Hohe Energiepreise: Habeck und Lindner kündigen Entlastungen an

| Politik Politik

Als Konsequenz aus wegen der Russland-Krise steigenden Energiepreisen geht die Bundesregierung Entlastungen an. Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) kündigte am Sonntagabend ein neues Maßnahmenpaket an. Die Preisanstiege im gesamten Energiebereich seien für viele Menschen erdrückend, sagte der Wirtschafts- und Klimaschutzminister der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

«Extrem hohe Heizkosten, extrem hohe Strompreise, extrem hohe Spritpreise belasten Haushalte, und je geringer die Einkommen, desto stärker. Die Bundesregierung wird daher ein weiteres Entlastungspaket auf den Weg bringen.»

 

Der Angriff Russlands treibe die fossilen Energiepreise nach oben, erklärte Habeck. «Und das alles, weil Angst vor Energieknappheit und Spekulationen die Preisspirale anheizen.» Er kündigte drei Kriterien für die neuen Maßnahmen an.

So müsse es erstens bei Strom, Wärme und Mobilität Erleichterungen geben, sagte der Minister. «Gerade die hohen Heizkosten erdrücken zahlreiche Familien.» Im Bundeswirtschaftsministerium schätzt man, dass die Gasrechnung für eine Durchschnittsfamilie in einem unsanierten Ein-Familien-Haus im laufenden Jahr um etwa 2000 Euro steigt.

Zweitens brauche es auch Energieeffizienz und Einsparungen, etwa eine Minderung des Verbrauchs beim Autofahren oder einen Austausch von Gasheizungen, sagte Habeck. Drittens seien weiter marktwirtschaftliche Impulse nötig, damit gelte: «je effizienter, desto geringer die Kosten».

Habeck betonte: «Diese drei Kriterien müssen sich in dem Entlastungspaket wiederfinden.» Insofern griffen die Vorschläge von Finanzminister Christian Lindner (FDP) noch etwas zu kurz. «Die Regierung wird das Gesamtpaket jetzt in einem Arbeitsprozess schnell und konstruktiv schnüren.»

Lindner will nach einem Medienbericht einen staatlichen Tank-Zuschuss auf den Weg bringen. Die Höhe stehe noch nicht fest, berichtete die «Bild»-Zeitung am Sonntagabend. Der FDP-Politiker plant demnach, dass der Betrag beim Bezahlen an der Tankstelle abgezogen werden soll. Der Tankstellenbetreiber soll die Quittung später bei den Finanzbehörden einreichen können. Eine Entscheidung über die Maßnahme könnte der «Bild»-Zeitung zufolge womöglich schon in dieser Woche fallen.

Seit Beginn des Ukraine-Krieges vor gut zwei Wochen haben die Spritpreise extrem zugelegt. Diesel hat sich seither um fast 66 Cent pro Liter verteuert, E10 um gut 45 Cent.

Energiepreise belasten Wirtschaft  - Maßnahmen kommen

Die wegen des Ukraine-Kriegs stark gestiegenen Energiepreise drohen Unternehmen und Privathaushalte schwer zu belasten. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) warnte vor einer Kostenexplosion für Firmen und forderte die Bundesregierung zu kurzfristigen Stabilisierungsmaßnahmen auf. Politiker der Ampel-Koalition stellten zusätzliche Entlastungsmaßnahmen für Wirtschaft und Verbraucher in Aussicht.

Der Industrie gehen die beschlossenen Entlastungen nicht weit genug. Die vorgezogene Abschaffung der EEG-Umlage über die Stromrechnung sei ein wichtiges Signal, sagte der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer Achim Dercks. «Sie kann aber nur einen Bruchteil der höheren Beschaffungskosten ausgleichen. Nötig sind jetzt kurzfristige Stabilisierungsmaßnahmen, etwa eine Absenkung der staatlichen Umlagen und der Stromsteuer zusammen mit zinsgünstigen KfW-Krediten oder sogar direkten Notfallzahlungen.»

Die Bundesregierung arbeitet für Unternehmen aktuell an einem Kredit-Hilfsprogramm. Das soll diejenigen Unternehmen unterstützen, die von den EU-Sanktionen gegen Russland hart getroffen sind. Wie die «Bild»-Zeitung (Samstag) meldete, sind auch Überbrückungshilfen für Unternehmen im Gespräch, die stark gestiegene Rohstoffpreise nicht mehr tragen können. Außerdem werde eine Verlängerung der Kurzarbeiter-Regelung über den 30. Juni hinaus geprüft sowie eine nochmalige Anhebung der Pendlerpauschale.

Grund für die Notlage der Industrie ist, dass aktuell jede zweite Firma ihre Strom- und Gasversorgung für das laufende Jahr noch vertraglich absichern muss, wie der DIHK unter Verweis auf eine aktuelle Firmenbefragung erklärte. «Damit steht jedes zweite Unternehmen vor einer Kostenexplosion, die kaum aufzufangen ist», so Dercks. Bei Ausbruch des Krieges habe die Hälfte der Unternehmen ihre Strom- und Gasbeschaffung für das laufende Jahr noch nicht abgeschlossen gehabt, hieß es unter Verweis auf 2000 Rückmeldungen von Unternehmen aus allen Branchen.

