Ratgeber zur Beschäftigung ukrainischer Flüchtlinge in Hotels und Gastronomie in Deutschland

| Politik Politik

Allerorten engagieren sich Hoteliers und Gastronomen für aus der Ukraine geflüchtete Menschen. Auch langfristig kann das Gastgewerbe eine wichtige Rolle spielen, um den Menschen aus der Ukraine Perspektiven zu bieten. Ein Ratgeber zeigt auf, wie es gelingt, Flüchtlinge bei der Integration in den Arbeitsmarkt zu unterstützen und welche rechtlichen Fallstricke es zu beachten gilt.

Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine sind mehr als drei Millionen Menschen aus dem Land geflohen, davon über 200.000 nach Deutschland. Bei ihrer Aufnahme und Versorgung haben sich Hoteliers und Gastronomen in der ganzen Bundesrepublik engagiert, sei es durch Geld- und Sachspenden oder die großzügige Unterbringung Geflüchteter in den eigenen Räumlichkeiten. Und auch langfristig kann das Gastgewerbe eine wichtige Rolle spielen, um den Menschen aus der Ukraine eine langfristige Perspektive zu bieten.

Durch das Inkrafttreten der „Massenzustromrichtlinie“ auf europäischer Ebene wurden nun die Voraussetzungen geschaffen, den Geflohenen einen sicheren Aufenthaltsstatus und eine Arbeitserlaubnis in der EU zu ermöglichen. In einem aktualisierten FAQ-Artikel zeigen die ETL Rechtsanwälte, wie es Arbeitgebern auch im Gastgewerbe gelingt, ukrainische Flüchtlinge bei der Integration in den deutschen Arbeitsmarkt zu unterstützen und welche rechtlichen Fallstricke es zu beachten gilt.

Wie ist für ukrainische Staatsangehörige die Einreise nach Deutschland möglich?

Seit 2017 besteht die EU-Visafreiheit für ukrainische Staatsbürger, sofern sie über einen biometrischen Reisepass verfügen. Ist dies nicht der Fall, wird ihnen ein Schengen-Visum erteilt. In beiden Fällen dürfen sich ukrainische Staatsangehörige an 90 Tagen im Halbjahr in der EU und damit in Deutschland rechtmäßig aufhalten, jedoch keine Erwerbstätigkeit ausüben.

Gibt es Sonderregelungen für ukrainische Staatsangehörige, die vor dem Krieg in ihrem Land nach Deutschland geflüchtet sind?

Am 8. März ist die Ukraine-Aufenthalts-Übergangsverordnung in Kraft getreten, die bis zum Ablauf des 23. Mai 2022 gilt. Nach dieser Vorschrift sind Ausländer, die sich am 24. Februar 2022 in der Ukraine aufgehalten haben und die bis zum Außerkrafttreten dieser Verordnung in das Bundesgebiet eingereist sind, vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels befreit. Dies gilt auch für Ukrainische Staatsangehörige, die am 24. Februar 2022 einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Ukraine hatten, aber die sich zu diesem Zeitpunkt vorübergehend nicht in der Ukraine aufgehalten haben, sowie für in der Ukraine anerkannte und Personen, die in der Ukraine internationalen oder gleichwertigen nationalen Schutz genießen. Selbstverständlich gilt diese Befreiung vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels auch für ukrainische Staatsangehörige, die sich am 24. Februar 2022 bereits rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten haben, ohne den für einen langfristigen Aufenthalt im Bundesgebiet erforderlichen Aufenthaltstitel zu besitzen.

Dürfen ukrainische Staatsangehörige in Deutschland eine Erwerbstätigkeit ausüben?

Grundsätzlich dürfen nur Ausländer, die einen Aufenthaltstitel besitzen, eine Erwerbstätigkeit ausüben. Dies gilt auch für ukrainische Kriegsflüchtlinge. Die Zulassung ausländischer Beschäftigter orientiert sich an den Erfordernissen des Wirtschafts- und Wissenschaftsstandortes Deutschland unter Berücksichtigung der Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt und ist unter den Voraussetzungen der Fachkräfteeinwanderung möglich.

