„Krank gefressen“ - Tim Raue fordert mehr staatliche Regulierung bei Lebensmitteln

| Gastronomie Gastronomie

„Wenn du die Gesellschaft nur Geld kostest, weil du dich krank gefressen hast, dann hat die Gesellschaft das Recht, dich zu sanktionieren“: Mit deutlichen Worten fordert Tim Raue mehr staatliche Regulierung bei Lebensmitteln - auch wenn der Sternekoch selbst nur bedingt zum Vorbild taugt.

Tim Raue ist bekannt für seine unverblümte Art und hervorragende Küche. Laut einem kürzlichen Interview mit dem "Spiegel" scheint der Berliner Sternekoch unzufrieden mit den gängigen Essgewohnheiten in Deutschland, insbesondere dem hohen Zuckerkonsum.

Deutschland sei ein „überbürokratisiertes Land“, schimpft Raue eingangs des Gesprächs. „Es gibt hier für jeden Scheiß eine Verordnung. Drogen sind verboten, der Alkohol- und Nikotinkonsum wird reguliert genauso wie Medikamente. Nur Zucker nicht.“ 

Dabei wisse jeder, der sich auch nur ein bisschen mit Essen auseinandersetze, dass nichts so schnell und direkt ins Blut gelange wie Zucker.

Laut Tim Raue wurden seit den 1970er Jahren immer mehr industriell verarbeitete Lebensmittel auf die Teller der Deutschen serviert und frisch gekochtes Essen sei mittlerweile eher die Ausnahme. Raue selbst bekam als Kind nur selten frisches Essen statt Fertigprodukten. Als Folge davon hat er nun Probleme mit Glutenunverträglichkeit, Laktoseintoleranz und Histaminose. Der Küchenchef ist überzeugt, dass es einen großen Beitrag für die Gesellschaft wäre, Kinder von bestimmten Lebensmitteln fernzuhalten, genauso wie von Drogen, Zigaretten und Alkohol.

Als Antwort auf die Frage, ob der Staat hier eine stärkere Verantwortung habe, sagte der TV-Koch Tim Raue im "Spiegel"-Interview, dass ein Staat, der für die Sicherheit seiner Bürger verantwortlich sei, auch für deren Gesundheit verantwortlich sein sollte. 

Er argumentierte, dass die Milliarden, die in das Gesundheitssystem gesteckt werden, drastisch reduziert werden könnten, wenn Lebensmittel mit einem Zuckeranteil, der fünfmal höher ist als die empfohlene Tagesmenge, verboten würden.

Raue sprach auch über seine eigene Geschichte mit Gewichtsproblemen und Depressionen und sagte, dass er später erkannt hat, dass schlechte Ernährung ein Faktor bei seiner Depression in den 30ern war. Obwohl er noch immer manche kulinarische Sünde genieße, einschließlich einer Vorliebe für Frittiertes, bezeichnete er sich nicht als denjenigen, der den "Oberlehrer mit erhobenem Zeigefinger" spielen könne, da er selbst 15 Kilo über seinem Idealgewicht liege.

Raue beklagte, dass die Menschen politisch korrekt geworden sind und es nicht mehr erlaubt ist, zu sagen: „Das solltest du besser nicht essen“.

„Sondern es heißt jetzt immer: Man muss alle so lassen, wie sie sind. Völliger Schwachsinn. Wir sind als Gesellschaft ja keine wohltätige Vereinigung, sondern füreinander verpflichtet. Und wenn du die Gesellschaft nur Geld kostest, weil du dich krank gefressen hast, dann hat die Gesellschaft das Recht, dich zu sanktionieren, finde ich.“


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Mit neun Restaurants, die vom Guide Michelin ausgezeichnet wurden, weist Nürnberg unter den deutschen Großstädten die meisten Michelin-Sterne pro Kopf auf. Auf dem ersten Platz weltweit landete Japans kulturelle Hauptstadt Kyoto.

Mittlerweile gibt es in vielen Orten in Deutschland Genossenschaften, die Gasthäuser betreiben. So auch im Örtchen Bärstadt in Hessen. Als es in der Gemeinde im Taunus keine Dorfkneipe mehr gab, nahmen die Menschen dort die Sache selbst in die Hand. Beratung kam von einem vergleichbaren Projekt.

Anlässlich der Berlin Food Week Anfang Oktober besucht Ferran Adrià die deutsche Hauptstadt. Am 9. Oktober wird er einen Vortrag vor geladenen Gästen mit dem Titel "Der Einfluss der katalanischen Haute-Cuisine auf die Gastronomie" halten.

Pommes mit einer kompostierbaren Gabel essen und dabei Livemusik hören, die zu 100 Prozent mit Öko-Feststrom produziert wird: Fans der Band Die Ärzte, die am 23., 24. und 25. August 2024 eines ihrer Konzerte auf dem Tempelhofer Feld in Berlin besuchen, werden wahrscheinlich die nachhaltigste Großveranstaltung erleben, die die Branche aktuell zu bieten hat.

Etwas weniger Besucher sind in diesem Jahr zum Gäubodenvolksfest in Straubing gekommen. Erst war es sehr heiß - doch zum Schluss gab es kräftigen Regen. Die Wirte schenkten in diesem Jahr rund 700.000 Liter Festbier aus.

Nach Umbauarbeiten eröffnete Marché am 17. August das Zoorestaurant im Allwetterzoo Münster wieder und bietet den Besuchern eine frische Marktküche im neuen Look. Zoodirektorin Dr. Simone Schehka und Marché-Betriebsleiter Jasper Boeck bereiteten gemeinsam die erste Pasta zu. 

Er trug zur Erneuerung der französischen Küche bei und galt als ausgezeichneter Feinbäcker. Nun ist der berühmte französische Sternekoch Michel Guérard tot. Er starb im Alter von 91 Jahren.

San Francisco hat die zweithöchste Dichte an Sternerestaurants in den USA. Insgesamt gibt es in der Stadt 28 Restaurants mit einem Stern. Drei Restaurants erhielten drei Sterne, sechs Restaurants wurden mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnet.

Profitieren Restaurants mit Michelin-Stern auch wirtschaftlich von der Auszeichnung? Eine Studie aus den USA kommt zu einem überraschenden Ergebnis: Demnach erhöht ein Michelin-Stern die Wahrscheinlichkeit, dass ein Restaurant in den folgenden Jahren schließen muss.

In den Niederlanden gibt es das preisgekrönte Gastrokonzept Pesca Theatre of Fish. Jetzt kommt das Fischtheater auch nach Deutschland und feiert mit dem Westfield Hamburg Überseequartier im Oktober 2024 Premiere. Pesca beteiligt Mitarbeiter an den Gewinnen des Unternehmens.