DEHOGA in Rheinland-Pfalz: Gehälter und Preise in Hotels und Restaurants sollen deutlich steigen

| Politik Politik

Der DEHOGA hat einen Sieben-Punkte-Plan vorgelegt, der die Brache wieder attraktiver für Mitarbeiter machen soll. Das Papier sieht deutliche Lohnerhöhungen für Auszubildende,  Fach- und Hilfskräfte vor. Vergütungen sollen demnach um bis zu 60 Prozent steigen.

Fachkräfte sollen künftig mindestens 15 Euro pro Stunde verdienen (bislang 11 Euro), Hilfskräfte sollen 12 Euro (bisher 9,60 Euro) erhalten. Auch die Löhne der Auszubildenden sollen steigen: auf 1.000 Euro im ersten Jahr, 1.100 Euro im zweiten und 1.200 Euro im dritten Jahr. Laut DEHOGA entspricht dies Steigerungen von 60, 42, und 30 Prozent gegenüber den aktuellen Vergütungen.

Hotels und Gaststätten müssten aus der "Billiglohn-Image-Ecke" herauskommen, sagt Verbandspräsident Gereon Haumann zitiert. Durch höhere Löhne, bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie und bessere Personalführung in den Betrieben solle ein attraktiveres Arbeitsumfeld geschaffen werden. Vergütungen sollen demnach um bis zu 60 Prozent steigen.

Die Lohnerhöhungen für die Beschäftigten sollen durch Preissteigerungen ausgeglichen werden. Haumann fordert von der Politik, künftig auf Lockdowns zu verzichten und das Arbeitszeitgesetz flexibler zu gestalten, indem Jahresarbeitszeitkonten eingerichtet werden. Außerdem sollten die Zuwanderungbedingungen erleichtert werden, um 400.000 zusätzliche Arbeitskräfte aus dem Ausland anzulocken.  

Der Branchenverband DEHOGA vertritt etwa 4.500 der rund 12.500 Hotels und Gaststätten in Rheinland-Pfalz.

Der Sieben-Punkte-Plan des Verbandes im Wortlaut:

Sieben Meilensteine zur Mitarbeitergewinnung im Gastgewerbe Schulterschluss von Gastgebern, Gästen und Politik Bad Kreuznach, 8. November 2021

Adressat Gastgeber:             
Attraktive Arbeitgeber-Marke schaffen

Die Gastgeber sind gefordert, die Arbeitgeber-Attraktivität der Branche deutlich zu verbessern . Nur dann gelingt es neue und an andere Branchen verloren gegangene Mitarbeiter zurückzugewinnen. 
 

Gute Löhne & Gehälter
Die Gremien des DEHOGA Rheinland-Pfalz haben daher ihrer Arbeitgeberkommission ein weites Verhandlungsmandat erteilt, um noch in diesem Jahr mit der NGG sowohl einen neuen Entgelt- als auch einen neuen Manteltarifvertrag zu vereinbaren.

Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Gewinnung von Auszubildenen, den zukünftigen Fachkräften. Hier sind folgende Vergütungen vorgesehen:
Erstes Lehrjahr:         1.000 Euro (+60%, aktuell 625/675 Euro)
Zweites Lehrjahr:      1.100 Euro (+42%, aktuell 775 Euro)
Drittes Lehrjahr:        1.200 Euro (+30%, aktuell 925 Euro)
 

Abiturienten mit verkürzter 2-jähriger Ausbildung starten mit dem Entgelt des 2. Lehrjahres

Die Entgelte für ausgebildete Fachkräfte sollen auf 15,00 Euro (aktuell 11,00 Euro) je Stunde und auf monatlich 2.535 Euro (+ 36,4%, aktuell 1.859 Euro) angehoben werden. Damit wird die Attraktivität einer Ausbildung im Gastgewerbe zusätzlich gesteigert.