Die hohe Zahl erkläre sich daraus, dass viele Unternehmen auf Grund der bereits extrem hohen Preise der vergangenen Monate abgewartet oder nur für kurze Zeiträume Lieferverträge abgeschlossen haben. In der Vergangenheit hätten viele Betriebe einmal im Jahr für die kommenden zwölf Monate beschafft. «Das hat sich durch die aktuelle Preisspirale deutlich verändert», so Dercks. Ein mittleres Unternehmen aus der Glasindustrie habe 2015 im Schnitt noch 100 000 Euro pro Monat für seine Energieversorgung bezahlt. Aktuell sei dafür der fünf- bis sechsfache Betrag fällig, manchmal sogar noch mehr.

Noch deutlich schwerere Folgen drohen für die Wirtschaft im Fall eines generellen EU-Embargos russischer Energielieferungen. Mehrere Wirtschaftsverbände hatten zuletzt davor gewarnt, ebenso wie Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne). Dieser sagte der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung»: «Wir reden bei einem sofortigen Importstopp über Versorgungsengpässe im nächsten Winter, über Wirtschaftseinbrüche und hohe Inflation, über Hunderttausende Menschen, die ihre Arbeit verlieren, und über Menschen, für die der Weg zur Arbeit kaum bezahlbar wird, Heizen und Strom ebenso.»

Der Minister sieht aber Fortschritte in den Bemühungen, die Abhängigkeit Deutschlands von russischem Öl, Kohle und Gas zu verringern. «Jeden Tag, ja faktisch jede Stunde verabschieden wir uns ein Stück weit von russischen Importen», sagte der Grünen-Politiker der Zeitung. «Wenn es gelingt, sind wir im Herbst unabhängig von russischer Kohle und Ende des Jahres nahezu unabhängig von Öl aus Russland. Bei Gas ist es komplizierter, weil wir keine eigenen LNG-Importkapazitäten haben. Die schaffen wir jetzt unter Hochdruck.»

Deutschland ist bisher abhängig von Energieimporten aus Russland. Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums liegt der Anteil russischer Importe an den fossilen Gasimporten nach Deutschland bei rund 55 Prozent, bei Kohle bei rund 50 Prozent und bei Rohöleinfuhren bei rund 35 Prozent. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Deutsche Bahn und S-Bahn München sprechen mit einer Recruiting-Kampagne gezielt Mitarbeiter aus der Gastronomie an. Das bringt den DEHOGA Bayern auf die Zinne. „Unverschämt“ und „hoch unanständig“ sei das, schimpft DEHOGA-Bayern-Chef Geppert und fordert Konsequenzen.

Kaum ein Thema treibt die gastgewerblichen Unternehmer so um wie die wachsende Bürokratie. In seiner neuen Broschüre „Rezepte für den Bürokratieabbau“ zeigt der DEHOGA Bundesverband die bürokratischen Pflichten für Gastronomie und Hotellerie im Detail auf und benennt seine Empfehlungen für den Bürokratieabbau.

„Die von der EU geplanten neuen Regelungen für die Pauschalreiserichtlinie kosten nicht nur Geld, sie verzerren auch den Wettbewerb weiter – zu Lasten der organisierten Reise“, kritisierte der DRV-Präsident bei einer Anhörung im Bundestag.

Bundesfinanzminister Christian Lindner hat den Vorstoß von Bundeskanzler Olaf Scholz für eine Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf 15 Euro zurückgewiesen. Auf Dauer würde es für Arbeitsplätze gefährlich, wenn sich die Politik hier einmische.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich für eine schrittweise Erhöhung des Mindestlohns auf 15 Euro ausgesprochen. Gleichzeitig übte er Kritik an der Mindestlohnkommission.

Der DEHOGA Bayern sowie die Gewerkschaft NGG konnten sich in München nicht auf einen neuen Entgelttarifvertrag für Bayerns Hotellerie und Gastronomie einigen. Die Gewerkschaft NGG brach die Gespräche am Montag ab. Nun plane man Aktionen bis hin zum Warnstreik. Die Arbeitgeber hatten die NGG-Forderungen als unrealistisch zurückgewiesen.

Die Europäische Kommission hat heute Booking Holdings, die Muttergesellschaft von Booking.com, als Gatekeeper-Plattform im Sinne des Digital Markets Act benannt. Booking.com hat nun sechs Monate Zeit, um alle Gebote und Verbote als Gatekeeper zu erfüllen.

Der DEHOGA Bundesverband macht noch einmal auf die Frist für die Schlussabrechnungen der Corona-Wirtschaftshilfen (Überbrückungs-, November- und Dezemberhilfen) aufmerksam: Diese können nach der letztmaligen Fristverlängerung vom März noch bis zum 30. September 2024 eingereicht werden.

Mit Blick auf die Europawahl am 9. Juni starten die in der Arbeitsgemeinschaft Mittelstand zusammengeschlossenen Verbände einen gemeinsamen Wahlaufruf mit Reformvorschlägen.

Die Regierungskoalition aus CSU und Freien Wählern drückt beim geplanten Cannabis-Verbot, insbesondere für Volksfeste und Biergärten, aufs Tempo. Zudem soll das Kiffen auch in ausgewiesenen Raucherräumen und Raucherbereichen verboten werden.