Kieler Restaurant Mohrenkopf: "Rassismus steckt im Herzen und nicht im Namen"

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«Wenn Sie zu mir kommen wollen, dürfen Sie keine Angst vor dem schwarzen Mann haben», sagt Andrew Onuegbu am Telefon. Der Kieler Gastronom mit nigerianischen Wurzeln betont oft sein Schwarzsein, mal humorvoll, mal ernst. «Ich bin als Mohr zur Welt gekommen, bin ein schwarzer Mann und stolz darauf», bekräftigt der 47-Jährige dann in seinem Restaurant, das seit 2007 «Zum Mohrenkopf» heißt. Kritiker halten den Namen für politisch untragbar. Onuegbu hat ihn in der ARD-Talkshow «Hart aber fair» zum Thema «Was darf man noch sagen und was besser nicht?» offensiv verteidigt.

Ungezählte und durchweg positive E-Mails habe er darauf bekommen. «Bleib standhaft!» sei die Hauptbotschaft. «Bravo» steht seit der Sendung in grünen Buchstaben auf dem Fußweg vor dem Lokal in der Kieler Innenstadt. Namen wie Mohrenstraße oder Mohren-Apotheke zu tilgen, ist aus Sicht Onuegbus grundfalsch: Man sollte nicht auf diese Weise Geschichte ausradieren wollen. «Wenn jemand fragt, warum die Mohrenstraße so heißt, kann man darüber doch diskutieren.»

Peter Harry Carstensen gibt dem politisch interessierten Koch mit der positiven Ausstrahlung Recht: «Ich halte nichts davon, durch Veränderung von Namen Geschichte verstecken zu wollen», sagt Schleswig-Holsteins Ex-Ministerpräsident, der auch von Onuegbu bekocht wurde. «Wo wollen wir da anfangen, bei Martin Luther und seinem Antisemitismus?» Wenn Onuegbu beim «Mohrenkopf» bleiben wolle, habe er alle Berechtigung dazu.


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«Der Begriff hat keinen rassistischen Hintergrund», sagt der Mann, der seit 1992 in Deutschland ist und seit 2001 deutscher Staatsbürger. «Mohren galten vor Jahrhunderten als besonders gute Köche und Mediziner, waren in vielem weiter als die Europäer - das ist ein Positiv-Name, warum sollte ich ihn entfernen?» Kritiker dagegen sagen, dass der Begriff «Mohr» eine Fremdbezeichnung sei, die diskriminierend wahrgenommen werde. Mit dem Wort und entsprechenden Darstellungen würden rassistische Stereotype eines schwarzen Menschen vermittelt. Onuegbu entgegnet, Rassismus stecke nicht in Namen und Logos, sondern im Herzen von Menschen.

Zu dem Thema erzählt der auch schon von Journalisten aus Japan, den USA, Hongkong und Neuseeland interviewte Onuegbu gern eine bizarre Geschichte. Demnach kam an einem heißen Sommertag ein Paar ins Lokal, er schwarz, sie weiß. «Bruder, warum arbeitest du bei einem Nazi?», habe der Mann gefragt. Und die Frau: «Holen Sie ihren faschistischen Chef!». Aber er sei der Chef. Dann sei er in die Küche gegangen, habe Bratkartoffeln geschwenkt und sich dann unter Zustimmung seiner Mitarbeiterinnen wieder als Chef vorgestellt. Und der Restaurantname sei von ihm. Aber der sei rassistisch, habe die Frau entgegnet. «Was ihr macht, ist rassistisch», habe er geantwortet. «Denn ihr habt mir nicht geglaubt, dass ich der Chef bin, weil ich schwarz bin.»

Er wolle sich nicht von anderen sagen lassen, wann seine Gefühle verletzt sind, sagt Onuegbu. Er wünscht sich, dass Schwarze viel selbstbewusster zu ihrer Hautfarbe stehen: «Was im Leben zählt, ist dein Charakter, nicht deine Hautfarbe». Kindern sage er: «Wenn du eine 1 in der Schule bekommst, dann nicht, weil du schwarz oder weiß bist, sondern weil du fleißig warst».

Onuegbu hat zwei Töchter mit seiner Ex-Frau und lebt jetzt mit einer anderen Deutschen zusammen. Er würde dem Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier gern sagen, dass schon Kinder von Diskriminierung und Vorurteilen abgehalten werden sollten. Der Satz «Die Würde des Menschen ist unantastbar» aus Artikel 1 des Grundgesetzes sollte in jedem öffentlichen Gebäude stehen, in Kitas, Schulen, Wartezimmern, findet er. Wenn dann ein Kind nach der Bedeutung frage, könne man ihm das erklären.

Onuegbu wurde eher aus Zufall Koch in Kiel. Er habe nach dem Abitur in Nigeria die Zusage für ein Jura-Studium in Boston gehabt, aber das Geld seiner verwitweten Mutter reichte nicht. «Dann beschloss ich, nach Deutschland zu gehen, weil ich das Land immer geliebt habe, auch wegen der Fußball-Nationalmannschaft.» Er bekam Asyl, half in einem Fischverarbeitungsbetrieb, lernte kochen, machte eine Ausbildung, nachdem er fast Polizist geworden wäre.

«Wer in ein anderes Land gehen will, sollte sich vorher erkundigen, wie dort die Menschen leben, welche Sprache sie sprechen und so weiter - und wenn man merkt, das passt nicht, sollte man in ein anderes Land gehen», sagt er. Viele Schwarze wüssten gar nicht, was sie an Deutschland hätten: Dach über dem Kopf, gut versorgte Kinder, Zugang zu Arbeit und Bildung. «Wenn es bei uns in der Heimat so wäre, wären wir nicht hier.»

Und was war da mit der AfD? Ein ehemaliger Mitarbeiter von ihm mit Wurzeln im westafrikanischen Benin sei öfter mit drei, vier Leuten ins Lokal gekommen und habe sich dann als AfD-Mitglied zu erkennen gegeben. Seiner Bitte nach einem AfD-Kennenlern-Abend im Lokal sei er in einem umsatzschwachen Sommer 2016 dann gefolgt. «Weil ich mir nichts dabei gedacht habe.» Nachdem eine Zeitungsanzeige den Termin öffentlich machte, habe es eine Demonstration vor dem Lokal gegeben und sein Ex-Mitarbeiter habe weitere Treffen bei ihm abgesagt, um ihm nicht zu schaden. AfD-nah sei er überhaupt nicht, betont Onuegbu. Er interessiere sich sehr für Politik, kenne sich gut in der Parteienlandschaft aus. «Ich gehe zur Wahl und stimme ab nach Parteiprogramm oder nach Sympathie für einen Kandidaten.»

Die «Mohrenkopf»-Speisekarte könnte übrigens regionaler nicht sein: Holsteiner Schnitzel, Krabbensuppe, Labskaus, Scholle, Grünkohl - nichts fehlt. «Ich fühle mich pudelwohl in Norddeutschland», sagt Onuegbu. Auf seiner Kochjacke prangt das Schleswig-Holstein-Wappen. «Das Land hat mir viel gegeben.» (dpa)
 

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