Gibt es für ukrainische Kriegsflüchtlinge auch andere Möglichkeiten eine Beschäftigung in Deutschland aufzunehmen?

Einem Ausländer, dem auf Grund eines Beschlusses des Rates der Europäischen Union gemäß der Richtlinie 2001/55/EG (Massenzustromrichtlinie) vorübergehender Schutz gewährt wird und der seine Bereitschaft erklärt hat, im Bundesgebiet aufgenommen zu werden, wird für Dauer von zunächst einem Jahr eine Aufenthaltserlaubnis erteilt (§ 24 Aufenthaltsgesetz). Dieser Beschluss des Rates der Europäischen Union ist am 04.03.2022 im Amtsblatt der EU veröffentlicht worden und am gleichen Tag in Kraft getreten.

Der Aufenthaltstitel nach § 24 AufenthG ermöglicht zwar grundsätzlich nicht die Aufnahme einer abhängigen Beschäftigung. Es besteht jedoch ausdrücklich die Möglichkeit, dass die zuständige Ausländerbehörde hiervon eine Ausnahme macht und die Beschäftigung erlaubt.

Liegt es im freien Ermessen der Behörde, für einen Aufenthaltstitel nach § 24 AufenthG eine Beschäftigung zu erlauben?

Nach Art. 12 der Massenzustromrichtlinie gestatten die Mitgliedstaaten Personen, die vorübergehenden Schutz genießen, die Ausübung einer abhängigen oder selbständigen Erwerbstätigkeit nach für den jeweiligen Berufsstand geltenden Regeln sowie von Tätigkeiten in Bereichen wie z. B. Bildungsangebote für Erwachsene, berufliche Fortbildung und praktische Erfahrungen am Arbeitsplatz. Diese Vorgaben des europäischen Rechts dürften das Ermessen der Ausländerbehörden auf die Pflicht zur Erteilung eines Aufenthaltstitels mit der Erlaubnis zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit reduzieren.

Muss die Bundesagentur für Arbeit einer Erteilung der Arbeitserlaubnis zustimmen?

Nach der Massenzustromrichtlinie können die Mitgliedstaaten EU-Bürgern, Staatsangehörigen der Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sowie Drittstaatsangehörigen mit rechtmäßigem Aufenthalt, die Arbeitslosengeld beziehen, aus Gründen der Arbeitsmarktpolitik Vorrang einräumen. Davon hat die Bundesrepublik jedoch keinen Gebrauch gemacht. Nach § 31 der Beschäftigungsverordnung bedarf die Erteilung der Erlaubnis zur Beschäftigung an Ausländerinnen und Ausländer mit einer Aufenthaltserlaubnis, die nach § 24 des Aufenthaltsgesetzes erteilt worden ist, keiner Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit.

Ist eine Beschäftigung auch ohne Aufenthaltstitel möglich?

Nein, auch für ohne weiteres aufenthaltsberechtigte ukrainische Kriegsflüchtlinge gilt: Eine Beschäftigung ohne Aufenthaltstitel, der die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit ausdrücklich erlaubt, ist unzulässig und strafbar! Bei der zuständigen Ausländerbehörde kann jedoch unbürokratisch ein Aufenthaltstitel mit Erwerbsberechtigung beantragt werden.

Was gilt es zu beachten?

Hierbei sollte unbedingt beachtet werden, dass der Aufenthaltstitel mit integrierter Arbeitserlaubnis zwingend vor Arbeitsbeginn vorliegen muss! Das Bundesinnenministerium hat den Ländern dringend empfohlen, bereits bei Erteilung der Aufenthaltserlaubnis in den Aufenthaltstitel einzutragen, dass die Beschäftigung erlaubt ist (vgl. https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/AsylFluechtlingsschutz/faq-ukraine.pdf?__blob=publicationFile&v=17).

