Scholz sieht Arbeitgeber in Krise gefordert

| Politik Politik

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat zu einer gemeinsamen Überwindung der Preis- und Energiekrise in Deutschland aufgerufen. So sei er froh, dass Arbeitgeber und Gewerkschaften in dieser Woche erneut in der konzertierten Aktion zusammenkämen, um gemeinsam zu beraten, was zu tun sei, sagte Scholz am Dienstag beim Deutschen Arbeitgebertag in Berlin. Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger machte deutlich, dass die Unternehmen erhebliche Rezessionsängste hätten. Der Bundesregierung warf Dulger etwa beim geplanten Bürgergeld eine verfehlte Politik vor.

Auf Einladung von Scholz kommen Spitzenvertreter von Arbeitgebern und Gewerkschaften an diesem Donnerstag erneut zu Beratungen über Maßnahmen gegen die Inflation zusammen. Eine Aufgabe dieser konzertierten Aktion sei es, dass das Unterhaken in den Betrieben gelinge, sagte Scholz. Er erinnerte daran, dass die Regierung mögliche Unterstützungszahlungen der Unternehmen an die Beschäftigten bis zu 3000 Euro steuer- und abgabenfrei stellen wolle.

Dulger wies auf die «dramatische Konjunkturlage» infolge des russischen Angriffskriegs in der Ukraine und die «heftigen Lieferengpässe» hin. «Eine Rezession ist wahrscheinlich, als mittelständischer Unternehmer spüre ich das jeden Tag», sagte Dulger, der selbst ein Familienunternehmen führt.

Dulger warf der Bundesregierung vor, mit ihrem Kurs bei der Atomkraft die Energieversorgung aufs Spiel zu setzen. «Es fühlt sich so an, wie wenn auf der Titanic alle Rettungsboote über Bord geworfen werden, die Musikkapelle spielt im Speisesaal weiter, und man verlässt sich darauf, dass vielleicht doch nicht so viel Wasser eindringt.»

Scholz hingegen versicherte: «Wir werden dafür Sorge tragen, dass es möglich ist, dass die süddeutschen Atomkraftwerke im Januar und Februar und März noch laufen können, damit es auf keinen Fall zu einem Engpass im deutschen Strommarkt kommt.» Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte vorgeschlagen, die zwei süddeutschen Kraftwerke Isar 2 und Neckarwestheim für den Fall von Engpässen noch bis Mitte April einsatzbereit zu halten. Eigentlich sollten alle deutschen Atomkraftwerke zum Jahresende vom Netz gehen.

Scholz bekräftigte, dass die Errichtung von Flüssiggasterminals an den norddeutschen Küsten vorankomme. «Im Januar des kommenden Jahres werden die ersten dieser neuen Terminals ihre Tätigkeit aufnehmen, werden Pipelineverbindungen ausgebaut und aufgebaut sein, und am Ende des nächsten Jahres haben wir wohl Importmöglichkeiten in Wilhelmshaven, in Stade, in Brunsbüttel, in Lubmin und sind dann in der Lage, all das Gas, was wir brauchen, zu importieren – unabhängig von Russland.»

Die Bundesregierung habe frühzeitig Vorkehrungen getroffen, um unabhängig von russischem Gas zu werden. «Wir kommen wohl durch diesen Winter.» Die Gasspeicher seien zu 85 Prozent gefüllt, bekräftigte Scholz. Die Regierung werde weitere Maßnahmen ergreifen, damit die Preise wieder sinken.

Dulger warf der Regierung eine verfehlte Sozialpolitik vor. Das geplante Bürgergeld kritisierte er als «fatale Wegmarke». «Es ist kein Zeichen von Fairness und Respekt gegenüber den arbeitenden Menschen», so der Arbeitgeberpräsident. Am Mittwoch will das Bundeskabinett über einen Entwurf zum Bürgergeld beraten, das zum 1. Januar das heutige Hartz-IV-System ablösen soll. Den Arbeitgebern geht es laut Dulger darum, alle Menschen dazu zu bewegen, dauerhaft auf eigenen Beinen zu stehen. «Jeder Einzelne muss eine Chance bekommen, sich und die eigenen Fähigkeiten in die Gesellschaft und auch die Arbeitswelt einzubringen.» (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Der DEHOGA und die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten haben sich in der Tarifrunde 2024 auf einen Tarifabschluss für die Beschäftigten in Gastronomie und Hotellerie geeinigt.

Nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie gerieten viele Unternehmen in finanzielle Schwierigkeiten. Der Bund unterstützte sie mit milliardenschweren Hilfspaketen. Viele Rückforderungen landen jetzt vor Gericht. Es geht um Milliarden.

Hotels und Restaurants klagen teilweise über schlechte Umsätze. Jetzt fordert die NGG in Baden-Württemberg 15 Prozent mehr Geld für die Beschäftigten. Die Arbeitgeber reagieren mit Unverständnis.

Der Landtag beschließt eine Fülle von Verboten beim Konsum von Cannabis im Freistaat. Kritiker sehen in dem neuen Gesetz Hysterie und fordern ein Ende des Kulturkampfs. Die Wiesn-Wirte zeigen sich zufrieden.

Das Bundeskabinett verschärft das Luftsicherheitsgesetz, um radikale Klimaschützer und andere Störer von gefährlichen Aktionen auf Flughäfen abzuhalten. Stimmt der Bundestag zu, sind künftig auch Freiheitsstrafen möglich.

Nach dem Bundestag hat nun auch der Bundesrat dem Berufsvalidierungs- und -digitalisierungsgesetz (BVaDiG) zugestimmt. Das Gesetz tritt damit am 1. August in Kraft. Vom DEHOGA kommt Zuspruch aber auch Kritik.

Die Ampel will mit steuerlichen Vorteilen Fachleute nach Deutschland locken. Aus der Opposition kommt scharfe Kritik. Auch die Bevölkerung steht dem Vorhaben mehrheitlich kritisch gegenüber.

Die erste Tarifverhandlung zwischen der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten und dem Bundesverband der Systemgastronomie ist ohne Ergebnis geendet. Laut Gewerkschaft sei das Angebot jedoch völlig indiskutabel. Die Arbeitgeber sprechen hingegen von einer guten und konstruktiven Atmosphäre.

In Thüringen gibt es immer weniger Gastronomie-Betriebe. Dieser Trend soll aufgehalten werden. Nun gibt es Geld vom Land - allerdings mit Voraussetzungen.

Jugendliche zwischen 14 und 16 Jahren dürfen in Gaststätten Alkohol trinken, wenn die Eltern dabei sind. Nicht nur der Bundesgesundheitsminister möchte das ändern. Niedersachsens Gesundheitsminister Andreas Philippi bringt eine Freigabe von Alkohol erst ab 18 Jahren ins Spiel.