Corona-Folgen: Britische Pubs kämpfen ums Überleben

| Gastronomie Gastronomie

Bei Einheimischen wie Touristen sind sie heißgeliebt, doch das reicht zum Überleben allein nicht aus: Viele der traditionellen britischen Pubs sind durch Pandemie und Brexit hart getroffen worden. Sie haben eine Odyssee hinter sich, deren Ausgang noch immer unklar ist. Doch schon heute zeigt sich: Längst nicht alle haben den Marathon aus Lockdowns und Teilöffnungen überlebt.

Die Unternehmensberatung AlixPartners hat auf Basis einer Datenbank der lizenzierten Betriebe in Großbritannien herausgefunden: Die Zahl der Pubs ist seit Ausbruch der Pandemie bis zum September dieses Jahres um 8,6 Prozent zurückgegangen, rund 9900 Betriebe mussten aufgeben. Im Schnitt machten damit pro Monat 550 Pubs ihre Türen für immer zu. Besonders unabhängige Kneipen, die keinen größeren Ketten angehörten, taten sich schwer - genauso wie Pubs in Birmingham, Nottingham und Edinburgh, deren Pub-Szene überdurchschnittlich stark betroffen war.

«Diese Zahlen sind eine eindrückliche Erinnerung daran, dass die Aufhebung aller Beschränkungen im Juli kein Ende der Herausforderungen markiert», sagte Graeme Smith von AlixPartners. Im Sommer seien zusätzliche Probleme wie ein Mangel an Arbeitskräften hinzugekommen, der es den Pubs erschwerte, ihr Geschäft schnell wieder anzukurbeln.

Dass Arbeitskräfte fehlen, liegt nicht nur daran, dass viele während der monatelangen Corona-Schließungen die Branche gewechselt haben. Auch der Brexit spielt eine Rolle: Jahrzehntelang kamen viele Arbeitskräfte im Dienstleistungssektor aus der EU, blieben für kurze Zeit oder auch jahrelang. Das ist nun nicht mehr so einfach möglich: Denn um als EU-Bürgerin oder EU-Bürger in Großbritannien einen Job zu beginnen, sind aufwendige und teure Visa-Verfahren notwendig, die nur die wenigsten Arbeitgeber sponsern. Das veranlasste sogar den Gründer der weit verbreiteten Pub-Kette Wetherspoon, Tim Martin, eigentlich überzeugter Brexiteer, erleichterte Regeln für europäische Arbeitskräfte zu fordern.

Das gesamte Ausmaß des Pub-Sterbens dürfte sich erst im nächsten Jahr zeigen. Bis in den Herbst diente noch das sogenannte Furlough-Programm - die britische Variante der Kurzarbeit - vielen Betrieben als Stütze. Doch die Bürde der Pandemie bleibt bestehen - und die Omikron-Variante bringt neue Ungewissheit. «Der Dezember ist ein entscheidender Monat für unsere Branche», sagte ein Sprecher der British Beer and Pub Association der Deutschen Presse-Agentur. Doch Omikron ließ viele am geselligen Abend im Pub zweifeln. «In vielen Betrieben wurden die Weihnachtsfeiern gestrichen oder deutlich verkleinert.»

Das mag für manche Gäste auch daran liegen, dass in britischen Pubs derzeit nicht sonderlich viel getan wird, um Corona-Ausbrüche zu verhindern. Von 3G oder gar 2G und ähnlichen Nachweispflichten wollen die Briten in der Gastronomie nichts wissen und die kürzlich nachgeschärfte Maskenpflicht gilt weiterhin nicht in Pubs oder Restaurants. Der britische Pub-Verband versichert zwar, Pubs seien trotzdem sichere Orte, bekennt aber gleichzeitig: «Weniger Menschen kommen in den Pub, wenn Corona-Maßnahmen wie Masken, Impfnachweise und anderes gelten.» Kurz vor Weihnachten schnürte das Finanzministerium ein Notfall-Hilfspaket, das von einigen als «lebensnotwendig», von anderen als Tropfen auf den heißen Stein bezeichnet wurde.

