Wie können Hotels mit der Coronakrise umgehen und sogar daraus lernen?

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Gastbeitrag von Martin Schaffer, Geschäftsführer und Partner MRP hotels

Egal wo man hinschaut, sinkende, häufig auch rote Zahlen lassen Unternehmen an ihre Grenzen treten: Es gilt jetzt rasch zu handeln, um für eine nachfrageschwache Zeit gerüstet zu sein. Insbesondere in der Stadthotellerie sind Auslastungsraten um bis zu fast 80% gesunken! (STR)

Viele Hoteliers, Betreiber und Eigentümer stehen vor einer bisher unbekannten Ausnahmesituation. Beispielsweise in Berlin, wo mittlerweile mehrere Messen (IHIF/ITB) abgesagt oder verschoben wurden, haben Betreiber mit teils leerstehenden Hotels zu kämpfen. Auslastungen sinken plötzlich auf 30% (in Mailand werden Auslastungen unter der 10 Prozent Grenze gemeldet), Stornierungen sammeln sich an, Gäste bleiben aus, F&B Outlets leer und der PickUp reduziert sich erheblich.

Hotelbetreiber fangen an, Verträge zu prüfen und versuchen Möglichkeiten zu finden, die in Deutschland häufige Fixpacht zu reduzieren. Erste Gespräche mit Eigentümern werden geführt, um die negative Entwicklung der finanziellen Situation möglichst gering zu halten bzw. etwaigen Pachtausfällen vorzubeugen.

Welche Ansätze gibt es, wenn der GOP nicht mehr ausreicht die Pacht zu bezahlen?  Der rechtzeitige und offene Kontakt zwischen Betreiber und Eigentümer / Interessensvertretern / Investoren oder Banken ist in solch einer Situation sehr wichtig, die Inanspruchnahme der Bankgarantie ist die Ultimo Ratio.

Ein möglicher Ansatz ist zum Beispiel eine Reduktion oder sogar temporäre Aussetzung der Bildung der FF&E-Reserve. Wenn dennoch ein Delta (minus) generiert wird, dann sollte dieses in den nächsten Jahren, wenn möglich Monaten, von dem Betreiber wieder ausgeglichen werden.

Der – insbesondere in den Großstädten – in den letzten Jahren stark gestiegene Marktdruck hat Forderungen nach hohen Pachten aufgebracht. Viele Hotelbetreiber haben einen hohen Fixpachtansatz als Verkaufsargument gewählt, um dem Expansionsdruck ihrer Hotelmarken mit neuen unterschriebenen Verträgen und Standorten gerecht zu werden. Solange der Markt stabil ist und das Hotel performt, sind hohe Pachten bedienbar. Anders sieht es dann in ungewohnten und schwierigen Situationen aus. Es gilt darüber in einem offenen Diskurs zwischen Eigentümer und Betreiber nachzudenken, ob ein temporärer Wechsel zu Umsatz- oder gar Ergebnispacht nicht die besseren Voraussetzungen für Krisenzeiten ermöglichen. Betreiber werden Möglichkeiten suchen, Gebrauch von einer „höhere Gewalt“ Klausel zu machen, Ausfallsversicherungen in Anspruch zu nehmen (wobei häufig „Seuchen“ ausgenommen sind) oder nach einem Vertrags-Exit bei Hotelimmobilien mit denen man in Summe „unglücklich“ ist. Über die Inanspruchnahme etwaiger staatlicher Garantien ist es noch zu früh nachzudenken, da die Programme noch nicht ausgereift sind.

Im Hotel bleiben die Gäste aus – definitiv keine Wunschsituation, aber es gibt Möglichkeiten, den Schaden zu minimieren.

Mittlerweile ist es allbekannt: Der Coronavirus bringt einige Unternehmen vor wirtschaftliche Herausforderung: Es gilt schnell zu handeln und Lösungen zu finden, wenn Auslastungsraten in Gateway Städten in Europa auf teils 10% sinken.

