Viele Pubs in Großbritannien vor dem Aus

| Gastronomie Gastronomie

Weihnachtsessen im Pub - das gehört für viele Briten zur Tradition über die Festtage. Doch glaubt man den Ergebnissen einer Umfrage des Branchenblatts «The Morning Advertiser» könnte es vielerorts bald der Vergangenheit angehören. Wegen stark gestiegener Strom- und Gaspreise droht demnach mehr als 70 Prozent der urigen Kneipen in diesem Winter das Aus. Rund zwei Drittel der befragten Wirte gaben an, die Kosten nicht auffangen zu können. Es sei bereits von einem «Aussterben» der Pubs die Rede, so der Bericht.

Ähnlich klingen die Warnungen des Branchenverbands British Beer and Pub Association. Der veröffentlichte am Dienstag einen Brief, in dem er die Regierung in London dringend zum Handeln aufrief, um die Pub-Kultur zu retten. Die Kneipen hätten teilweise mit einer Vervierfachung ihrer Energiekosten im Vergleich zur Zeit vor der Pandemie zu kämpfen.

«Ohne eine rasche und substanzielle Intervention der Regierung werden eine riesige Zahl an Pubs ihre Türen für immer schließen müssen», heißt es in dem Schreiben, das auch die Geschäftsführer mehrerer großer Pub-Ketten und Brauereien unterzeichneten.

Dem Verband zufolge ist die gesamte Lieferkette stark unter Druck. Unter anderem habe ein für die Bierherstellung wichtiger Produzent von Kohlendioxid angekündigt, wegen der schwierigen Marktbedingungen aus dem Geschäft auszusteigen.

Anders als für Privathaushalte gibt es in Großbritannien für Unternehmen keine Preisdeckelung bei Strom und Gas. Die britische Regierung ist derzeit wegen des laufenden Rennens um die Nachfolge von Premierminister Boris Johnson nicht umfassend handlungsfähig.

Der Verband fordert einen Energiepreisdeckel für kleinere Unternehmen. «Ohne sofortige Hilfsmaßnahmen der Regierung für die Branche sehen wir dem Ausblick entgegen, dass viele Pubs ihre Rechnungen nicht bezahlen können, Jobs verloren gehen und viele Lokale im ganzen Land schließen müssen», sagte der Geschäftsführer Pub-Kette Greene King, Nick Mackenzie. «Das würde bedeuten, die ganzen Anstrengungen, Pubs während der Pandemie über Wasser zu halten, wären umsonst gewesen.»

Die Pub-Kultur in Großbritannien, einst sozialer Dreh- und Angelpunkt vieler Dörfer und Stadtviertel, ist schon länger im Niedergang. Erst im Juli wurde ein neuer Tiefpunkt vermeldet, als die Zahl der Pubs in England und Wales auf unter 40 000 sank. Anders als die Eckkneipe in Deutschland sind britische Pubs ein Ort, an dem oft ganze Familien zusammenkommen. Viele bieten Programm wie Bingo-, Quiz- oder Karaoke-Abende an und werden auch für Familienfeiern gebucht.

Zusätzlich zu den rasant steigenden Energiekosten klagt die britische Bierindustrie über sinkende Ausgaben der Verbraucher, Lieferprobleme bei Biergläsern und Kohlendioxid. Die Branche fordert niedrigere Mehrwertsteuersätze und Unternehmensteuern. Der Verband Society of Independent Brewers warnte, die Regierung dürfe die angekündigte Verringerung der Abgaben für in Pubs gekauftes Bier nicht verzögern.

Den Lokalen setzt neben den Folgen der Schließungen während der Pandemie und der Inflation auch ein Wandel in den Gewohnheiten zu. Immer mehr Menschen trinken ihr Bier - auch aus Kostengründen - auf der heimischen Couch anstatt im Pub an der Ecke.

«Pubs sind ein wichtiger Teil unseres Erbes und unserer Gemeinschaften, und der Verlust wird enorm sein, sowohl hinsichtlich der Arbeitsplätze, Steuereinnahmen, aber auch der sozialen Auswirkungen», warnte der Chefredakteur des «Morning Advertisers», Ed Bedington. Er warf der Regierung vor, die Krise «entweder zu übersehen oder zu ignorieren». (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

17 Tage Bier, Brathähnchen, Karusselle und Achterbahnen: Am Freitag beginnt auf dem Cannstatter Wasen das - nach dem Münchner Oktoberfest - zweitgrößte Volksfest der Welt. Den Auftakt des Festtreibens bildet der Fassanstich durch Stuttgarts Oberbürgermeister Frank Nopper.

Drei von vier Festzeltbedienungen auf dem Oktoberfest haben bereits sexuelle Belästigung erlebt – so das Umfrageergebnis von Maren Schulze-Velmede von der Hochschule München. Ihre Forschungsergebnisse flossen nun in Maßnahmen in der Schottenhamel Festhalle ein. 

Im November 2023 ist das erste, neue Wienerwald-Restaurant in Torfhaus im Harz eröffnet worden. Dass es bei einem Restaurant nicht bleiben sollte, wurde schon damals deutlich. Auf einen Schlag gibt es nun zwölf neue Wienerwald Restaurants - verteilt über Deutschland, an den Maxi-Autohöfen.

Millionen Gäste kommen zum Oktoberfest. Nach den Anschlägen in Solingen und München ist die Sicherheit einmal mehr Thema. Innenminister und Justizminister sind zufrieden mit den Maßnahmen.

Es ist eines der Oktoberfest-Gesetze: Auf der Wiesn gibt es nur sechs Münchner Biere. Doch eine kleine Brauerei aus Giesing rüttelt nun am mutmaßlichen Bier-Kartell.

Riesenandrang auf dem Oktoberfest: Hunderttausende feiern in München bei wolkenlosem Himmel. Die Festleitung spricht in einer Schätzung von einer Million Wiesn-Besuchern.

Das britische Pub-Sterben hat sich im ersten Halbjahr fortgesetzt. Zwischen Januar und Juni schlossen in England und Wales etwa 50 pro Monat. Aus den ehemaligen Kneipen werden vor allem Wohnungen, Büros oder sogar Kindergärten.

Es sind die Erinnerungen an die Geschmäcker und Gerichte ihrer Kindheit in Vietnam, die Thi Ba Nguyen ab sofort im Restaurant VINA in Graz auftischt. In einem fünfgängigen Menü führt die mit 83 Jahren älteste Spitzenköchin Österreichs durch die vielfältige Aromenwelt Vietnams.

München ist wieder im Ausnahmezustand: Am ersten Wiesntag kamen nach ersten Schätzungen der Festleitung rund eine halbe Million Menschen auf die Theresienwiese. Die verschärften Sicherheitsvorkehrungen schreckten die Gäste offensichtlich nicht. 

Ab Samstag herrscht in München wieder Ausnahmezustand: Oktoberfest. Nicht nur Neulinge haben Fragen: Was kostet das Bier, darf man kiffen, wie bekommt man einen Tisch - und: Ist die Wiesn sicher?