Das neuartige Coronavirus stellt das Hotelgewerbe weltweit vor große Herausforderungen. In vielen Ländern, darunter auch in Deutschland, dürfen Hotels und Gastgewerbe nach dem Lockdown zwar unter strengen Schutz- und Hygieneauflagen wieder öffnen. Aber wie geht es nun weiter? Wie werden sich das Reise- und Urlaubsverhalten und damit die Belegungsquoten in den kommenden Monaten entwickeln? Welche regulatorischen Maßnahmen sind notwendig, um den Hotelsektor zu stabilisieren und wieder Wachstum zu ermöglichen? Und wie müssen Eigentümer und Betreiber zusammenarbeiten, um sich auf die Zeit nach COVID-19 einzustellen?
Im Rahmen einer Panel-Diskussion auf dem digitalen Event „In Sync“ des International Hospitality Investment Forum (IHIF) diskutierte Andreas Ewald, Managing Partner von Engel & Völkers Hotel Consulting, diese und weitere Themen mit drei Experten aus den Bereichen Hotel, Banken und Immobilien-Investment.
Hier die wichtigsten Aussagen der Diskussionsrunde:
Hotels waren länderübergreifend unter den ersten Betrieben, die im Zuge der Pandemie geschlossen wurden – die Folgen der Schließungen halten an. Thomas Willms, CEO bei Deutsche Hospitality, erläuterte: „Der Look Down der vergangenen Wochen hat in der Branche einen Umsatzrückgang von fast 95 Prozent verursacht.“ Mit Blick auf die weitere Entwicklung prognostizierte Willms: „Wir erleben derzeit einen Paradigmenwechsel in der Hotellerie. Unterschiedliche Regelungen in den Bundesländern, die Verschärfung von Standards und insbesondere die internationalen Reisebeschränkungen für Gäste aus den USA und Asien werden die wirtschaftliche Entwicklung in den kommenden Monaten stark prägen. Zwar erwarten wir eine deutliche Steigerung der Belegungsrate in der Ferienhotellerie, bei Stadt- und Businesshotels gehen wir momentan aber von niedrigen Werten um die 25 Prozent aus.“
Trotz der weitreichenden Auswirkungen von COVID-19 sei die Ausgangsposition eine wesentlich bessere als bei der letzten globalen Krise im Jahr 2008, betonte Christof Winkelmann, Mitglied des Vorstands, Aareal Bank AG: „Die Zinsen liegen bei null Prozent und Eigentümer, Betreiber und Banken sind bemüht, einen gemeinsamen Lösungsweg aus der Krise zu finden. Das ist außerordentlich gut. Gut und wichtig ist auch, dass aktuell keine Notwendigkeit für Betreiber und Eigentümer besteht, Anlagenwerte zu verkaufen. Denn die letzten Jahre waren wirtschaftlich sehr gut.“
Bei der Wiederaufnahme des Betriebs lohne der Blick nach China, so Winkelmann: „Wir können international von den Erfahrungen der in China zwischenzeitlich wieder geöffneten Hotels lernen. Dort erzielen die Vier- und Fünf-Sterne-Hotels die höchsten Belegungsraten. Einen Grund dafür sehen die Analysten u.a. im so genannten ‚revenge spending‘: Nach dem Lock-Down wollen sich die Kunden wieder etwas gönnen und halten Sicherheit und Hygiene, unabhängig von der Hotelkategorie, für höchst prioritär. Es ist durchaus denkbar, dass wir in Europa eine ähnliche Entwicklung sehen werden“
Dr. Peter Ebertz, Head of Hotels bei Art-Invest Real Estate, betonte die Bedeutung von Transparenz auf Betreiberseite in diesen unsicheren Zeiten. „Es bedarf einer gemeinsamen Perspektive, um Entscheidungen treffen zu können.“ Zudem hob er die Bedeutung der künftigen Vertragsausgestaltung hervor: „Die Corona-Krise zeigt uns, dass in den Verträgen zwischen Eigentümern und Pächtern das Verhältnis in solchen Pandemie-Situationen nicht geregelt ist. Derzeit liegt das Risiko eher auf der Betreiberseite. Angesichts der Erfahrungen der vergangenen Monate müssen wir diskutieren, ob zukünftig auch der Eigentümer einen Teil des Pandemierisikos übernimmt. Aus meiner Sicht ist eine solche ‚Corona-Klausel‘ in Mietverträgen erforderlich“.
Auch die Finanzierung werde sich verändern, so Ebertz. „Eine Lösung für die kommenden Corona bedingten Jahre könnte sein, Hotelprojekte auf der Grundlage von Lease Coverage Ratios zu steuern. „In der Zukunft werden für die Finanzierung weiterhin feste Pachtkomponenten erforderlich sein, wir werden aber insgesamt trotzdem mehr hybride Vertragsmodelle sehen.“ sagte Ebertz.
Es ist deutlich geworden, dass alle Stakeholder diese Krise gemeinschaftlich überwinden wollen und dafür ein hohes Maß an Transparenz und Kooperation nötig ist“, fasste Andreas Ewald die Ergebnisse der Diskussion zusammen. „Es bedarf in den kommenden Wochen und Monaten individueller Ansätze und schneller Lösungen. Es ist jedoch auch klar geworden, dass der Hotellandschaft eine strukturelle Veränderung bevorsteht, trotz der einhelligen Meinung, dass sich die Märkte wieder erholen werden.“