Auch bei den Einstiegslöhnen für angelernte Hilfskräfte in der untersten Entgeltgruppe sind entsprechende Lohnsteigerungen vorgesehen.
So soll das Entgelt in dieser Gruppe auf 12,00 Euro je Stunde (aktuell 9,60 Euro) und damit auf 2.028 Euro (+25%, aktuell 1.622 Euro) angehoben werden. Die unterste Lohnstufe wird zukünftig jedoch immer mindestens 5% über dem gesetzlichen Mindestlohn liegen.

Die weiteren Entgeltgruppen werden der Höhe nach ebenso entsprechend angepasst.

Diese exorbitanten Gehaltserhöhungen in allen Entgeltgruppen führen zu entsprechenden Kostensteigerungen der Personalbudgets von bis zu 30%
und erfordern neben weiteren Maßnahmen auch eine Überprüfung der Zulagen des Manteltarifvertrages.
Um Wettbewerbsverzerrungen bei den Lohnkosten in der Branche zu verhindern, wird die Allgemeinverbindlichkeit dieser Tarife angestrebt.

Vereinbarkeit von Beruf & Familie

Die Bedeutung von planbarer und ausreichender Freizeit wird gerade für die Beschäftigten im Gastgewerbe immer wichtiger. Vereinbarkeit von Beruf und Familie, von Arbeit und Freizeit werden wir durch intelligente und verlässliche Dienstpläne abbilden müssen.

Dabei wird zukünftig eine 4-Tage Woche ebenso möglich sein wie eine 6-Tage Woche; erstere eher mit täglich 10 Stunden und letztere eher mit 6 Stunden täglich. Je nach Jahreszeit und Saison aber auch anders. Es braucht passgenaue Arbeitszeitmodelle, die auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der jeweiligen Mitarbeiter ausgerichtet sind. Dabei ist eine unterbrechungsfreie ganzjährige Beschäftigung anzustreben, um aus Saisonarbeitsplätzen sichere und wertige Dauerarbeitsplätze zu machen.

Die Gastgeber tun gut daran, „Work-Life-Balance“ nicht als Bedrohung oder als Belastung, sondern als Chance zu erkennen, Mitarbeiter für die Branche zu begeistern.

Gemeinsam werden wir die attraktive Arbeitgebermarke entwickeln „Guter Gastgeber – guter Arbeitgeber“ indem wir unsere Kernkompetenz als leidenschaftliche Dienstleister für unsere Gäste auch für unsere Mitarbeiter einsetzen.

Guter Gastgeber – guter Arbeitgeber

Die Atmosphäre im Team, die Wertschätzung der Mitarbeiter und der Umgang miteinander im täglichen Betriebsalltag als Unternehmenskultur sind dritter und ebenso wichtiger Meilenstein einer attraktiven Arbeitgeber-Marke.
Daher sind hier neben den Gastgebern ganz besonders die Führungskräfte
und Abteilungsleiter gefordert.


Adressat Gäste:
Solidarität mit und Wertschätzung für das Gastgewerbe

Das Gastgewerbe hat in der Pandemie – wie kaum eine andere Branche –
in großer Solidarität mit der Bevölkerung in Deutschland ein Sonderopfer erbracht. Die Gäste haben nun die Gelegenheit, einen Teil davon an die Branche zurückzugeben.
Die notwendigen exorbitanten Lohnsteigerungen erfordern auskömmliche, faire Preise mit Steigerungen von 9 bis 15 Prozent. Diese werden durch eine Wertschätzungskampagne des DEHOGA begleitet. „Faire Preise für gute Löhne“ statt „Geiz ist geil“ ist angesagt!

Adressat Politik:          
Verlässlicher Rahmen für sichere Dauerarbeitsplätze notwendig

Politik hat das Vertrauen in die Dauerhaftigkeit und Sicherheit der Arbeitsplätze im Gastgewerbe durch den zweimaligen Lockdown mit insgesamt 9-monatiger Zwangsschließung erschüttert.
Dieses Vertrauen wieder aufzubauen, ist Grundvoraussetzung, um
Mitarbeiter für das Gastgewerbe zurückzugewinnen, die insbesondere während der zuletzt siebenmonatigen Zwangsschließung in andere
Branchen wechselten.

