Weinschorlen in Flaschen als Sommertrend

| Industrie Industrie

Für viele Weinkenner sind sie ein absolutes No-Go. Dennoch haben sich fertig gemischte Weinschorlen in der Flasche nach Einschätzung des Deutschen Weininstituts (DWI) in den vergangenen Jahren zu einem Sommertrend entwickelt. «Es ist sicherlich eine Nische, aber in Anbetracht der vielen Anbieter, mit Wachstumspotenzial», sagt Ernst Büscher vom DWI. Produktions-, Absatz- und Umsatzzahlen werden allerdings nicht erhoben.

«Der Klassiker ist eine Riesling-Schorle», sagt Büscher. «Denn diese Sorte bringt von Natur aus eine frische Fruchtsäure mit und hat Aromen, die an Äpfel, Pfirsich oder auch Grapefruit erinnern.» Die Schorlen gebe es aber auch «etwas säuremilder» mit Müller-Thurgau, Silvaner oder Grauburgunder. «Immer beliebter wird die Rosé-Schorle.» Auch Cuvés werden oft mit Wasser und Kohlensäure vermischt und in unterschiedlich große Flaschen von 0,275 bis einem Liter abgefüllt - oft mit besonders witzig oder schön gestalteten Etiketten.

Viele probierten das mal aus, verschwänden dann aber auch wieder vom Markt, sagt Patrick Lohmann vom Produzenten Sechzische-Vierzisch. Der 36-Jährige stieg vor mehr als zehn Jahren mit einer Schorle aus Rosé und Orangenlimonade in den Markt ein und sieht sich als einer der Pioniere. «Das haben damals alle auf den Weinfesten in Rheinhessen getrunken, aber es gab das noch nicht fertig in einer Flasche», berichtet er von der Gründung seines Start-ups. «Den Rheinhessen am Anfang zu erklären, dass es ihre geliebte Weinschorle jetzt in der Flasche gibt, war damals aber ein bisschen schwierig.»

Inzwischen hat das Unternehmen vier verschiedene Weinschorlen und eine Traubenschorle im Angebot - in mit Gesichtern grafisch besonders gestalteten Flaschen-Etiketten. Die Firma setzt auf Bio, und Lohmann kann nun auch davon leben, wie er sagt. Die Cuvés stammten von einem Winzer aus der Region. Der Umsatz wachse jedes Jahr, zuletzt um etwa 20 Prozent. Mehr Zahlen will der Unternehmer nicht nennen, nur so viel: Er verkaufe inzwischen auch ins europäische Ausland und nach Asien.

«Weinschorle wird vor allem von den Kellereien angeboten», sagt die Leiterin des Instituts für Wein- und Getränkewirtschaft an der Hochschule Geisenheim University, Simone Loose. «Weingüter bieten diese Produkte aufgrund höherer Kostenstrukturen in der Regel nicht an.» Oder nur wenige Flaschen, wie Lohmann sagt. Das wecke aber oft das Interesse bei der Kundschaft an dem Produkt. Verkaufszahlen kennt Loose auch nicht, gibt aber zu Bedenken: «Wir bewegen uns in einer Phase der starken Kaufzurückhaltung für Wein im Lebensmitteleinzelhandel.» Als Grund nennt sie das geringere, verfügbare Einkommen der Verbraucher infolge der Inflation und die Unsicherheit.

Lilli Jassenkoff von der Kellerei Reh Kendermann sieht dennoch einen wachsenden Trend - nicht nur zu Wein- und Saftschorlen, sondern auch zu Mischgetränken, Fassbrause oder Cocktailgetränken. Viele wollten eine Alternative zum Bier oder Radler, meint die Marketing-Fachfrau. Seit 2015 verkauft die 1920 gegründete Großkellerei in Rheinhessen auch Weinschorlen und konnte den Absatz in dem Segment im Ende Juni zu Ende gegangenen Geschäftsjahr um rund 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr steigern. Mehr als eine Million Flaschen «Strandgut» habe sie verkauft - ein Cuvée mit Wasser und Kohlensäure - damit gehört das Unternehmen nach Einschätzung von Fachleuten zu den Marktführern bei Weinschorle in Flaschen.

Neben Supermärkten seien die Schorlen auch bei Tankstellen, Beachbars, Kiosken und in kleinen Läden gefragt, berichtet Jassenkoff. Camping-Plätze und Organisatoren kleiner Events fragten auch danach. Besonders beliebt sei die liebliche Schorle nördlich der Weinregionen in Deutschland, aber auch im Süden der Republik wachse die Nachfrage. Die Käufer seien ganz unterschiedlich, ein bisschen häufiger Frauen als Männer, aber aus allen Alters- und Einkommensgruppen. Im Online-Shop von Sechzischvierzisch kauften auch ganz verschiedene Menschen, berichtet Lohmann. Vom Studenten bis zur 85 Jahre alten Frau, die keine Weinflasche mehr öffnen wolle, weil sie die nicht mehr austrinke.

Es gehe bei den Weinschorlen in der Flasche eher um das Feeling, jung geblieben zu sein, an einem Sommerabend etwas zu genießen und um die Lust, abends raus zu gehen, sagt Jessenkoff. «Es ist praktisch», sagt der 29 Jahre alte Lukas, der gerne Schorle trinkt. «Man muss sie nicht erst mischen und kann damit mit seinen Freunden so anstoßen wie mit einem Bier.»

