An diesem Wochenende kommen in Mumbai alle zusammen, die mitmischen in der Welt der Gewürze: sei es vom indonesischen Außenministerium, der US-Aufsichtsbehörde oder der indischen Verpackungswirtschaft. Abstimmungsbedarf gibt es ohnehin viel in einer Branche, die ihre Pulver, Knospen und Samen in alle Welt verschifft, vorbei an einem Wust von Vorgaben zu Qualität und Nachhaltigkeit.
Doch seit dem Krieg in der Ukraine bewegen die Branche auch andere Themen. Die Kosten für Dünger und Fracht sind phasenweise explodiert. Ähnlich verhielt es sich bei Rohstoffen und Verpackungen, wie der Fachverband der Gewürzindustrie in Deutschland klagte.
Die schwächelnde Konsumlaune, das Konjunkturtief in den USA und Europa, der Ukraine-Krieg: All das bekomme seine Branche zu spüren, sagt Sarada de Silva, ehemaliger Chef der Gewürzhändlervereinigung «Spice Council» von Sri Lanka. De Silva ist selbst einer der größten Gewürzexporteure Sri Lankas. Zu den großen Krisen käme, dass die EU ihre Standards für Bio-Gewürze angehoben habe, was es für Exporteure schwerer mache, diese zu erfüllen. Eine ungewöhnliche Trockenheit habe zudem die Produktion beeinträchtigt. Die Liste der Probleme, sie ist lang. Auch de Silva wird auf dem Gewürzkongress in Mumbai eine Rede halten, und zwar über Bioproduktion und darüber, wie Hersteller die hohen Standards der Kunden erfüllen können.
Zu diesen Kunden gehört auch die deutsche Gewürzindustrie. Neben China und Madagaskar importiert sie die bunten Pulver vor allem aus Vietnam, Brasilien, Indonesien und Indien. Mehr als die Hälfte der Importmenge entfiel im vergangenen Jahr auf Ingwer, Pfeffer und Paprika. Ein Ventil fanden die gestiegenen Kosten entlang der Lieferkette übrigens nicht in den deutschen Supermarktregalen: Die Teuerung für Gewürze fiel in Deutschland deutlich schwächer aus als für andere Lebensmittel. Im August betrug die Jahresrate noch gut fünf Prozent.
«Sicherlich ist die Lage - wie überall in der Lebensmittelindustrie - nicht mehr ganz so angespannt wie noch zu Beginn des Jahres», sagt eine Sprecherin des Fachverbands der Gewürzindustrie. Die Kosten für Container aus Übersee seien wieder gesunken. Sorgen bereitet dem Verband mittlerweile die maue Nachfrage. Die Menge importierter Gewürze sank 2022 erstmals seit zehn Jahren.
Gründe dafür gibt es viele. Zu Pandemie-Zeiten hatte die Branche vom Trend zum Kochen daheim profitiert, als Restaurants geschlossen und ferne Länder unerreichbar blieben. Dieser Trend ebbt mittlerweile ab. Andererseits trübt sich angesichts der Inflation die Konsumlaune ein, was insbesondere beim Absatz von Bio- und fair gehandelten Gewürzen sichtbar wird. «Es wird im Gewürzbereich gern auf günstigere Ware zurückgegriffen», so der Fachverband.
Wie nachhaltig Gewürze produziert worden sind, können Verbraucherinnen und Verbraucher hierzulande nur schwer nachvollziehen. Eine grobe Orientierung können Siegel wie Fairtrade oder Bio bieten. Umfragen haben gezeigt, dass vor allem Produkte mit beiden Siegeln nachhaltig erzeugt werden, wie Julius Wenzig sagt. Wenzig forscht an der Universität Witten/Herdecke zu den Lieferketten von Gewürzen. «Ähnlich wie in der Biobranche ist die Nachfrage nach solchen Gewürzen aber zuletzt zurückgegangen.» Damit schrumpfe für die Erzeuger der Anreiz, ihre Gewürze nachhaltig anzubauen.
Weil die Wertschöpfungsketten meist in Entwicklungsländern beginnen, sind sie in puncto Nachhaltigkeit besonders anfällig für Verstöße, wie Wenzig warnt. «Ähnlich wie Kakao handelt es sich um kritische Rohstoffe, bei dem man genau hinschauen muss», sagt er. Das gelte für Menschenrechte ebenso wie für den Umweltschutz.
Wahrscheinlich ist, dass am Ende die Kleinbauern die Strapazen der Branche ausbaden, wie Felix Gies vom Fairtrade-Händler «El Puente» sagt. «Letztlich werden die explodierten Kosten wohl bis zum schwächsten Glied durchgereicht.» Das seien vor allem die Kleinbauern, die nicht in großen Kooperativen organisiert seien, so Gies. Um so wichtiger sei es, dass Händler und Erzeuger langfristige und faire Partnerschaften schlössen. «Dann kommen beide Seiten gut durch die Krisen.» (dpa)