Erst getötet, dann entschleimt - Schneckensaison in Frankreich startet

| Industrie Industrie

In lauen Sommernächten hört man sie fressen, die Schnecken-Scharen in Michaël Meyers Gehegen. «Krk, krk, krk», so höre es sich an, wenn Zehntausende Tiere sich über Grünzeug und Getreide hermachten, berichtet der Züchter aus Ebersheim. Doch jetzt ist Herbst - und damit Schnecken-Erntezeit in der elsässischen Farm und anderswo in Frankreich.

Bis aus den schleimigen Tieren die bei Gourmets gefeierte Delikatesse wird, steht noch viel Handarbeit an. Und zumindest einige der vielen Zwischenschritte dürften auf Nicht-Kenner ziemlich gewöhnungsbedürftig wirken: Was hat es zum Beispiel mit dem «Liebespfeil» der Tiere auf sich? Und was passiert mit ihrem Schleim?

Die Schnecken in dem rundherum eingezäunten Gehege harren unter schräg aufgestellten Holzbrettern aus. Die kühlen Temperaturen lassen sie faul werden, fressen wollen sie auch nicht mehr so recht, wie Meyer (36) erzählt. Dass sie ausgewachsen und somit «reif» sind, erkennt er an einem kleinen Vorsprung am Eingang des Schneckenhauses.

Insgesamt hat Meyer im Mai in seinen vier Gehegen mehr als 300 000 Schneckenbabys ausgesetzt. Er hofft, dass in dem größten 57 000 davon den kühlen, feuchten Sommer und die Attacken von Ratten überlebt haben und er nun ernten kann. Ein paar Tage an der frischen Luft haben Meyers Gefleckte Weinbergschnecken in dieser Anlage noch. Dann werden sie gesammelt und zusammengepfercht in einen heruntergekühlten Raum mit Ventilatoren gestellt. Hier sollen sie etwas austrocknen, sich «entleeren» und in eine Art Winterruhe fallen.

Einige Zehntausend ihrer Artgenossen aus einem anderen Gehege hat dieses Schicksal schon ereilt. Sie harren auf langen Regalen in ihren Häusern aus, es riecht süßlich-feucht nach dem Schneckenkot, der den Boden wie Sägespäne bedeckt.

In Deutschland sind Schnecken ein Nischenprodukt: Nur knapp 140 Tonnen, verarbeitet und unverarbeitet, wurden nach Angaben der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung im vergangenen Jahr importiert, zur Verzehrmenge gibt es keine Zahlen.

Zum Vergleich: In Frankreich werden laut Schätzungen der Nationalversammlung aus dem Jahr 2013 jährlich 25 000 bis 30 000 Tonnen Schnecken (Lebendgewicht) verzehrt. Aber nur ein Bruchteil stammt demnach von heimischen Züchtern wie Meyer. Der Rest werde importiert - etwa aus Polen und der Ukraine, wie Meyer sagt. Diese Schnecken seien günstiger, dafür hätten sie auch nicht dieselbe Qualität.

Nächster Schritt nach dem Trocknen: Die Schnecken werden in kochendes Wasser geworfen, wo sie sofort verenden. Nach ein paar Minuten werden sie wieder herausgenommen, Meyer und seine Angestellten ziehen die Körper aus dem Haus. Die Eingeweide werden mit einer schnellen Handbewegung entfernt, bevor es ans Entschleimen geht: Der Züchter legt die Schneckenkörper dazu in eine große Schüssel und schaltet die Küchenmaschine an. Durch das Rühren würden Körper und Schleim voneinander getrennt, erzählt Meyer. Danach müsse man den weißlich aufgeschäumten Schleim nur noch gut mit lauwarmem Wasser abspülen.