Was gilt für Fachkräfte?

Auch Fahkräfte, d.h. Personen, die eine Berufsausbildung/Universitätsabschluss haben, können alternativ zu dem humanitären Aufenthaltstitel nach § 24 AufenthG einen Aufenthaltstitel erlangen: Voraussetzung ist allerdings u.a., dass die Berufsausbildung bzw. Hochschulabschluss als mit dem deutschen Abschluss / Ausbildung gleichwertig anerkannt ist.

Über ETL ADHOGA

Die ETL ADHOGA Steuerberatungsgesellschaft AG ist als Teil der ETL-Gruppe auf die Beratung von Gastronomen und Hoteliers rund um die Themen Steuern, Recht und Unternehmensführung spezialisiert.

Zu den Leistungen von ETL ADHOGA im Bereich der Steuerberatung für Hotels und Gaststätten zählen die klassische Steuerberatung, Finanz- und Lohnbuchhaltung, Bilanzen und Steuererklärungen sowie betriebswirtschaftliche Beratung. Deutschlandweit verzeichnen die auf Hotellerie und Gastronomie spezialisierten Berater von ETL ADHOGA bereits über 1.000 Mandanten. Im Rahmen der gesamten ETL-Gruppe werden über 4.000 Hotellerie- und Gastronomiebetriebe betreut.


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Der Essenslieferant Delivery Hero mit Hauptsitz in Berlin steht schon länger im Fokus der EU-Wettbewerbshüter. Nun leitet Brüssel den nächsten Schritt ein. Eine Strafe von mehr als 400 Millionen ist möglich.

Der DEHOGA und die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten haben sich in der Tarifrunde 2024 auf einen Tarifabschluss für die Beschäftigten in Gastronomie und Hotellerie geeinigt.

Nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie gerieten viele Unternehmen in finanzielle Schwierigkeiten. Der Bund unterstützte sie mit milliardenschweren Hilfspaketen. Viele Rückforderungen landen jetzt vor Gericht. Es geht um Milliarden.

Hotels und Restaurants klagen teilweise über schlechte Umsätze. Jetzt fordert die NGG in Baden-Württemberg 15 Prozent mehr Geld für die Beschäftigten. Die Arbeitgeber reagieren mit Unverständnis.

Der Landtag beschließt eine Fülle von Verboten beim Konsum von Cannabis im Freistaat. Kritiker sehen in dem neuen Gesetz Hysterie und fordern ein Ende des Kulturkampfs. Die Wiesn-Wirte zeigen sich zufrieden.

Das Bundeskabinett verschärft das Luftsicherheitsgesetz, um radikale Klimaschützer und andere Störer von gefährlichen Aktionen auf Flughäfen abzuhalten. Stimmt der Bundestag zu, sind künftig auch Freiheitsstrafen möglich.

Nach dem Bundestag hat nun auch der Bundesrat dem Berufsvalidierungs- und -digitalisierungsgesetz (BVaDiG) zugestimmt. Das Gesetz tritt damit am 1. August in Kraft. Vom DEHOGA kommt Zuspruch aber auch Kritik.

Die Ampel will mit steuerlichen Vorteilen Fachleute nach Deutschland locken. Aus der Opposition kommt scharfe Kritik. Auch die Bevölkerung steht dem Vorhaben mehrheitlich kritisch gegenüber.

Die erste Tarifverhandlung zwischen der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten und dem Bundesverband der Systemgastronomie ist ohne Ergebnis geendet. Laut Gewerkschaft sei das Angebot jedoch völlig indiskutabel. Die Arbeitgeber sprechen hingegen von einer guten und konstruktiven Atmosphäre.

In Thüringen gibt es immer weniger Gastronomie-Betriebe. Dieser Trend soll aufgehalten werden. Nun gibt es Geld vom Land - allerdings mit Voraussetzungen.