Wie viele weitere Pubs der Krise zum Opfer fallen, dürfte also auch davon abhängen, wie sich die Pandemie weiter entwickelt und wie die britische Regierung damit umgeht. Der britische Bierdurst dürfte hingegen erhalten bleiben - so wie im Frühjahr dieses Jahres, als nach wenigen Tagen geöffneter Biergärten den Pubs wegen des großen Andrangs bereits die Fässer leer liefen. Möglicherweise müssen die Briten im nächsten Jahr dafür jedoch noch tiefer in die Tasche greifen. Der Preis für ein Pint könnte nach der Krise deutlich ansteigen, warnten bereits einige Pub-Wirte.

Höhere Preise könnten also künftig die Liebe der Briten zu ihren Pubs auf die Probe stellen. Wie weit diese allerdings gehen kann, zeigte sich kürzlich, als in Nordengland die Gäste eines Pubs wegen eines Schneesturms tagelang dort ausharren mussten. Die Straßen um die Kneipe herum waren zugeschneit und der Pub von der Außenwelt abgeschnitten. Mittlerweile ist klar: Die Liebe hält. «Es war wie eine Party mit einer großen Gruppe von Freunden», erzählte die Wirtin des Tan Hill Inn, nachdem Dutzende Gäste endlich nach Hause konnten. Für das nächste Jahr plant die Gruppe bereits ein Wiedersehen. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Erst kürzlich kündigte der Club Wilde Renate in Berlin-Friedrichshain an, seine Partys Ende 2025 zu beenden. Nun folgt die nächste schlechte Nachricht für das Nachtleben in der Hauptstadt.

Er war mit seinem Café «St. Oberholz» in Berlin-Mitte einer der Pioniere des mobilen Arbeitens: Nun hat Ansgar Oberholz in Kreuzberg ein neues Café eröffnet. Was in den letzten 20 Jahren gelernt wurde, stecke nun in diesem neuen Konzept.

1954 gründeten James McLamore und David Edgerton in Miami Burger King. Seit 1957 schreibt der Whopper die internationale Erfolgsgeschichte mit. Passend zum 70. Geburtstag des Unternehmens spendiert Burger King dem Whopper nun ein neues Brötchen.

Mit dem METRO GastroPreis​​​​​​​ rückt METRO die Bereiche der Gastronomie in den Mittelpunkt, in der zukunftsweisende und inspirierende Konzepte besonders wichtig sind: Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Team.

In Menüs sind Fleisch und Wein nicht mehr automatisch gesetzt. Auch Gastronomen schaut öfter nach vegetarischen und alkoholfreien Alternativen. Ein Blick in die Welt alkoholfreier Weine und zwei Rezeptideen ohne Promille.

Es klingt im ersten Moment komisch: Eine Zutat fehlt und dennoch sollen Kunde und Gäste für alkoholfreien Wein einen höheren Preis zahlen? Das liegt an der aufwendigen Herstellung.

Der 3. Oktober ist 2024 mehr als der Tag der deutschen Einheit: Den ganzen Tag feiert der Berliner Fernsehturm Geburtstag. Und das unter anderem mit Speisen des berühmtesten Sternekochs der Stadt.

Dass die Preise sinken und nicht steigen, kommt selten vor. Über das Hamburger Abendblatt hat nun Eugen Block angekündigt, dass er in seinen Block-Häusern, die Preise verschiedener Produkte senken will. Da aber zeitgleich auch Portionsgrößen sinken, relativiert sich die Ankündigung.

In Kürze herrscht in München wieder Ausnahmezustand: Oktoberfest. Nicht nur Neulinge haben Fragen: Was kostet das Bier, darf man kiffen, wie bekommt man einen Tisch - und: Ist die Wiesn sicher?

Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) ruft zu Warnstreiks und Aktionen in der deutschen Systemgastronomie auf. Davor war die zweite Verhandlungsrunde über einen neuen Tarifvertrag ohne Ergebnis zu Ende gegangen.