Verwaltungsgerichtshof urteilt in Bayern: Schankwirtschaften dürfen öffnen

| Gastronomie Gastronomie

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) hat mit Beschluss vom heutigen Tag die Schließung der Innenräume reiner Schankwirtschaften vorläufig außer Vollzug gesetzt und damit einem Eilantrag einer Wirtin aus Unterfranken stattgegeben.  
 
Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 der 13. Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung BayIfSMV dürfen die Innenräume reiner Schankwirtschaften nicht geöffnet werden, während dies bei Speisewirtschaften unter Beachtung  Abstands- und  Hygienemaßnahmen möglich ist. Dadurch sah die Antragstellerin ihre Berufsfreiheit und den allgemeinen Gleichheitssatz verletzt und hat deshalb in einem Normenkontrolleilverfahren die vorläufige Außervollzugsetzung dieser Regelung beantragt.


 

Der für das Infektionsschutzrecht zuständige 25. Senat hat dem Antrag stattgeben. Zwar hätten zu Beginn der Pandemie für den Bereich der Innengastronomie zwischen Speise-  und Schankwirtschaften rechtlich erhebliche Unterschiede im typischen Betriebsablauf bestanden. In der Zwischenzeit habe sich das Geschehen, insbesondere der gesteigerte Alkoholkonsum beim geselligen Zusammensein, in zahlreichen Speisewirtschaften an das Geschehen in Schankwirtschaften so sehr angenähert, dass eine unterschiedliche Behandlung sachlich nicht mehr gerechtfertigt werden könne.

Zur Bekämpfung der vom Betrieb der Innenräume reiner Schankwirtschaften ausgehenden Infektionsgefahren  kämen gegenüber der ausnahmslosen Schließung mildere Mittel in Betracht, wie etwa Hygienekonzepte, ein Verbot des Ausschanks von Alkohol ab einer bestimmten Uhrzeit oder Sperrzeitregelungen. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass der Verordnungsgeber zuletzt ein tendenziell auf Lockerungen abzielendes Schutzkonzept verfolgt habe. Zudem dauere die Schließung der Innenräume reiner Schankwirtschaften nun schon sehr lange an. Der Eingriff in die Berufsfreiheit wiege daher sehr schwer. Gegen den Beschluss des Senats gibt es keine Rechtsmittel. (BayVGH, Beschluss vom 23. Juli 2021, Az. 25 NE 21.1832)

Der Bayerische Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA Bayern begrüßt die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes, dieser hat mit Beschluss vom heutigen Tag die Schließung der Innenräume reiner Schankwirtschaften vorläufig außer Vollzug gesetzt. Dr. Thomas Geppert, Landesgeschäftsführer des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes DEHOGA Bayern: „Der Beschluss gibt unserer Auffassung recht, es ist ein weiterer, wichtiger Schritt zurück zur Normalität. Zumal eines nicht vergessen werden darf: Es geht schon lange nicht mehr darum, ob sich die Menschen zum Feiern treffen, sondern in welchem Umfeld es stattfindet. Und da ist es allemal sicherer, wenn dies unter den strengen, funktionierenden Corona-Schutz- und Hygienekonzepten in einem geschützten Raum stattfindet, als irgendwo.“

Die Freude der Gastwirte könnte aber nur kurz währen: Bayerns Ministerpräsident Markus Söder lehnte eine generelle Öffnung von Bars und Kneipen dennoch ab. «Aus unserer Sicht wird es eine reine Freigabe von Bars und diesen Einrichtungen jetzt nicht geben», sagte der CSU-Chef am Freitag nach einer Klausur des Parteivorstands in Gmund am Tegernsee. Er kündigte an, dass das Kabinett am Dienstag das weitere Vorgehen festlegen werde. Mindestens bis dahin dürfen die Schankwirtschaften aber öffnen: Ein Sprecher des Verwaltungsgerichtshofs sagte, die Entscheidung habe sofortige Folgen, Kneipen und Bars könnten ab Freitag also aufmachen.

Söders Stellvertreter, Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler), konnte sich besser mit der Entscheidung des Gerichts anfreunden. «Die Betriebe sind mittlerweile in einem langen Lockdown. Höchste Zeit, dass sie ihrem Geschäft wieder nachgehen und ihre Gäste bedienen dürfen, Öffnungen mit bewährten Konzepten sind verantwortbar», sagte er. Die Öffnung könne dazu führen, dass es weniger Treffen im Partykeller oder im öffentlichen Raum gebe, was am Ende vielleicht sogar weniger Coronainfektionen bedeute.

Pandemiebedingt hatten reine Bars und Kneipen nach der Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung im Gegensatz zu Speisewirtschaften nur unter freiem Himmel öffnen dürfen. Eine Wirtin aus Unterfranken hatte dagegen einen Eilantrag eingereicht, dem der Verwaltungsgerichtshof am Freitag stattgab. Zwar habe es zu Beginn der Pandemie erhebliche Unterschiede zwischen der Innengastronomie von Speise- und Schankwirtschaften gegeben, begründete das Gericht. Zwischenzeitlich habe sich aber das Geschehen - besonders der gesteigerte Alkoholkonsum beim geselligen Zusammensein - so sehr angenähert, dass eine unterschiedliche Behandlung nicht mehr gerechtfertigt werden könne.

Zur Bekämpfung der Infektionsgefahr gebe es mildere Mittel wie etwa Hygienekonzepte oder ein Alkoholverbot ab einer bestimmten Uhrzeit. Zudem dauere die Schließung von Bars und Kneipen schon sehr lange an. Der Eingriff in die Berufsfreiheit wiege daher sehr schwer. Das Urteil ist rechtskräftig.

