Fast alle Winzer im Rotweingebiet Ahrtal sind von der Flutkatastrophe im Juli betroffen - nun bekommen besonders geschädigte Betriebe wenige Wochen vor der Lese Soforthilfen von je 15.000 Euro. Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, sagte am Mittwoch im Weindorf Rech, eine Spendenaktion habe insgesamt mehr als fünf Millionen Euro für betroffene Bauern und Winzer in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen eingebracht.
Die Schorlemer-Stiftung des Bauernverbands hatte die im Juli gestartete Aktion organisiert. Das Geld floss von hilfsbereiten Landwirten, Firmen der Agrarbranche und vor allem von den Hilfsorganisationen LandsAid und ADRA.
Der Geschäftsführer des Weinbauverbands Ahr, Knut Schubert, sagte: «Nur drei Winzerbetriebe im Ahrtal sind nicht vom Hochwasser betroffen.» Hier gebe es neben drei allesamt geschädigten Winzergenossenschaften 49 Selbstvermarkter und rund 15 hauptberufliche Traubenerzeuger, die die Genossenschaften belieferten. Viele beschädigte Winzerbetriebe lägen am Fluss - ihre Rebflächen dagegen seien als höhere und Steillagen oft nicht beeinträchtigt worden. «Das Weinbaugebiet ist 560 Hektar groß. Rund zehn Prozent davon sind nicht mehr lesbar», erklärte der Geschäftsführer weiter.
Die meisten Ahr-Winzer hätten keine Elementarversicherung. Der Aufbau eines neuen Weinbaubetriebs koste 1,2 bis 1,5 Millionen Euro. Bei zerstörten Rebflächen schlagen laut Schubert Neuanpflanzungen mit rund 60.000 Euro pro Hektar zu Buche. Zudem könnten in den ersten drei Jahren noch keine Trauben gelesen werden - das bedeute einen Ausfall von mehr als 100.000 Euro pro Hektar.
Den Winzern im Ahrtal fehlen laut Schubert auch die Ausflügler und Touristen mangels Einkehrmöglichkeiten in dem Katastrophengebiet. Gut laufe aber der Online-Verkauf von Restbeständen in den Weinkellern, auch mit Hilfe von Bloggern und Influencern. «Das ganze Ahrtal verkauft Wein, um Liquidität zu bekommen und Platz nach den Zerstörungen zu schaffen», erklärte der Experte.
Separat zu dem Spendentopf des Bauernverbands hat der Bund Hilfen für Landwirte in Aussicht gestellt. Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) hatte unlängst eine rasche Unterstützung zugesichert. Allein in Rheinland-Pfalz würden die Schäden auf 220 Millionen Euro geschätzt, in Nordrhein-Westfalen auf 52 Millionen.
Am Mittwoch besuchten Rukwied und weitere Branchenvertreter einen beschädigten Reiterhof im nordrhein-westfälischen Euskirchen sowie zwei ebenfalls betroffene Weingüter im Ahrdorf Rech. In dem Flusstal im Norden von Rheinland-Pfalz waren nach Starkregen bei der Sturzflut am 14. und 15. Juli 133 Menschen ums Leben gekommen und sehr viele Gebäude zerstört oder beschädigt worden. (dpa)