Die «Sandkastenfreunde» Daniel Cofani und Benjamin Nägle aus einem Winzerdorf am Kaiserstuhl kamen während der Pandemie auf die Idee im Nebenberuf Weinschorlen zu verkaufen. «Wir wollten schon immer mal was zusammen machen», berichtet Cofani. Eigentlich gehen beide ganz anderen Berufen nach. Seit drei Jahren bieten sie nun - mit Unterstützung ihrer Frauen - eine Weißwein- und eine Rosé-Schorle aus Trauben regionaler Winzer an. «Das wird von Jahr zu Jahr größer.» Sie hätten mit 2000 Flaschen angefangen und inzwischen produzierten sie zwei- bis zweieinhalb Mal pro Saison 7000 bis 8000 Flaschen. «Die Saison beginnt Ende März und geht bis Ende Oktober.» Ihre Kunden legten besondern Wert auf Regionalität.

Sogar Rotwein-Schorlen gibt es fertig abgefüllt. Dabei seien gerbstoffarme Rebsorten - wie etwa Portugieser, Spätburgunder oder Schwarzriesling - zu empfehlen, sagt Büscher. «Denn Gerbstoffe und Kohlensäure harmonieren am Gaumen nicht gut miteinander.» Das Wasser sollte bei den Schorlen möglichst wenig Eigengeschmack und Mineralstoffe haben, um die Weinaromen nicht zu sehr zu überdecken.

«Rechtlich gesehen darf ein als "Weinschorle" bezeichnetes Erzeugnis nur Wein und kohlensäurehaltiges Wasser enthalten», sagt Büscher. «Sollten noch andere Inhaltsstoffe wie beispielsweise Zucker zugesetzt sein, kann es nur als "Schorle" bezeichnet werden.»

In der Regel bestünden die Weinschorlen jeweils etwa zur Hälfte aus Wein und Mineralwasser und hätten einen Alkoholgehalt von etwa fünf bis sechs Volumenprozent. Zahlreiche Winzer böten inzwischen auch verperlten Traubensaft an, dem direkt die Kohlensäure zugesetzt wurde. «Diese sogenannten Traubenseccos sind eine wunderbar prickelnde – alkoholfreie – Alternative zur Weinschorle.» (dpa)


Zurück

Vielleicht auch interessant

Beim Essen ist der Geschmack - wenig verwunderlich - für nahezu alle Menschen weiterhin das wichtigste Kriterium. Der neue Ernährungsbericht zeigt aber, dass einige Dinge in Bewegung sind.

Pressemitteilung

​​​​​​​Zum zweiten Mal erhält Winterhalter innerhalb eines Jahres einen Award für sein Mehrwegspülsystem. Dieses Mal den „Best Product Award“ in Gold, ausgezeichnet vom Fachmagazin KÜCHE. In unter zwei Minuten wird Kunststoffgeschirr hygienisch sauber gespült und ist so trocken, dass es platzsparend gestapelt werden kann.

Mit Blick auf Mainz, den Main und viele Weinberge liegt das Weingut der Stadt Frankfurt am Main. 30 Jahre lang haben Armin und Jürgen Rupp es in der Kleinstadt Hochheim am Main betrieben. Wenn es nach Jürgen Rupp geht, möchte er das auch die kommenden 30 Jahre machen. Doch die Stadt hat Pläne für das Weingut - unabhängig vom Betreiber.

Pressemitteilung

Das Bäckerhandwerk sieht sich immer noch einer Reihe großer Herausforderungen gegenüber: Fachkräftemangel, Energiepreise und gestiegene Hygieneanforderungen. Auf dem Winterhalter Messestand bekommen Besucher einen Überblick über alle Produkte und Services des Spültechnikherstellers und können sich aus erster Hand informieren und ausführlich beraten lassen.

Brauerverbände aus zehn Ländern haben sich zusammengeschlossen, um «die Vielfalt der handwerklich gebrauten Bierspezialitäten zu verteidigen». So soll ein Gegengewicht gegen das Vordringen der Bier-Multis in Europa gebildet werden.

Für Zucker mussten Verbraucherinnen und Verbraucher beim Einkaufen zuletzt immer tiefer in die Tasche greifen. Nun reduzieren die Lebensmittelhändler die Preise wieder.

Schottischer Whisky ist ein Markenzeichen von Großbritannien. Doch der Exportschlager kommt nicht mehr so gut an wie früher. Das liegt aber auch an der schwierigen Weltwirtschaftslage und hohen Zöllen.

Die Weinernte in den 13 deutschen Anbaugebieten hat begonnen. Der Reifegrad der Trauben ist aber regional sehr unterschiedlich. Vielerorts kommt es nun auf das Wetter in den nächsten Wochen an.

Der FCSI Deutschland-Österreich in drei Worten? Geht nicht, findet Präsident Frank Wagner und erklärt im Video, warum der Planer- und Beraterverband für die gesamte Hospitality mehr ist als nur schön klingende Begriffe, warum man unbedingt mitmachen sollte und was der FCSI und seine Mitglieder tatsächlich für die schönste Branche der Welt tun. Neugierig? Film ab! 

In diesem Jahr sind Nordseekrabben teuer und selten geworden. Inzwischen fangen die Fischer mehr, die Preise sinken. Demnächst könnten Krabben sogar wieder im Discounter angeboten werden.