Mehr Rechte für Angestellte bei Lieferdiensten und Co. vorerst vom Tisch

| Politik Politik

EU-Pläne für einen besseren Schutz von Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Online-Plattformen sind vorerst vom Tisch. Ein entsprechendes Regelwerk fand bei einer Abstimmung der Vertreterinnen und Vertreter der EU-Staaten nicht die notwendige Mehrheit, wie die belgische Ratspräsidentschaft mitteilte. 

«Wir glauben, dass diese Richtlinie, die einen wichtigen Schritt nach vorn für die Arbeitnehmerschaft sein soll, bereits einen weiten Weg zurückgelegt hat. Wir werden nun über die nächsten Schritte nachdenken», hieß es auf X, ehemals Twitter. Die Abstimmung galt als entscheidende Hürde, damit das Vorhaben in Kraft treten kann.

Mit den geplanten Regeln sollen Menschen, die über eine Online-Plattform etwa als Taxifahrer, Hausangestellte oder Essenslieferanten arbeiten, besser vor Scheinselbstständigkeit geschützt werden. So soll künftig angenommen werden, dass Arbeitnehmer Beschäftigte und keine Selbstständigen sind, wenn Indizien etwa auf eine Kontrolle der Mitarbeitenden vorliegen. Die Beweispflicht für das Gegenteil soll Angaben des EU-Parlaments zufolge bei den Plattformen liegen - sie müssten dann beweisen, dass kein Beschäftigungsverhältnis besteht.

Erneut Uneinigkeit in der Ampel

Unter anderem die Bundesregierung hatte sich nach Angaben von EU-Diplomaten bei der Abstimmung enthalten, weil es unterschiedliche Ansichten zu dem Vorhaben gibt. So hatten sich vor allem FDP-Vertreter gegen das Gesetz ausgesprochen. Wegen unterschiedlicher Ansichten innerhalb der Regierung muss sich Deutschland öfter bei Entscheidungen auf EU-Ebene enthalten. Streit in der Ampel gab es auf den letzten Metern kürzlich auch bei anderen EU-Vorhaben wie neuen Flottengrenzwerten für schwere Nutzfahrzeuge, dem Gesetz um künstliche Intelligenz und dem EU-Lieferkettengesetz. 

Eigentlich hatten sich Unterhändlerinnen und Unterhändler der EU-Staaten und des Europaparlaments bereits zuvor auf das neue EU-Gesetz verständigt.

Stimmen aus der Wirtschaft

Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) begrüßte die gescheiterte Abstimmung am Freitag. «Wir haben in Deutschland geeignete Verfahren, um den Beschäftigungsstatus von Plattformtätigen korrekt zu ermitteln», teilte der Verband mit. «Eine EU-Richtlinie, die unnötigerweise in unser deutsches Arbeitsrecht eingreift, ist daher überflüssig.» Der Fahrdienstleister Uber kritisierte, die Richtlinie gehe gegen die Wünsche der Plattform-Arbeiter. Jegliche EU-Regelung müsse die Unabhängigkeit, die die Arbeitnehmer wollen, wahren und ihnen gleichzeitig den Schutz bieten, den sie verdienen. 

Der Essenslieferant Lieferando bedauerte hingegen, dass keine Mehrheit für das Vorhaben gefunden werden konnte. Das Unternehmen stelle bereits alle seine Fahrerinnen und Fahrer regulär an - «mit allen entsprechenden Bezügen und Rechten für die Beschäftigten». (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Das Segment Alkoholfreier Wein ist zurzeit das Einzige, das weltweit ansteigt. Gleichzeitig gibt es in der Weinverordnung einige Regelungen, die die Vermarktung alkoholfreier Weine von Weingütern mit Trauben aus der Region erschweren.

Der Bayerische Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA Bayern und die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten NGG haben sich auf einen neuen Entgelttarifvertrag geeinigt. Dem Abschluss waren lange Verhandlungen vorausgegangen. Die Gewerkschaft dachte sogar über Warnstreiks nach und wurde dafür von Dorint-Boss Iserlohe scharf kritisiert.

Der Essenslieferant Delivery Hero mit Hauptsitz in Berlin steht schon länger im Fokus der EU-Wettbewerbshüter. Nun leitet Brüssel den nächsten Schritt ein. Eine Strafe von mehr als 400 Millionen ist möglich.

Der DEHOGA und die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten haben sich in der Tarifrunde 2024 auf einen Tarifabschluss für die Beschäftigten in Gastronomie und Hotellerie geeinigt.

Nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie gerieten viele Unternehmen in finanzielle Schwierigkeiten. Der Bund unterstützte sie mit milliardenschweren Hilfspaketen. Viele Rückforderungen landen jetzt vor Gericht. Es geht um Milliarden.

Hotels und Restaurants klagen teilweise über schlechte Umsätze. Jetzt fordert die NGG in Baden-Württemberg 15 Prozent mehr Geld für die Beschäftigten. Die Arbeitgeber reagieren mit Unverständnis.

Der Landtag beschließt eine Fülle von Verboten beim Konsum von Cannabis im Freistaat. Kritiker sehen in dem neuen Gesetz Hysterie und fordern ein Ende des Kulturkampfs. Die Wiesn-Wirte zeigen sich zufrieden.

Das Bundeskabinett verschärft das Luftsicherheitsgesetz, um radikale Klimaschützer und andere Störer von gefährlichen Aktionen auf Flughäfen abzuhalten. Stimmt der Bundestag zu, sind künftig auch Freiheitsstrafen möglich.

Nach dem Bundestag hat nun auch der Bundesrat dem Berufsvalidierungs- und -digitalisierungsgesetz (BVaDiG) zugestimmt. Das Gesetz tritt damit am 1. August in Kraft. Vom DEHOGA kommt Zuspruch aber auch Kritik.

Die Ampel will mit steuerlichen Vorteilen Fachleute nach Deutschland locken. Aus der Opposition kommt scharfe Kritik. Auch die Bevölkerung steht dem Vorhaben mehrheitlich kritisch gegenüber.