Wiesn-Grippe, Corona und Co: Wie ansteckend ist das Oktoberfest?

| Gastronomie Gastronomie

Ein paar Tage nach dem Wiesnstart begann in München regelmäßig das Gehuste: Wiesn-Grippe. Das war immer so, das gehörte dazu. Dann kam Corona - und jetzt auch noch die Affenpocken. Seit der letzten Wiesn 2019 hat sich die Welt verändert. Millionen Gäste aus aller Welt werden ab Samstag erstmals nach zwei abgesagten Oktoberfesten wieder in München erwartet - und mit ihnen auch diverse Erreger.

«Wir wissen seit langem, dass die erste Welle der grippalen Erkrankungen im Herbst sehr stark mit der Wiesn zusammenhängt», sagte kürzlich Johannes Bogner, Leiter der Sektion Klinische Infektiologie am LMU-Klinikum der Universität München. Das Phänomen sei seit über 100 Jahren bekannt. «Die erste Herbstgrippe, die holt man sich auf dem Oktoberfest.»

Ärzte registrieren folglich erhöhte Zahlen von grippalen Infekten - und zwar früher als in anderen Teilen des Landes. Für die Influenza ist das Volksfest hingegen fast zu früh, denn die «echte» Grippe grassiert meist erst nach dem Jahreswechsel bis in den März hinein.

Und Corona? Dass es eine Wiesn-Welle geben wird, daran zweifeln Mediziner nicht. «Natürlich wird es dazu führen, dass eine Erhöhung der Fallzahlen auftreten wird», sagte Bogner. Auch der Pandemie-Beauftragte des Klinikums rechts der Isar der TU München, Christoph Spinner, hat klargestellt: «Für diejenigen, die auf die Wiesn gehen: Die Übertragungswahrscheinlichkeit dort ist hoch.»

In der Vergangenheit zeigte sich bereits mehrfach, dass nach Volksfesten die Corona-Infektionszahlen nach oben schnellten. Zuletzt stiegen die Inzidenzen nach dem Ende des Straubinger Gäubodenvolksfestes: Straubing wies zwei Wochen nach Ende des Festes laut Robert Koch-Institut (RKI) den bundesweit deutlich höchsten Wert auf, an zweiter Stelle folgte der Landkreis Straubing-Bogen.

Trotzdem sehen auch Mediziner keinen Grund, das größte Volksfest der Welt abzusagen, das wegen seiner Internationalität noch eine größere Verbreitungswirkung haben könnte. «Wir brauchen wieder mehr Normalität und können uns das auch leisten», sagt Bogner. Allerdings sei das Oktoberfest nicht «normal», sondern seit jeher ein Ausnahmezustand. «Schon wegen der Menschenmassen, die dort zusammenkommen, ist es natürlich ein Ort, an dem Infektionskrankheiten grassieren können.»

Nicht umsonst waren zur Eindämmung der Corona-Pandemie Veranstaltungen mit größeren Menschenmengen lange Zeit verboten. Auch vor fast 170 Jahren wurde die Wiesn wegen einer Pandemie abgesagt. Obwohl die Cholera in der Welt wütete, hatte zuvor in München am 5. Juli 1854 die erste deutsche Industrie-Ausstellung geöffnet. Um sie nicht zu gefährden, wurde die Gefahr eines Cholera-Ausbruchs als Gerücht dargestellt. Die Schau wurde an einzelnen Tagen von 5000 und mehr Menschen besucht. Gleich am ersten Tag brach die Krankheit aus - obwohl die Ansteckung in der Regel nicht von Mensch zu Mensch erfolgt, sondern über kontaminiertes Wasser und Nahrungsmittel.

Der Seuche fiel im Oktober auch die Frau Ludwigs I., Therese, zum Opfer, zu deren Hochzeit 44 Jahre zuvor die Wiesn zum ersten Mal stattfand und nach der die Theresienwiese benannt ist. 1873 wurde die Wiesn erneut wegen der Cholera abgesagt.

Heute droht nicht die Cholera, aber neben Corona kursieren auch die Affenpocken. Gesundheitsexperten sind sich dennoch einig: Die Affenpockengefahr ist auf dem Volksfest gering, wenn man sich nicht sehr nahe kommt: Die überwiegende Mehrheit aller Infektionen trat bisher nach sexuellen Kontakten auf. Ein gewisses Risiko birgt die Wiesn durch ihre meist bierbedingte Enthemmung freilich schon.

Trotz dicht gedrängter Massen wurden jenseits der Wiesn-Grippe Infektionserreger bisher offenbar eher selten ausgetauscht. Magen-Darm-Erkrankungen, Herpes, Krätze, Läuse - all das spielte zumindest keine größere Rolle. Erbrechen ist zwar ein typisches Wiesn-Phänomen, aber meist als Folge übermäßigen Alkoholgenusses.