Söder sagte, das Urteil halte zwar eine generelle Schließung nicht mehr für verhältnismäßig, Einschränkungen wie eine Koppelung an die Inzidenzwerte oder andere Auflagen seien aber ausdrücklich zulässig. Denkbar seien etwa spezielle Regelungen zur Sperrstunde, zum Alkoholausschank oder zu einer Sitzplatzpflicht. Ziel sei es, ein neues Konzept zu erstellen, welches den Sommer über trage, sagte Söder. Für die klassische Nachtgastronomie habe dies aber zunächst keine Auswirkungen.

Ein Sprecher des bayerischen Gesundheitsministerium sagte, man prüfe derzeit einen etwaigen Anpassungsbedarf der bestehenden Vorschriften. Die Entscheidung des Gerichts habe die Notwendigkeit von Schutz- und Hygienemaßnahmen in Schankwirtschaften nicht grundsätzlich infrage gestellt. Die steigenden Infektionszahlen in Nachbarstaaten zeigten, dass besonders im Bereich gesellschaftlicher Zusammenkünfte im öffentlichen Raum Schutzmaßnahmen weiter erfolgreich seien.

Seit vergangenem November waren reine Schankwirtschaften geschlossen gewesen. Auch zuvor hatten sie nur gut drei Monate öffnen können: Während der ersten Pandemie-Monate waren sie bis September 2020 zu. Seit Mai 2021 ist in Bayern zumindest die Außengastronomie wieder erlaubt, ab 7. Juni bei Inzidenzen unter 100 auch die Innengastronomie - allerdings bisher nur in Speisewirtschaften.

Kneipenbesitzer sind nun an die gleichen Regeln wie Restaurants gebunden: Sie müssen um 1.00 Uhr schließen, einen Mindestabstand von 1,50 Metern gewährleisten und Kontaktdaten erheben. Für Personal mit Gastkontakt gilt eine Maskenpflicht, ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von über 50 brauchen Gäste aus mehreren Haushalten am Tisch einen Test. Die Sieben-Tage-Inzidenz gibt die Zahl der innerhalb einer Woche erfassten Neuansteckungen pro 100 000 Menschen an.

Der Landesgeschäftsführer des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga), Thomas Geppert, begrüßte die «längst überfällige Entscheidung». Die Schutz- und Hygienekonzepte funktionierten auch in Schankwirtschaften. «Ein sicherer Betrieb ist möglich», sagte er. Dass bisher zu Speisewirtschaften unterschieden worden sei, sei unverhältnismäßig gewesen. Der Dehoga fordere nun auch die Öffnung von Clubs und Diskotheken mit entsprechenden Hygienekonzepten. (mit dpa).


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Mit neun Restaurants, die vom Guide Michelin ausgezeichnet wurden, weist Nürnberg unter den deutschen Großstädten die meisten Michelin-Sterne pro Kopf auf. Auf dem ersten Platz weltweit landete Japans kulturelle Hauptstadt Kyoto.

Mittlerweile gibt es in vielen Orten in Deutschland Genossenschaften, die Gasthäuser betreiben. So auch im Örtchen Bärstadt in Hessen. Als es in der Gemeinde im Taunus keine Dorfkneipe mehr gab, nahmen die Menschen dort die Sache selbst in die Hand. Beratung kam von einem vergleichbaren Projekt.

Anlässlich der Berlin Food Week Anfang Oktober besucht Ferran Adrià die deutsche Hauptstadt. Am 9. Oktober wird er einen Vortrag vor geladenen Gästen mit dem Titel "Der Einfluss der katalanischen Haute-Cuisine auf die Gastronomie" halten.

Pommes mit einer kompostierbaren Gabel essen und dabei Livemusik hören, die zu 100 Prozent mit Öko-Feststrom produziert wird: Fans der Band Die Ärzte, die am 23., 24. und 25. August 2024 eines ihrer Konzerte auf dem Tempelhofer Feld in Berlin besuchen, werden wahrscheinlich die nachhaltigste Großveranstaltung erleben, die die Branche aktuell zu bieten hat.

Etwas weniger Besucher sind in diesem Jahr zum Gäubodenvolksfest in Straubing gekommen. Erst war es sehr heiß - doch zum Schluss gab es kräftigen Regen. Die Wirte schenkten in diesem Jahr rund 700.000 Liter Festbier aus.

Nach Umbauarbeiten eröffnete Marché am 17. August das Zoorestaurant im Allwetterzoo Münster wieder und bietet den Besuchern eine frische Marktküche im neuen Look. Zoodirektorin Dr. Simone Schehka und Marché-Betriebsleiter Jasper Boeck bereiteten gemeinsam die erste Pasta zu. 

Er trug zur Erneuerung der französischen Küche bei und galt als ausgezeichneter Feinbäcker. Nun ist der berühmte französische Sternekoch Michel Guérard tot. Er starb im Alter von 91 Jahren.

San Francisco hat die zweithöchste Dichte an Sternerestaurants in den USA. Insgesamt gibt es in der Stadt 28 Restaurants mit einem Stern. Drei Restaurants erhielten drei Sterne, sechs Restaurants wurden mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnet.

Profitieren Restaurants mit Michelin-Stern auch wirtschaftlich von der Auszeichnung? Eine Studie aus den USA kommt zu einem überraschenden Ergebnis: Demnach erhöht ein Michelin-Stern die Wahrscheinlichkeit, dass ein Restaurant in den folgenden Jahren schließen muss.

In den Niederlanden gibt es das preisgekrönte Gastrokonzept Pesca Theatre of Fish. Jetzt kommt das Fischtheater auch nach Deutschland und feiert mit dem Westfield Hamburg Überseequartier im Oktober 2024 Premiere. Pesca beteiligt Mitarbeiter an den Gewinnen des Unternehmens.