Von Kohlrabi bis Kfz-Steuer - Möglichkeiten für weniger Lebensmittelabfälle

| Politik Politik

Im Kampf gegen die Verschwendung von Lebensmitteln schlagen Experten praktische Änderungen vor, damit deutlich weniger Produkte unnötig im Müll landen. Mit jedem nicht zur Ernährung genutzten Lebensmittel sei ein hoher Verbrauch kostbarer Ressourcen verbunden, heißt es in einer Stellungnahme des Verbraucherzentrale Bundesverbands für eine Bundestagsanhörung an diesem Montag. Konkret regt der Verband darin etwa Umstellungen bei Gemüse und Obst im Supermarkt an. So sollten Radieschen und Kohlrabi ohne schmückendes Blattwerk verkauft werden, das für eine schnellere Verdunstung von Feuchtigkeit sorge und damit zu einem baldigen Verderb führen könne.

Einige Obst- und Gemüsearten würden oft zu Preisen pro Stück und nicht nach Gewicht verkauft, erläutern die Verbraucherschützer. Was nicht der Mindestgröße oder dem Mindestgewicht entspricht, schaffe es dann aber möglicherweise nicht in die Geschäfte. Der Handel sollte daher auf eigene Anforderungen an Größe, Einheitlichkeit und Aussehen verzichten. «Auch im Supermarkt sollte eine naturnahe Sortierung zur Normalität werden.» Unterschiedlich großes Gemüse sollte generell nach Gewicht und nicht zu Preisen pro Stück verkauft werden. So könnten Kundinnen und Kunden auch bedarfsgerechter einkaufen.

Der Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels weist auf Tücken bei Abgaben an Organisationen wie die Tafeln hin. Bei losem Obst und Gemüse müssten Informationen zu Ursprung, Handelsklasse und Mitteln zur Oberflächenbehandlung produktgenau zur Verfügung gestellt werden, heißt es in der Stellungnahme für die Anhörung im Ernährungsausschuss des Parlaments. Dies stelle eine große Hürde für Spenden dar, weil überschüssiges Obst und Gemüse am Ende des Tages aus verschiedenen Chargen stamme und die Infos per Hand zugeordnet werden müssten.

Bei Produkten mit kürzlich überschrittenem Mindesthaltbarkeitsdatum gebe es aktuell keine rechtssichere Abgabe-Möglichkeit. Ein Joghurt, der im Regelfall auch Tage nach dem abgelaufenen Datum essbar sei, könne nicht gespendet werden, da vorher geprüft werden müsste, ob er verkehrsfähig und sicher sei. Das könne nur durch Öffnen und Prüfen geschehen, was aber ersichtlich nicht in Frage komme, erläutert der Verband. Daher wäre ein Haftungsausschluss für die Spender bei der Abgabe an karitative Organisationen und Einrichtungen erforderlich.

Der Dachverband Tafel Deutschland mahnt in seiner Stellungnahme bessere Rahmenbedingungen der Aktivitäten vor Ort an. Bei den 970 Tafeln mit etwa vier Fahrzeugen pro Standort würde eine Befreiung von der KfZ-Steuer eine bundesweite Ersparnis von 1,5 Millionen Euro bringen. Zudem weist der Verband darauf hin, dass ab 1. Juli 2024 auch schon kleinere Transporter ab 3,5 Tonnen Lkw-Maut auf Autobahnen und Bundesstraßen zahlen sollen. Die Kosten wären für Tafeln und andere gemeinnützige Organisationen eine zusätzliche Belastung.

Jährlich landen in Deutschland elf Millionen Tonnen Lebensmittel auf dem Müll, wie das Statistische Bundesamt nach Daten für 2020 ermittelte. Dabei entfielen 7 Prozent oder 762 000 Tonnen auf den Handel. Der Großteil entstand mit 59 Prozent in Privathaushalten. Weitere 17 Prozent fielen in Gaststätten und Kantinen an, 15 Prozent in der Verarbeitung und 2 Prozent in der Landwirtschaft.

