Generalanwalt beim EuGH hält Booking.com-Bestpreisklausel nach EU-Wettbewerbsrecht für rechtswidrig

| Hotellerie Hotellerie

Seit Mitte 2020 führen die Betreiber von mehr als 300 deutschen Hotels und Booking.com einen Rechtsstreit vor dem Bezirksgericht Amsterdam.  Die Hotels fordern Schadensersatz von Booking.com. der Generalanwalt beim EuGH, Michael Collins, hat jetzt seine Schlussanträge veröffentlicht und die Position der Hotellerie gestärkt.

Die Hotels fordern Schadensersatz von Booking.com, den sie aufgrund der Verletzung des EU-Wettbewerbsrechts durch die Verwendung sogenannter weiter und enger Bestpreisklauseln erlitten haben.

Im Frühjahr 2023 setzte das Bezirksgericht Amsterdam das Verfahren aus und legte dem EuGH zwei Fragen zur Klärung vor. Erstens wollte das Bezirksgericht Amsterdam vom EuGH wissen, ob die fraglichen Bestpreisklauseln eine so genannte „notwendige Nebenabrede“ zum Hotelportalvertrag darstellen, was die Kartellrechtswidrigkeit dieser Klauseln entfallen lassen würde. Zum anderen hat das Bezirksgericht Amsterdam den EuGH um Klärung dahingehend ersucht, wie die relevanten Märkte in Bezug auf Hotelbuchungsportale abzugrenzen sind.

Bereits während des Kartellverfahrens in Deutschland hatte Booking.com argumentiert, dass die Bestpreisklauseln notwendig für das Funktionieren der Hotelbuchungsportale seien, da sie ein „treuwidriges“ Trittbrettfahren durch die Hotels unterbinden würden. Aus diesem Grund könnten jene Bestpreisklauseln nicht als wettbewerbsbeschränkend angesehen werden. Ferner argumentierte Booking.com, dass die Hotelbuchungsportale mit Suchmaschinen wie Google und Yahoo, Metasuchmaschinen wie Kayak und Trivago und dem hoteleigenen Vertrieb im direkten Wettbewerb stünden und deshalb der Marktanteil von Booking.com letztlich so gering sei, dass das Verhalten von Booking.com keinen wettbewerblichen Schaden anrichten könne.

Beiden Argumenten erteilte der Deutsche Bundesgerichtshof mit Entscheidung vom 18.5.2021 (Aktenzeichen KVR 54/20) eine Absage. Die Bestpreisklauseln seien nicht als kartellrechtsneutrale „notwendige Nebenabrede“ zu betrachten, und es existiert ein separater sachlicher Markt für Hotelbuchungsportale, auf dem Booking.com einen Marktanteil von über 60 Prozent hat.

In seiner Stellungnahme hat Generalanwalt Collins nun weitgehend die Position des Bundesgerichtshofs bestätigt. Collins vertritt die Auffassung, dass für die Anerkennung einer restriktiven Klausel als „notwendige Nebenabrede“ zwingend erforderlich ist, dass diese Klausel objektiv unerlässlich für die ordnungsgemäße Durchführung des betreffenden Vertrags sei. Es reicht hingegen nicht aus, dass die Durchführung des Vertrags ohne die restriktive Klausel lediglich erschwert würde. Im Hinblick auf den vorliegenden Fall ist Generalanwalt Collins der Ansicht, dass die von Booking.com verwendeten Bestpreisklauseln dieses Erfordernis der „Unerlässlichkeit“ wahrscheinlich nicht erfüllen und daher gegen das EU-Wettbewerbsrecht verstoßen.

In Bezug auf die Frage der Marktdefinition verweist Generalanwalt Collins das Bezirksgericht Amsterdam auf die allgemeinen Regeln betreffend die Abgrenzung relevanter Märkte. Er betont jedoch, dass das Amsterdamer Gericht in dieser Hinsicht Anleitung aus der Untersagungsentscheidung der Europäischen Kommission in der Rechtssache M.10615 (Booking Holdings/eTraveli Group) suchen und zudem berücksichtigen sollte, dass Booking.com die in dieser Entscheidung angewandte Marktdefinition nicht gesondert angefochten hat. Die Marktabgrenzung in der eTraveli-Entscheidung entspricht derjenigen des Bundesgerichtshofs in seiner Entscheidung vom 18. Mai 2021.

