Bericht: London verpflichtet Gastronomen doch nicht zu Weitergabe von Trinkgeld

| Politik Politik

Aus deutscher Sicht klingt es wie eine Posse: Britische Gewerkschaften haben die Regierung davor gewarnt, Gastronomen entgegen früheren Versprechen nicht zur Weitergabe des vollen Trinkgelds an das Personal zu zwingen. Beschäftigte könnten jedes Jahr Tausende Pfund an Einnahmen verlieren, wenn ihnen die Arbeitgeber das Geld verweigerten, sagte die Generalsekretärin der Gewerkschaft Unite, Sharon Graham, der Zeitung «Financial Times» (Donnerstag). Das Blatt zitierte eine ranghohe Regierungsquelle, die Pläne seien auf absehbare Zeit gestoppt worden.

Im September hatte Wirtschaftsstaatssekretär Paul Scully angekündigt, Trinkgeld solle künftig ohne Ausnahmen dem Personal zugutekommen. Gastronomen sollte es verboten werden, die Beträge einzubehalten. Die Regelung werde zwei Millionen Beschäftigten zugutekommen, sagte Scully damals. Das Vorhaben sollte Teil eines Gesetzes werden, das grundsätzlich stärkere Rechte für Arbeitnehmer vorsieht, aber nun laut «FT» nicht zustande kommt. Das Wirtschaftsministerium wollte den Bericht weder bestätigen noch dementieren. Man wolle der für 10. Mai geplanten Regierungserklärung (Queen’s Speech) nicht vorgreifen.

«Jedes Jahr verspricht diese Regierung, eine faire Trinkgeldregelung zu sichern und tut dann überhaupt nichts, um dieses Versprechen zu erfüllen», kritisierte Gewerkschafterin Graham. Die Generalsekretärin des Gewerkschaftsdachverbands TUC, Frances O’Grady, sagte, wenn die Regierung das Gesetz fallenlasse, «betrügt sie die am geringsten bezahlten und verletzlichsten Arbeitskräfte in Großbritannien».

Seit dem Brexit und der Einführung teurer Arbeitsvisa für EU-Bürger ist es für Gastronomen noch schwieriger geworden, Fachkräfte zu gewinnen. Bis zum britischen EU-Ausstieg arbeiteten mehr Kräfte aus der EU denn aus Großbritannien in Restaurants, Cafés und Hotels.


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Der Essenslieferant Delivery Hero mit Hauptsitz in Berlin steht schon länger im Fokus der EU-Wettbewerbshüter. Nun leitet Brüssel den nächsten Schritt ein. Eine Strafe von mehr als 400 Millionen ist möglich.

Der DEHOGA und die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten haben sich in der Tarifrunde 2024 auf einen Tarifabschluss für die Beschäftigten in Gastronomie und Hotellerie geeinigt.

Nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie gerieten viele Unternehmen in finanzielle Schwierigkeiten. Der Bund unterstützte sie mit milliardenschweren Hilfspaketen. Viele Rückforderungen landen jetzt vor Gericht. Es geht um Milliarden.

Hotels und Restaurants klagen teilweise über schlechte Umsätze. Jetzt fordert die NGG in Baden-Württemberg 15 Prozent mehr Geld für die Beschäftigten. Die Arbeitgeber reagieren mit Unverständnis.

Der Landtag beschließt eine Fülle von Verboten beim Konsum von Cannabis im Freistaat. Kritiker sehen in dem neuen Gesetz Hysterie und fordern ein Ende des Kulturkampfs. Die Wiesn-Wirte zeigen sich zufrieden.

Das Bundeskabinett verschärft das Luftsicherheitsgesetz, um radikale Klimaschützer und andere Störer von gefährlichen Aktionen auf Flughäfen abzuhalten. Stimmt der Bundestag zu, sind künftig auch Freiheitsstrafen möglich.

Nach dem Bundestag hat nun auch der Bundesrat dem Berufsvalidierungs- und -digitalisierungsgesetz (BVaDiG) zugestimmt. Das Gesetz tritt damit am 1. August in Kraft. Vom DEHOGA kommt Zuspruch aber auch Kritik.

Die Ampel will mit steuerlichen Vorteilen Fachleute nach Deutschland locken. Aus der Opposition kommt scharfe Kritik. Auch die Bevölkerung steht dem Vorhaben mehrheitlich kritisch gegenüber.

Die erste Tarifverhandlung zwischen der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten und dem Bundesverband der Systemgastronomie ist ohne Ergebnis geendet. Laut Gewerkschaft sei das Angebot jedoch völlig indiskutabel. Die Arbeitgeber sprechen hingegen von einer guten und konstruktiven Atmosphäre.

In Thüringen gibt es immer weniger Gastronomie-Betriebe. Dieser Trend soll aufgehalten werden. Nun gibt es Geld vom Land - allerdings mit Voraussetzungen.