Erklärtes Ziel der Bundesregierung ist, Lebensmittelabfälle bis 2030 zu halbieren. Noch die vorherige Regierung hatte dazu eine Strategie angestoßen, die Regelungen auf freiwilliger Basis für die jeweiligen Stufen der Lebensmittelkette von der Ernte zum Teller anstrebt. Für die Außer-Haus-Verpflegung der Gastronomie sowie für Supermärkte und den Großhandel wurden Zielvereinbarungen abgeschlossen. Agrarminister Cem Özdemir ruft zu einem bewussterem Umgang mit Lebensmitteln auf. Zu viel gekauft, zu viel gekocht oder zu viel auf den Teller geladen - alle könnten dazu beitragen, dass die enorme Verschwendung aufhöre, sagte der Grünen-Politiker kürzlich anlässlich einer Aktionswoche. (dpa)


Zurück

Vielleicht auch interessant

Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich für eine schrittweise Erhöhung des Mindestlohns auf 15 Euro ausgesprochen. Gleichzeitig übte er Kritik an der Mindestlohnkommission.

Der DEHOGA Bayern sowie die Gewerkschaft NGG konnten sich in München nicht auf einen neuen Entgelttarifvertrag für Bayerns Hotellerie und Gastronomie einigen. Die Gewerkschaft NGG brach die Gespräche am Montag ab. Nun plane man Aktionen bis hin zum Warnstreik. Die Arbeitgeber hatten die NGG-Forderungen als unrealistisch zurückgewiesen.

Die Europäische Kommission hat heute Booking Holdings, die Muttergesellschaft von Booking.com, als Gatekeeper-Plattform im Sinne des Digital Markets Act benannt. Booking.com hat nun sechs Monate Zeit, um alle Gebote und Verbote als Gatekeeper zu erfüllen.

Der DEHOGA Bundesverband macht noch einmal auf die Frist für die Schlussabrechnungen der Corona-Wirtschaftshilfen (Überbrückungs-, November- und Dezemberhilfen) aufmerksam: Diese können nach der letztmaligen Fristverlängerung vom März noch bis zum 30. September 2024 eingereicht werden.

Mit Blick auf die Europawahl am 9. Juni starten die in der Arbeitsgemeinschaft Mittelstand zusammengeschlossenen Verbände einen gemeinsamen Wahlaufruf mit Reformvorschlägen.

Die Regierungskoalition aus CSU und Freien Wählern drückt beim geplanten Cannabis-Verbot, insbesondere für Volksfeste und Biergärten, aufs Tempo. Zudem soll das Kiffen auch in ausgewiesenen Raucherräumen und Raucherbereichen verboten werden.

Einen Monat vor der Wahl des Europäischen Parlaments am 9. Juni haben der Hotelverband Deutschland und der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband den detaillierten Forderungskatalog des Gastgewerbes an die europäische Politik der Öffentlichkeit präsentiert.

Als erstes Bundesland wird Bayern seine Städte und die ländlichen Räume bei der Akquisition von Tagungen und Kongressen aktiv unterstützen. Dazu hat die Bayerische Tourismusministerin Michaela Kaniber eine Initiative für Bayerns Kongresswirtschaft vorgestellt.

Das Handelsblatt hat eine interne Aufstellung aus dem Finanzministerium, die Sparvorschläge in Höhe von neun Milliarden Euro vorsieht, veröffentlicht. Ganz oben auf der Liste: die ermäßigte Mehrwertsteuer für die Hotellerie und die Steuerfreiheit von Sonn-, Feiertag- und Nachtzuschlägen. Nach Gesprächen mit politisch Verantwortlichen stellt der DEHOGA die Dinge richtig.

Die Gewerkschaft Verdi und die Grünen im Bundestag haben sich für eine Erhöhung des Mindestlohns auf 15 Euro pro Stunde ausgesprochen. Sie verwiesen erneut auf eine entsprechende EU-Richtlinie.