Arbeitgeber wollen Debatte über Verlängerung der Lebensarbeitszeit

| Politik Politik

Deutschlands Arbeitgeber haben eine Debatte über eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit in Deutschland gefordert. Das Rentensystem werde nicht dauerhaft in seiner heutigen Form bestehen können, sagte Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. «Unsere jetzige Finanzierung für die Altersvorsorge sieht tatsächlich alt aus.»

Das Problem sei, dass das Verhältnis zwischen Leistungsempfängern und Einzahlern immer mehr aus dem Gleichgewicht gerate, wenn die Jahrgänge, die in den 60er Jahre geboren wurden, in Rente gingen. «Die entstehende Lücke müsste der Bund mit Steuermitteln wieder auffangen, doch das ist keine nachhaltig finanzierbare Lösung», sagte Dulger. «Klar ist: Wir kommen nicht um eine Diskussion über eine längere Lebensarbeitszeit herum.»

Die Politik müsse sich bei dem Thema Rente ehrlich machen, so Dulger. «Wir brauchen eine Rentenpolitik, die länger als bis zum nächsten Wahltermin blickt.» Die Rente enkelfest zu machen, sei eine Frage der Generationengerechtigkeit, sagte Dulger. «Denn ich möchte, dass auch meine Kinder noch eine auskömmliche Rente bekommen.» Nötig seien eine längerfristige Vorausschau und regelmäßige Berichte für alle Sozialversicherungsbeiträge. So solle das Thema breit in der Gesellschaft diskutiert werden.

Schon heute arbeiteten viele Menschen gerne länger als bis zum offiziellen Renteneintrittsalter. «Wir sollten mehr Anreize dafür setzen, bereits im heute bestehenden Rahmen länger zu arbeiten», sagte Dulger. «Es macht doch beispielsweise wenig Sinn, wenn jemand, der sich entschieden hat, länger zu arbeiten, weiter in die Arbeitslosenversicherung einzahlt, denn er kann ja gar nicht mehr arbeitslos werden.» Würde man Betroffenen diese Beiträge erlassen oder das Geld für die private Altersvorsorge einsetzen, dann wäre das ein echter Anreiz, meinte Dulger.

Rentendebatte: DGB warnt vor «Rentenkürzung durch die Hintertür»

Der Deutsche Gewerkschaftsbund hat Aussagen der Arbeitgeber über eine längere Lebensarbeitszeit zurückgewiesen. «Wer Debatten über ein höheres Rentenalter anstößt, soll ehrlich zugeben, dass er eine Rentenkürzung durch die Hintertür will. Denn viele Beschäftigte schaffen es schon heute nicht, gesund bis zur Rente durchzuhalten», sagte DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel am Montag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. «So würde absehbar die Zahl der Arbeitslosen und Kranken vor Renteneintritt steigen, weil viele gar nicht länger arbeiten können.» Kritik kam auch von der IG Metall.

Die Arbeitgeber hatten eine Debatte über eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit in Deutschland gefordert. Das Rentensystem werde nicht dauerhaft in seiner heutigen Form bestehen können, sagte Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger der dpa. Piel entgegnete, mehr auf private Vorsorge zu setzen, stärke letztlich nur die private Versicherungswirtschaft. «Die Renditen solcher Politik würden Reiche und Unternehmen einsammeln. Das Nachsehen hätten die Erwerbstätigen und Rentnerinnen und Rentner. Es kann eben nicht jeder privat vorsorgen, damit die Rente im Alter reicht.»

Die Finanzierung der Rente sei in der Tat eine Verteilungsfrage. «Aber die wahre Konfliktlinie liegt hier zwischen Kapital und Arbeit und nicht zwischen den Generationen. Wir wollen, dass diese Frage solidarisch und gesamtgesellschaftlich gelöst wird. Dabei darf es zudem keine Taschenspielertricks zu Lasten der Sozialversicherungen und der in ihnen versicherten Erwerbstätigen geben.» Beschäftigungsverhältnisse müssten ausnahmslos in allen Zweigen der Sozialversicherung abgesichert sein.

IG Metall-Vorstandsmitglied Hans-Jürgen Urban nannte die Forderungen von Dulger «sachlich falsch und sozial verantwortungslos»: Bereits heute zahlten Beschäftigte nach Erreichen der Regelaltersgrenze keine Beiträge mehr zur Arbeitslosenversicherung, sagte Urban der dpa. «Wer die Altersgrenze zur Rentenversicherung weiter anheben und die Beschäftigten zusätzlich drängen will, weitere Einkommensbestandteile in die immer volatilere private Alterssicherung zu geben, betreibt Sozialabbau mit unlauteren Mitteln und Motiven.» Dulger hatte gesagt, es ergebe etwa wenig Sinn, wenn jemand, der sich entschieden habe, länger zu arbeiten, weiter in die Arbeitslosenversicherung einzahle. «Denn er kann ja gar nicht mehr arbeitslos werden.» Würde man Betroffenen diese Beiträge erlassen oder das Geld für die private Altersvorsorge einsetzen, dann wäre das ein echter Anreiz. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Mit einem Aktionsplan wollen Abgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen Kinder- und Jugendreisen stärken. Zunächst soll der Fokus auf der Teilhabe von sozial Benachteiligten sowie der Demokratieförderung und der Bildung im Bereich des nachhaltigen Reisens liegen.

Mit dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz werden auch Gastronomen und Hoteliers dazu verpflichtet, Anforderungen einzuhalten, wenn ihre Produkte oder Dienstleistungen in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen. Darunter können auch Tisch- und Hotelreservierungen fallen.

Ihre harte Gangart gegen Cannabis-Konsum hat die Staatsregierung immer wieder betont. Strengere Regeln gelten im Freistaat aber erst jetzt - unter anderem auf Volksfesten und in Gaststätten.

Das Segment Alkoholfreier Wein ist zurzeit das Einzige, das weltweit ansteigt. Gleichzeitig gibt es in der Weinverordnung einige Regelungen, die die Vermarktung alkoholfreier Weine von Weingütern mit Trauben aus der Region erschweren.

Der Bayerische Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA Bayern und die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten NGG haben sich auf einen neuen Entgelttarifvertrag geeinigt. Dem Abschluss waren lange Verhandlungen vorausgegangen. Die Gewerkschaft dachte sogar über Warnstreiks nach und wurde dafür von Dorint-Boss Iserlohe scharf kritisiert.

Der Essenslieferant Delivery Hero mit Hauptsitz in Berlin steht schon länger im Fokus der EU-Wettbewerbshüter. Nun leitet Brüssel den nächsten Schritt ein. Eine Strafe von mehr als 400 Millionen ist möglich.

Der DEHOGA und die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten haben sich in der Tarifrunde 2024 auf einen Tarifabschluss für die Beschäftigten in Gastronomie und Hotellerie geeinigt.

Nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie gerieten viele Unternehmen in finanzielle Schwierigkeiten. Der Bund unterstützte sie mit milliardenschweren Hilfspaketen. Viele Rückforderungen landen jetzt vor Gericht. Es geht um Milliarden.

Hotels und Restaurants klagen teilweise über schlechte Umsätze. Jetzt fordert die NGG in Baden-Württemberg 15 Prozent mehr Geld für die Beschäftigten. Die Arbeitgeber reagieren mit Unverständnis.

Der Landtag beschließt eine Fülle von Verboten beim Konsum von Cannabis im Freistaat. Kritiker sehen in dem neuen Gesetz Hysterie und fordern ein Ende des Kulturkampfs. Die Wiesn-Wirte zeigen sich zufrieden.