Markus Luthe, Hauptgeschäftsführer des Hotelverbands Deutschland (IHA), kommentiert: „Wir begrüßen die Stellungnahme von Generalanwalt Collins, die überzeugend darlegt, dass die von Booking.com verwendeten Bestpreisklauseln sehr wahrscheinlich nicht als „notwendige Nebenabrede“ qualifiziert werden können. Dies ist die Ansicht, die der Hotelverband Deutschland bereits seit dem Beginn der Verfahren im Jahr 2013 vertritt und die auch die Position der Europäischen Kommission ist. Wir sind mehr als optimistisch, dass der EuGH letztlich ebenfalls in diese Richtung entscheiden wird.“

Auch Booking.com äußert sich gegenüber Tageskarte: Wir wissen die Meinung des Generalanwalts in diesem auf die Vergangenheit bezogenen Fall und die zusätzlichen Hinweise zu schätzen, die sich daraus für den Europäischen Gerichtshof und das Gericht in Amsterdam ergeben, die diese nun auf den Sachverhalt anwenden werden. Wir prüfen derzeit noch den vollständigen Inhalt der Stellungnahme und warten auf das endgültige Urteil des Europäischen Gerichtshofs. Wir bleiben bei unserem Standpunkt, dass die Paritätsklauseln, die früher in Deutschland bestanden, notwendig und angemessen im Hinblick auf die Geschäftsbeziehungen zwischen unseren Unterkunftspartnern und Booking.com waren und dass Booking.com in einem wettbewerbsintensiven Markt mit verschiedenen Optionen für Unterkunftsanbieter zur Vermarktung ihrer Objekte agiert."

Der EuGH ist an die Schlussanträge von Generalanwalt Collins nicht gebunden. Eine Entscheidung des EuGH ist frühestens in einigen Monaten zu erwarten.


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Die Hotelkooperation Familotel sieht nach einer aktuellen Entscheidung des Bundesfinanzhofs zur Erbschaftssteuer familiengeführte Hotelbetriebe in ihrer Existenz bedroht und fordert die Politik zum Handeln auf.

Die Romantik Hotels begrüßen das Hotel Landhaus Biewald in Friedland als 10. neues Mitglied in diesem Jahr. Mit dem Beitritt erweitert die Marke ihr Portfolio um eine weitere Gourmet-Destination.

Die Ringhotels-Familie freut sich, dass das Vier-Sterne Superior Hotel Drei Birken in Bad Rothenfelde seit dem September 2024 Mitglied der Kooperation ist. Das Hotel unter der Leitung von Lisa Büning und Christian Albrecht blickt auf eine lange Geschichte zurück und wird in der dritten Generation von der Familie Büning geführt.

Die Primestar Group aus Berlin hat das größte Hampton by Hilton-Hotel auf dem europäischen Festland eröffnet. Das Hampton by Hilton Vienna City West bietet 355 Zimmer.

Mittlerweile ist das Bewusstsein über die Relevanz von Nachhaltigkeit in der Gesellschaft stark, doch es braucht auch Handlungsbereitschaft. Das Hotel Berlin, Berlin arbeitet an neuen Wegen zu handeln und einen Beitrag zu leisten.

Die Ritz-Carlton Yacht Collection​​​​​​​ hat ihr neuestes Schiff vorgestellt. Die Ilma, die zweite neu gebaute Luxusyacht, startete am 2. September zu ihrer Jungfernfahrt, einer 7-tägigen Reise von Monte Carlo nach Rom. 

Inhaber Aroundtown hat die Umgestaltung und Aufwertung von Flächen im Hilton Hotel am Gendarmenmarkt abgeschlossen. Neu entstanden sind 22 geräumige Suiten und Residenzen. Die Räume sind konzipiert für längere Aufenthalte.

Die Hotel Investments AG will enger mit der Primestar Group zusammenarbeiten. Primestar betreibt derzeit 20 Hotels in deutschen Großstädten sowie in Wien und am Gardasee. Das Hotelportfolio umfasst aktuell 4.301 Zimmer.

Mit Blick auf die Dolomiten dürfen sich Gäste des Naturhotel Lüsnerhof seit diesem Sommer auf eine Erweiterung des Spa-Bereichs freuen. Zusätzlich wurde das Naturhotel um fünf neue Suiten und einen neuen Anfahrtsbereich mit Parkplatz ergänzt.

Die Radisson Hotel Group meldet ein starkes Wachstum in den ersten 6 Monaten des Jahres. Das größte Wachstum verzeichneten die Marken Radisson Blu, mit knapp 20 neuen Hotels, sowie Radisson RED und Radisson Collection, die beide in neuen Märkten eingeführt wurden.