zahlen noch deutlich besser aus.

Zum Start des Ausbildungsjahres rückt die Kluft zwischen unbesetzten Lehrstellen und Schulabgänger ohne Ausbildungsplatz wieder in den Blickpunkt. Dass junge Menschen und Betriebe häufig nicht zueinander finden, hat mehrere Ursachen. Ein Grund: Unternehmen und junge Menschen kommunizieren oft aneinander vorbei.

Die Aufnahme eines Kredits wird in Deutschland häufig durch die Schufa, die Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung, begleitet. Diese Institution erfasst die Kreditwürdigkeit von Bürgern und wirkt sich maßgeblich auf die Bedingungen eines Kredits aus. Für viele Menschen, die aufgrund von negativen Schufa-Einträgen Schwierigkeiten haben, einen Kredit in Deutschland zu erhalten, stellt sich die Frage, ob Kredite auch im Ausland beantragt werden können, ohne dass die Schufa eine Rolle spielt. Überdies gibt es zahlreiche Hürden, die es zu überwinden gilt, um einen Kredit im Ausland zu erhalten. Der folgende Artikel klärt auf.

Die Stadt Frankfurt führt zur Stärkung der Nachtkultur einen sogenannten Nachtrat ein. Dieser Rat setzt sich aus 13 Menschen aus der Stadtverwaltung und den verschiedenen Branchen der Nachtökonomie zusammen. Das Gastgewerbe steht besonders im Fokus.

Ein Weihnachtsmarkt ohne Musik ist für viele undenkbar. Doch die vielerorts gestiegenen Gema-Rechnungen sorgten 2023 für Unmut. Die Verwertungsgesellschaft setzt nun auf mehr Infos für Veranstalter.

Deutschlands Arbeitnehmer machen die Kaufkraftverluste aus den Hochinflationszeiten weiter wett. Im zweiten Quartal übertrafen die Steigerungen der Bruttolöhne das fünfte Mal in Folge die Entwicklung der Verbraucherpreise.

Die BAT-Stiftung für Zukunftsfragen hat den „Freizeit-Monitor 2024“ vorgestellt. Für die seit 1982 regelmäßig durchgeführte Untersuchung wurden im Juli und August Bürger ab 18 Jahren zu über 100 unterschiedlichen Freizeitaktivitäten befragt.

Ein aktueller Bericht des Arbeits- und Wirtschaftsministeriums bescheinigt der Lehrlingsausbildung in Österreich ein Langzeittief. Besonders auffällig ist die Entwicklung in der Tourismusbranche, wo sich die Zahl der Lehrlinge in den letzten 15 Jahren mehr als halbiert hat.