Es gebe immer mal Patienten, die sich mit Durchfall und Erbrechen auf der Sanitätsstation meldeten, sagt Michel Belcijan, Betriebsleiter der Aicher Ambulanz, die seit einigen Jahren den Wiesn-Sanitätsdienst betreibt. Vor allem wenn mehrere Gäste betroffen waren, sei man alarmiert und denke etwa auch an das Norovirus, einen typischen Durchfall-Erreger. Bei Verdacht auf eine Infektionskrankheit würden die Patienten isoliert, medizinisch behandelt und der Fall den Behörden gemeldet. Aber: «Einen "Ausbruch" während der letzten Veranstaltungen, die wir sanitätsdienstlich betreut haben, gab es nicht.»

Das «Hauptgeschäft» für die Wiesn-Ärzte, aber auch für umliegende Kliniken, sind Verletzungen durch Schlägereien oder Maßkrug-Scherben und Alkoholräusche. Vereinzelt gibt es auch andere Erkrankungen - etwa Schlaganfälle und Herzinfarkte. «Alles das, was in einer mittelgroßen Stadt passiert – und das ist die Wiesn mit ihrer täglich sechsstelligen Besucherzahl – passiert auch hier», sagt Belcijan.

Das Aicher-Team bereitet sich derzeit auf die Wiesn vor - und plant auch Corona-Maßnahmen. Voraussichtlich werde für die Mitarbeitenden der Sanitätsstation eine FFP-2-Masken-Pflicht gelten, von Patienten werde wahrscheinlich das Tragen einer medizinischen Maske verlangt. Regelmäßige Händedesinfektion und Lüftung seien generell Standard. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Damit Gastronomen Gästen ebenso deftige wie aromatisch hochwertige Speisen servieren können, haben die Kreativköche von Sander erneut einzigartige Menükompositionen und Einzelkomponenten für jede kulinarische Vorliebe entworfen. Sämtliche Neuheiten des „Herbst & Winter“-Saisonangebots können jetzt eingesehen werden.

Vor wenigen Wochen wurde bekannt, dass die Brüder Michael und Thomas Förster das „Bratwurst Röslein“ in der Nürnberger Innenstadt abgeben. In der Institution werden bereits seit Jahrhunderten Nürnberger Würstchen serviert. Jetzt steht fest, wer die Gastwirtschaft zukünftig betreiben wird.

Am den vergangenen Tagen hat Düsseldorf richtig aufgekocht: bei „Chefs in Town“, einem neuen Gastro-Festival in die Landeshauptstadt. Auf insgesamt über 100 Veranstaltungen wurden tausende Gäste verköstigt, Branchenthemen diskutiert und der Nachwuchs in die Welt der Gastronomie mitgenommen.

Frauen unter sich - in einem Café in Bremen ist das seit rund einem Monat Alltag. Männer bekommen in dem Lokal keinen Platz. Nicht nur das Konzept ist außergewöhnlich.

Erstmalig hat METRO den neuen Award METRO GastroPreis verliehen. Durchsetzen konnten sich der Gasthof Adler in der Kategorie Digitalisierung, das Joujou in der Kategorie Nachhaltigkeit und das Kaspar Schmauser in der Kategorie Team. 

Zum Auftakt in die Weihnachtszeit an der Ostsee ist Johann Lafer am 6. und 7. Dezember 2024 wieder mit seiner Dinnershow „Johann Lafer live genießen“ zu Gast im Atlantic Grand Hotel Travemünde​​​​​​​. 

Meist blauer Himmel, fröhliche Gesichter, volle Biergärten, Andrang an den Fahrgeschäften: Das Oktoberfest verzeichnete bei entspannter Stimmung bis zur Halbzeit noch mehr Gäste als im schon rekordverdächtigen Vorjahr.

Längst wird nicht nur in Bayern das Oktoberfest gefeiert. Im Nachbarland Hessen gibt es zahlreiche Nachahmer-Veranstaltungen. Dann heißt es: Bierkrug statt Bembel, Haxe statt Handkäs'.

Eine Bühne für die Kochausbildung: Der Verband der Köche Deutschlands e. V. (VKD) zeichnete in Leipzig vier engagierte Ausbilderinnen und Ausbilder mit dem „Laurentius 2024“ aus. Insgesamt 210 Jahre Ausbildungserfahrung brachten die zehn Laurentius-Nominierten „auf die Waage“.

Mit dem traditionellen Fassanstich hat am Freitag in Stuttgart das 177. Cannstatter Volksfest begonnen. Mit nur zwei Schlägen - zwei weniger als im Vorjahr - hat Stuttgarts Oberbürgermeister Frank Nopper das offiziell erste Bierfass auf dem Cannstatter Wasen angestochen.