Hier ist daher die Politik gefordert; sie muss eine dauerhafte Öffnung des Gastgewerbes sicherstellen und damitdie Voraussetzung schaffen,
dass dieses Vertrauen wieder wachsen kann.
 

Politik kann das strukturelle Problem der Winterarbeitslosigkeit im Gastgewerbe durch eine Flexibilisierung des Arbeitszeitgesetzes lösen.
Wochenarbeitszeiten und Jahresarbeitszeitkonten sind geeignete Instrumentarien um saisonale Schwankungen abzufedern und Dauerarbeitsplätze zu schaffen. Überstunden in den Hochsaisonzeiten gewährleisten durch Freizeitausgleich in den schwachen Saisonzeiten ganzjährige Beschäftigung.

Politik kann die Zuwanderung in den deutschen Arbeitsmarkt signifikant erleichtern und damit den entscheidenden Beitrag leisten, dass die Zielgröße von 400.000 zusätzlichen Arbeitskräften aus dem Ausland erreicht wird.
Dazu sollte Politik als Einreisekriterium – auch für außereuropäische Herkunftsländer – einzig auf das Vorliegen eines rechtsverbindlichen Arbeits- oder Ausbildungsvertrages abstellen. Dabei ist die Zielgruppe deutlich über
die des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes hinaus zu fassen.

Bad Kreuznach, 31.08.2021


​​​​​​​

Zurück

Vielleicht auch interessant

Die Ampel will mit steuerlichen Vorteilen Fachleute nach Deutschland locken. Aus der Opposition kommt scharfe Kritik. Auch die Bevölkerung steht dem Vorhaben mehrheitlich kritisch gegenüber.

Die erste Tarifverhandlung zwischen der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten und dem Bundesverband der Systemgastronomie ist ohne Ergebnis geendet. Laut Gewerkschaft sei das Angebot jedoch völlig indiskutabel. Die Arbeitgeber sprechen hingegen von einer guten und konstruktiven Atmosphäre.

In Thüringen gibt es immer weniger Gastronomie-Betriebe. Dieser Trend soll aufgehalten werden. Nun gibt es Geld vom Land - allerdings mit Voraussetzungen.

Jugendliche zwischen 14 und 16 Jahren dürfen in Gaststätten Alkohol trinken, wenn die Eltern dabei sind. Nicht nur der Bundesgesundheitsminister möchte das ändern. Niedersachsens Gesundheitsminister Andreas Philippi bringt eine Freigabe von Alkohol erst ab 18 Jahren ins Spiel.

Mit steuerlichen Vorteilen will die Bundesregierung Fachleute nach Deutschland locken - denn andere Länder tun dies schon lange. Doch es gibt Widerspruch. Auch aus den Reihen der Ampel.

Obwohl es in anderen Bundesländern bereits Einigungen gibt, eskaliert der Tarifkonflikt im bayerischen Gastgewerbe. Nun bereitet die Gewerkschaft Warnstreiks im Umfeld der EM-Halbfinalspiele vor.

Auch in der zweiten Tarifrunde haben der DEHOGA Bayern und die Gewerkschaft NGG keine Einigung erzielt. Der Verband sagt, dass er ein Angebot von fast 15 Prozent Lohnerhöhung auf den Tisch gelegt hätte.

Vor dem Beginn der Tarifrunde im niedersächsischen Gastgewerbe fordert die Gewerkschaft NGG ein deutliches Lohnplus für die Beschäftigten: 400 Euro mehr im Monat, aber mindestens 3.000 Euro Einstiegslohn nach abgeschlossener Ausbildung.

Die Gewerkschaft Nahrungs-Genuss-Gaststätten und der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband haben sich in Sachsen-Anhalt geeinigt und einen Tarifabschluss erzielt. Beschäftigte und Auszubildende profitieren.

Bundesagrarminister Cem Özdemir setzt sich für eine leichte Anhebung der Mehrwertsteuer auf Fleisch ein, um den Umbau der Tierhaltung zu höheren Standards zu finanzieren. Der Grünen-Politiker griff einen Vorschlag des Bauernverbands auf. Von Verbraucher- und Umweltschützern kam ein geteiltes Echo.