Ganz bestimmt haben sich Hotels leere Hotelzimmer beziehungsweise gecancelte Reservierungen nicht gewünscht. Auch, wenn Hoteleigentümer und -betreiber aufgrund der schwierigen Nachfragesituation nicht nach Wunsch agieren können, können sie aber reagieren. Es gilt bestehende Möglichkeiten zu nutzen, um den Schaden zu minimieren. Wenn ein Hotel an Buchungen verliert und Gäste ausbleiben, muss versucht werden, anfallende Kosten so gut und rasch als möglich zu senken. Dies kann beispielsweise durch das Schließen von Etagen / Hoteltrakten / F&B Outlets / … geschehen, sodass unter anderem Energiekosten gesenkt werden können. Instandhaltungsarbeiten können anstelle dessen durchgeführt werden. Alles, was im alltäglichen Betrieb oft liegen bleibt, kann jetzt erledigt werden – sogar das all bekannte, oft aufgeschobene Wenden von Matratzen!

Möglichst sollten keine Waren mehr nachgekauft werden, um einen Overstock zu vermeiden. Die Mitarbeiter sollten in Urlaub geschickt werden, Überstunden abgebaut oder auch Minusstunden ausgebaut werden. Im „schlimmsten“ Fall kann auch eine Reduktion der Arbeitszeit mit den Mitarbeitern vereinbart werden – auf jeden Fall sollten Neueinstellungen herausgezögert oder pausiert werden. Kritisch ist die Kündigung von Mitarbeitern. Einerseits wird sie erforderlich sein, andererseits werden die Auswirkungen danach lange spüren zu sein, da der Hotelarbeitsmarkt ein stets angespannter ist und Mitarbeiter wieder schwer gefunden werden.

Genau so wenig ist zu empfehlen, extreme Dumpingraten oder Discounts anzubieten. Sie helfen nicht das Hotel zu füllen und machen es nur schwieriger, das eigentliche Ratenniveau im Nachgang wieder zu erreichen. Es sollte von den vereinbarten Stornierungskosten gebraucht gemacht werden. Wenn Gruppen absagen und zu einem späteren Zeitpunkt buchen wollen, sollten Storno-Kosten berechnet und bei Neubuchung aus Kulanz ein 15% Discount vergeben werden. Wichtig ist, dass Hotelbetreiber aus Krisensituationen und ihren Herausforderungen lernen und, falls noch nicht vorhanden, einen Krisenmanagementplan erstellen. Eigentümer und Betreiber betroffener Hotels müssen dennoch nach vorne schauen und ihre Learnings und Optimierungspotentiale zusammenstellen, um bei der nächsten kritischen Situation, besser vorbereitet zu sein.

Corona Virus: Hotels gehen als Beispiel für offene Kommunikation voran

Mittlerweile besteht keine Chance mehr, den Corona-Virus zu ignorieren. Helfen können hier jetzt nur eine offene Kommunikation und ein vorsichtiger Umgang mit der Gesamtsituation. Insbesondere Hotels, die aufgrund von Stornierungen im sowohl Veranstaltungs- als auch Roomsbereich starke Rückschläge in ihren Umsätzen verzeichnen. Ein offener Umgang, enge Gästekommunikation und Marketingansätze können helfen.

Krisensituationen bringen auch die sich grundsätzlich positiv performende und entwickelnde Asset- Klasse an ihre Herausforderungen. Hier hilft nur eine offene Kommunikation: Fachexperten sollten herangezogen werden, um den Gästen ein Bild von der aktuellen Situation geben zu können. Offizielle Meldungen aus den Medien sollten herangezogen werden. Daneben gilt es Gäste über ihre Anreise zu informieren: Flüge, Cancellation-Policies, ergriffene Maßnahmen im Hotel, Aufruf zur verstärkten Hygiene und keine Akzeptanz von Risiko-Gruppen machen es den Gästen einfacher, ihre Entscheidung für den Hotelaufenthalt auszusprechen. Besonders wichtig ist, dass mit der Situation transparent umgegangen wird, sodass ein möglicher Imageschaden vermieden wird. Social Media kann hier helfen.