Bevor die Schnecken verkauft werden können, stehen nun noch diverse Schritte an. Etwa ein 20-minütiges Bad in 98 Grad heißem Wasser zur Abtötung von Bakterien. Ganz wichtig: das stundenlange Köcheln in Gemüsebouillon und Wein, um den eigentlich fast neutral schmeckenden Schnecken Aroma zu verleihen. Danach steht die Entfernung des «Liebespfeils» an, der bei der Fortpflanzung der Zwitterwesen eine Rolle spielt. «Bleibt er drin, knirscht es beim Essen, als würde man auf ein Sandkorn beißen», sagt Meyer.

Zu guter Letzt kommen die zubereiteten Tiere («Am Ende bleibt nur der Muskel») zurück in ein Schneckenhaus und werden mit einer speziellen Kräuterbutter bedeckt. Die soll im Ofen später einmal ein bisschen überkochen und kann dann mit Brot aufgenommen werden. Tiefgefroren und in Zwölferpackungen verkauft Meyer die Delikatesse für 7,60 Euro an Restaurants und Privatkunden - selten, aber doch immer mal wieder auch an Deutsche, wie der Landwirt sagt. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

In der Pfalz wurden die ersten Trauben des Jahres für die Bereitung des Federweißen gelesen. Die geernteten Trauben der robusten Rebsorte Solaris erfreuten sich bester Gesundheit und hatten mit über 80° Oechsle eine sehr gute Reife.

Der Großhandelskonzern Metro hat im dritten Geschäftsquartal mehr umgesetzt. Dabei profitierte das Unternehmen vor allem von einem anhaltend starken Belieferungsgeschäft. Der stationäre Handel legte hingegen nur leicht zu. In Deutschland gingen die Erlöse wetterbedingt sogar zurück.

Die deutschen Obstbaubetriebe erwarten im Jahr 2024 eine weit unterdurchschnittliche Apfelernte. Wie das Statistische Bundesamt mitteilt, werden damit voraussichtlich 26,3 Prozent weniger Äpfel geerntet als im Durchschnitt der letzten zehn Jahre.

Draußen herrschen hochsommerliche Temperaturen, doch in Annaberg verlassen bereits die ersten Stollen den Ofen. Bis Weihnachten sollen es 200 Tonnen werden.

Der Großküchenausrüster Rational wächst dank eines starken Geschäfts in Asien und Amerika weiter und sieht sich auf bestem Weg zu seinen Jahreszielen. Im ersten Halbjahr stieg der Umsatz des bayerischen MDax-Konzerns um vier Prozent auf 581 Millionen Euro.

Vom 12. bis 15. September 2024 geht es wieder los: Die Hamburg Beer Week #HHBW24 steht vor der Tür. Mit über 40 Events und 25 Locations bringt das Festival zum fünften Mal Hamburger Brauer, Erzeuger und Manufakturen zusammen.

Eigentlich ist der Schraubverschluss eine runde Sache. Sitzt, passt, hält dicht. Vor 135 Jahren hat ein Brite diese Erfindung patentieren lassen. Heute sorgt der Alltagsheld bei einigen für Ärger.

Der wirtschaftliche Druck vor allem auf viele mittelständische Brauereien nimmt laut Bayerischem Brauerbund weiter zu. Der Verbandspräsident findet deshalb: Bier sollte teurer sein.

Seit mehreren Wochen rutscht der Bitcoin Kurs unaufhaltsam in den Keller – am 23.06. sank er sogar unterhalb der wichtigen 60.000 € Marke. Es klingt vielleicht etwas skurril, aber als einer der Hauptverdächtigen rückt das Bundeskriminalamt (BKA) in den Fokus! Tatsächlich soll der Staat Anfang des Jahres in den Besitz von mehr als 50.000 Bitcoins gekommen sein, die sie seit Juni schrittweise liquidieren.

Ab sofort sind Eintrittskarten zur Premiere der Independent Hotel Show Munich erhältlich, die vom 20. bis 21. November 2024 in München stattfindet. Diese sind für Hoteliers und Innenarchitekten kostenfrei.