Corona-Krise: Diskussionen um Sommerurlaub nehmen zu

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Wegen der Corona-Krise müssen die Menschen nach Einschätzung von Ärztepräsident Klaus Reinhardt in diesem Jahr wahrscheinlich auch ihren Sommerurlaub abschreiben. «Ich glaube nicht, dass die Deutschen in diesem Sommer schon wieder Urlaubsreisen machen können», sagte der Präsident der Bundesärztekammer den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Mittwoch). Ein solches Szenario hätte nach Ansicht des Tourismusbeauftragten der Bundesregierung, Thomas Bareiß (CDU), massive Folgen für die Branche. Aus dem Norden Deutschlands, wo viele Deutsche an den Küsten ihren Sommerurlaub verbringen, kamen am Mittwoch nicht ganz so pessimistische Töne.

Reinhardt sagte, selbst bei schrittweiser Rückkehr in den Alltag werde die Pandemie das Land noch bis zum Sommer beschäftigen. «Darum glaube ich, dieser Sommer wird anders. Wir werden wohl nicht wie gewohnt ins Auto, in den Zug oder ins Flugzeug steigen und in die Ferien fahren.» Auch würden in Urlaubsländern wie Italien oder Spanien die Probleme noch nicht soweit gelöst haben, dass Tourismus wieder möglich sei. «Ich hoffe aber sehr, dass wir das in Teilen in den Herbstferien machen können - und erst recht im kommenden Jahr», fügte Reinhardt hinzu.

«Jetzt bereits die gesamte Sommersaison verloren zu geben, das würde ich für übertrieben halten», sagte dagegen Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Bernd Buchholz der Deutschen Presse-Agentur. In Bayern erwarten die Verantwortlichen, dass sich die Besucherzahlen zumindest ab dem Sommer langsam wieder stabilisieren. «Wir haben die Hoffnung, dass in der zweiten Jahreshälfte der Tourismus wieder an Fahrt gewinnt», teilte die Bayern Tourismus Marketing auf dpa-Anfrage mit. Bernhard Joachim vom Allgäuer Tourismusverband sagte: «Wir hoffen, im Laufe des Mai, hoffentlich bis Pfingsten, dass wir zumindest in Teilen wieder starten können.»

Der Kieler Wirtschaftsminister Bernd Buchholz setzt sogar auf einen Boom des Inlands-Tourismus nach der Krise und glaubt an eine «sehr gute Wiederbelebung» schon in diesem Jahr. Denn Auslandsreisen würden viele Menschen voraussichtlich erst später wieder antreten.

Österreich - eines der beliebtesten Urlaubsländer der Deutschen - rechnet jedenfalls nicht damit, dass in diesem Sommer viele ausländische Touristen kommen. Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) rief deshalb die Österreicher am Mittwoch zu Urlaub im eigenen Land auf. Da ausländische Touristen bisher für 75 Prozent der Übernachtungen sorgten, sollten die Österreicher selbst wenigstens etwas Abhilfe schaffen und einen Urlaub in der Heimat erwägen.

Der Tourismusbeauftragte der Bundesregierung, Thomas Bareiß, warnte vor massiven Folgen für die Branche, sollte es im Sommer immer noch massive Einschränkungen geben. Eine seriöse Einschätzung der Lage im Juli oder August könne heute niemand vornehmen, sagte der CDU-Politiker der dpa am Mittwoch. «Wir werden aber sicher erst Schritt für Schritt das Wirtschaftsleben wieder hochfahren. Sollte die Sommerreisezeit in Gefahr sein, so bedeutet das für die Tourismuswirtschaft, die Hotels und Restaurants, eine kaum vorstellbare Katastrophe.»

ie Tourismusagentur Schleswig-Holstein hofft trotz Tourismus-Stopps wegen der Corona-Krise auf Sommerurlauber an Nord- und Ostsee in den Sommermonaten. «Für den weltweiten Tourismus wird das Sommergeschäft vermutlich schwierig werden, je nachdem welche Einschränkungen und Reisewarnungen einzelne Länder aufgrund der Covid-19-Pandemie noch mittel- bis langfristiger bestehen lassen», sagte Geschäftsführerin Bettina Bunge am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur. Noch bis mindestens 19. April gilt im Norden ein von der Landesregierung verhängter Tourismus-Stopp.

Wie es mit Inlandsreisen weitergeht, hängt von den Vorgaben ab, die die einzelnen Bundesländer erlassen. Um die Ausbreitung des Coronavirus zu bremsen wurden Übernachtungs- und Einreiseverbote erlassen. In Schleswig-Holstein gilt beispielsweise noch bis mindestens 19. April ein Tourismus-Stopp. Mecklenburg-Vorpommern hat Ausflüge auf die Ostseeinseln oder an die Küste untersagt.

Für Auslandsreisen maßgeblich sind die Vorgaben des Auswärtigen Amtes in Berlin. Vorerst bis Ende April gilt eine Reisewarnung für die ganze Welt. Solange eine Reisewarnung in eine bestimmte Region ausgesprochen ist, werden in der Regel dorthin auch keine Reisen durchgeführt.

Reiseveranstalter hoffen trotz der Ungewissheit über die Entwicklung der Corona-Pandemie weiter auf das Sommereisegeschäft. «Wir teilen den Wunsch vieler Urlauber, dass auch das Reisen im Rahmen der Lockerungen bald wieder möglich sein wird», erklärte Branchenprimus Tui am Mittwoch auf Anfrage. Es gebe weiter ein großes Interesse zu verreisen oder ausgefallene Urlaube nachzuholen. Wie andere Veranstalter auch, bietet Tui seinen Kunden aktuell an, Reisen im Mai kostenlos auf spätere Abreisen zu verschieben.

Bei DER Touristik läuft die Aktualisierung der Reiseangebote für Sommer, Herbst und Winter auf Hochtouren. Die Planung des Reisesommers 2020 habe aber eine große Unbekannte: Die Dauer der weltweiten Reisewarnung, sagte Ingo Burmester, Zentraleuropa-Chef von DER Touristik. Die Reisewarnung des Auswärtigen Amtes wegen der Corona-Krise gilt vorerst bis Ende April. Der Veranstalter Alltours betonte, derzeit könne niemand absehen, wie sich die Lage entwickle. Das Sommerreisegeschäft ist wegen der hohen Umsätze besonders wichtig für die Branche.

Tourismusverband MV für Verschiebung der Sommerferien auf Spätsommer

Angesichts der massiven Probleme der Reisebranche in Deutschland durch die Corona-Krise hat der Tourismusverband Mecklenburg-Vorpommern eine einmalige Verschiebung aller Sommerferientermine auf August und September vorgeschlagen. Dann seien vermutlich mehr Räume für Ferien- und Freizeitgestaltung wieder freigegeben als im Juni und Juli, sagte der Geschäftsführer des Landestourismusverbands, Tobias Woitendorf, der Deutschen Presse-Agentur. Auch die Bundesländer, deren Ferienbeginn beispielsweise schon im Juni liegt, könnten sich dadurch von der Flaute der ersten Monate des Jahres 2020 erholen.

Die Tourismusbranche sei überproportional von der Krise betroffen, sagte Woitendorf. «Das Ostergeschäft geht gegen Null.» Eine Verschiebung hätte auch den Vorteil für die Schüler in den Bundesländern mit einem frühen Sommerferientermin, dass mehr Zeit zum Erlernen des verbleibenden Schulstoffs bleibe. (dpa)


 

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