Von der Corona-Krise besonders getroffene Unternehmen können mit weiterer staatlicher Unterstützung rechnen. Die Wirtschaftsminister der Bundesländer forderten am Freitag, die bisher bis Ende September geplanten Finanzmittel bis zum Jahresende fortzusetzen.
Dieser Appell richtet sich an den Bund, der die bisherige Überbrückungshilfe III zahlt. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier machte nach einem Treffen mit seinen Länder-Ressortkollegen klar, dass er einer Verlängerung nicht abgeneigt ist. Man werde sich die Situation anschauen und die Hilfe gegebenenfalls nach der Sommerpause verlängern.
Die Corona-Hilfen gelten nur für Firmen, die starke Umsatzeinbrüche nachweisen und diese auf die Pandemie zurückführen können. Da es mit der Wirtschaft derzeit wieder aufwärts geht und wieder mehr Geschäft gemacht wird, sinkt die Zahl der antragsberechtigten Unternehmen.
Bisher habe man insgesamt 105 Milliarden Euro an Unternehmen als Corona-Hilfen überwiesen, sagte Altmaier. Dabei handele es sich etwa zur Hälfte um Kredite und zur Hälfte um Zuschüsse, die nicht zurückgezahlt werden müssen. Hinzu kommt Geld von den Ländern. Die staatliche Unterstützung hat sich nach Altmaiers Darstellung ausgezahlt. «Wir haben es gemeinsam geschafft, dass ein Substanzverlust der deutschen Wirtschaft verhindert worden ist.»
Vor dem Hintergrund gesunkener Infektionszahlen und der Aufhebung von Einschränkungen sagte Altmaier, die Wirtschaft komme «schneller als von vielen befürchtet zu einem Neustart». Das Wachstum ziehe an - in diesem Jahr werde es bei 3,5 bis 4 Prozent liegen und 2022 bei mehr als 4 Prozent. Spätestens im Frühjahr 2022 werde die Wirtschaft das Vorkrisenniveau erreicht haben. «Das heißt, wir sind aus dem Gröbsten hoffentlich raus», so der CDU-Politiker. Als die noch bis Ende Juni laufende Überbrückungshilfe um drei Monate als Überbrückungshilfe III plus verlängert worden sei, sei er ohnehin für eine Fortsetzung bis Jahresende gewesen.
Nordrhein-Westfalens Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart sprach sich dafür aus, Branchen wie das Messewesen weiter zu stützen. Schließlich könnten die «im vierten Quartal mutmaßlich noch nicht in der Weise werden arbeiten können, wie es zu normalen Zeiten üblich ist». Zudem hält der FDP-Politiker die Verlängerung der Bundeshilfen für eine gute Vorsorge für mögliche steigende Inzidenzen im Herbst. Dann müsste man «nicht aus der Hüfte ein neues Programm auflegen», sondern wäre schon vorbereitet.
Die saarländische Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger hält die in Aussicht stehende Verlängerung der Hilfen für «ein absicherndes Signal» an die Wirtschaft. «Wir müssen uns um die Branchen kümmern, die noch immer unter der Pandemie leiden.» Sie betonte, dass die Zeit genutzt werden sollte, um sich für alle Eventualitäten im Herbst und Winter vorzubereiten. Sollte man wegen der Pandemie nochmal zu Einschränkungen gezwungen sein, könnte es «andere, klügere Maßnahmen» geben, die Aspekten wie einer hohen Impfquote Rechnung tragen würden.
Abseits des Politikertreffens beschrieb Jörn Holtmeier, Geschäftsführer des Messeverbandes Auma, die Lage in seiner langfristig planenden Branche als «katastrophal». Im September fänden zwar erste Branchentreffs wieder statt, die Zahl der Messen bis Jahresende sei aber übersichtlich. Es habe viele Absagen gegeben.
«Wenn ein Messebauer endlich wieder einen Auftrag für seine erste Messe im November oder Dezember bekommt, dann im Oktober aber kein Geld mehr vom Staat bekommt, so kann das die ohnehin angespannte Finanzlage seines Unternehmens extrem verschlechtern.» Dann seien Firmenpleiten möglich - «und das, nachdem man so lange durchgehalten hat und auch dank der Staatshilfen die Firma irgendwie über Wasser gehalten hat», sagte Holtmeier.
Es geht vor allem um Messebauer, Caterer und um private Messeveranstalter. Messegesellschaften, die Kommunen und dem Land gehören, haben keinen Anspruch auf die Corona-Hilfen des Bundes. Holtmeier ist ebenfalls für eine Verlängerung der Hilfen bis zum Jahresende. Dies wäre nur ein Sicherheitsnetz, sagte er. «Einige Firmen werden schon vorher wieder Aufträge bekommen und Umsatz machen, die werden die Hilfe dann nicht in Anspruch nehmen müssen.»
Deutschlands Messebranche hat nach Auma-Angaben etwa 231 000 Beschäftigte. Hierbei sind nicht nur Veranstalter und Messebauer eingeschlossen, sondern auch Betriebe mit starkem Messegeschäft - ein Hotel etwa, das den Großteil seines Geschäfts mit Messebesuchern macht, wird in die Beschäftigtenzahl anteilig eingerechnet. Seit März 2020 hat die Krise in der Messebranche laut Ifo-Institut zu einem volkswirtschaftlichen Schaden von schätzungsweise 40 Milliarden Euro geführt: Händler konnten auf den Branchentreffs nichts mehr einkaufen, und es gab keine Besucher mehr, die für Restaurantbesuche, Hotelübernachtungen oder Taxifahrten Geld ausgeben. (dpa)