Wenn die Gäste im Hotel in den F&B Outlets ausbleiben, können beispielsweise lokale Gäste verstärkt angesprochen werden. Mit Specials im Hotel oder im Restaurantbereich kann Aufmerksamkeit geschaffen werden. Besonders in einem stark internationalen Gäste-Mix, den insbesondere die Stadthotels aufweisen, zeigen solche Situationen, wie gut der inländische Gäste-Mix funktioniert und einander ausgleichen kann. Wer auch lokale / nationale Gäste bedient, ist von dem krisentechnisch oft stärker betroffenen internationalen Reiseklientel nicht allzu stark abhängig.

Die Folgen von Pandemien für den Hotelmarkt: Jeder Downswing hat auch wieder einen Upswing

Autor: Martin Schaffer, Geschäftsführer und Partner MRP hotels

Auch in der Vergangenheit hat es bereits Epidemien gegeben, beispielsweise SARS in 2003 die den Hotelmarkt aus seiner gewohnten Performance gerissen haben. Solche Krisensituationen haben gezeigt, dass mit einer drei-monatigen Krise zu rechnen ist, der Markt sich aber nach ca. sechs Monaten erholt (STR) und Performance zahlen sich wieder wie vor der Krise prognostiziert bewegen; zum Teil aber eben auch vorgegebene Zielsetzungen übertreffen.

Pandemien zeigen typischerweise tiefe Rückgänge in den Belegungsraten der Hotels, die sich kurzfristig nicht anheben lassen, sich aber meist schneller erholen als erwartet. Stärkster Einbruch und gröbste Auswirkungen sind häufig auf die Regionen des Ausbruchs beschränkt – hier kann die Erholung des Marktes schlimmstenfalls auch bis zu einem Jahr dauern. Andere Regionen erholen sich aber meist wieder nach drei Monaten (STR). Die Tourismusbranche ist fast immer betroffen, weil das Reisen, häufig sowohl im Leisure als auch im Business Bereich, verschoben oder substituiert (Skype, Telefon, …) werden kann. Insbesondere die Internationalität der Tourismusbranche bringt Herausforderungen und ist von weltweiten Epidemien oder Ähnlichem häufig stark betroffen. In diesem Zusammenhang lässt sich darüber nachdenken, ob national, lokal oder regional zu arbeiten eine gute Alternative sein könnte. Gefahrensituationen würden schneller und besser eingeschätzt und beurteilt werden, um so größere, negative Auswirkungen zu reduzieren.

Der Corona-Virus wird sicherlich nicht die letzte Herausforderung der Weltgemeinschaft gewesen sein - es bleibt spannend, welche Situationen uns in Zukunft an unsere Grenzen bringen werden. Können wir uns in der Tourismusbranche und insbesondere in der Hotellerie auf solche Notsituationen vorbereiten oder diesen gar entgegenwirken? Es steht fest: nach einem Rückgang geht es meist auch wieder aufwärts – und so sicherlich auch in Zeiten nach Corona. Es ist und bleibt ein spannender Markt.

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Allgemeines über MRP hotels:

MRP hotels ist ein europaweit führender Experte in Beratung und Unterstützung von Eigentümern, Investoren, Projektentwicklern, Banken und Hotelbetreibern. Die Beratungsexpertise reicht von Strategieberatung über Development, Technology Consulting und Transaction Support bis hin zu Performance- und Turnaround Management. Alle Experten im Team stammen aus der Hotellerie und/oder der Immobilienwirtschaft und verfügen über einzigartigen gelebten Erfahrungsschatz. Das Unternehmen verfügt über ein breites europäisches Netzwerk mit Bürostandorten in Wien, Berlin, Amsterdam und Istanbul.

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