Was bedeuten die Eckpunkte zur Fachkräfteeinwanderung für Hoteliers und Gastronomen?

| Politik Politik

Das Bundeskabinett hat am Mittwoch die lange erwarteten Eckpunkte zur Fachkräfteeinwanderung aus Drittstaaten beschlossen (Tageskarte berichtete). In den Eckpunkten finden sich etliche Aspekte wieder, die der DEHOGA teils schon lange fordert und in den letzten Monaten in zahlreichen Gesprächen mit der Politik, den zuständigen Ministerien und der Bundesagentur für Arbeit verstärkt thematisiert und konkretisiert hat.

Es seien allerdings auch noch viele Punkte offen. Insbesondere bei den Regelungen, die über die drei Säulen hinausgehen sollen, sind viele Pläne der Bundesregierung nur grob skizziert.

Hier weitere Informationen des DEHOGA: https://www.dehoga-bundesverband.de/dehoga-compact/2022/nr-692022/fachkraefte/

Ein Gesetzentwurf, der weitere Klarheit bringen wird, ist für das erste Quartal 2023 angekündigt.

Bis dahin und auch im dann anstehenden Gesetzgebungsverfahren will der DEHOGA die nötigen Fragen stellen und weitere Verbesserungen einfordern. Dazu gehört insbesondere die Beschleunigung der Visa-Verfahren, will heißen, wir brauchen schnellere Antragsverfahren durch die deutschen Botschaften im Ausland.

Gerne möchten der DEHGOA auch seine Mitglieder einbeziehen: Welche Punkte liegen Ihnen besonders am Herzen? Wo haben Sie Fragen? Welche Punkte sehen Sie kritisch? – fragt der Verband und bittet um Zusendung an warden@dehoga.de.

1.    Die für Hotellerie und Gastronomie wichtigsten neuen Aspekte der drei Säulen, wie sie der DEHGOA Bundesverband sieht:

Fachkräfte-Säule:

  • Personen mit anerkannter Berufsqualifikation sollen in jeder qualifizierten Beschäftigung in nicht-reglementierten Berufen arbeiten dürfen. Es gilt allein die Einschätzung des Arbeitgebers, ob die Fachkraft die Tätigkeit ausüben kann.
  • Bei teilweiser Gleichwertigkeit der Qualifikation soll die Einreise und Beschäftigung als Fachkraft erfolgen können. Die volle Anerkennung soll innerhalb von drei Jahren nachgeholt werden können.
  • Die Vorrangprüfung bei der Einreise zur Aufnahme einer Ausbildung wird abgeschafft.
  • Bei Bildungsaufenthalten sollen Nebenbeschäftigungen bis zu 20 Stunden pro Woche ermöglicht werden.

Erfahrungs-Säule:

  • Eine qualifizierte Beschäftigung in nicht-reglementierten Berufen soll mit zweijähriger Berufserfahrung ohne formale Anerkennung ermöglicht werden, wenn eine mindestens zweijährige Berufsausbildung im Herkunftsland absolviert wurde. Die Gleichwertigkeit der ausländischen Ausbildung mit einem deutschen Referenzberuf ist hier nicht erforderlich.
  • Voraussetzung ist grundsätzlich ein Mindestgehalt von 45 % der Beitragsbemessungsgrenze der allgemeinen Rentenversicherung. Das bedeutet für 2023: 39.420 € (alte Bundesländer) bzw. 38.340 € (neue Bundesländer) jährlich. Eine Abweichung von der Gehaltsschwelle nach unten ist bei Tarifbindung des Arbeitgebers möglich.
  • Durch eine sog. Anerkennungspartnerschaft soll die Einleitung des Anerkennungsverfahrens erst nach der Einreise und Beschäftigung möglich sein. Die Arbeitgeber unterstützen hier die Beschäftigten bei Anerkennung und Qualifizierung.

Potenzial-Säule:

  • Eine Chancenkarte auf Basis eines Punktesystems zur Arbeitsplatzsuche anhand der Kriterien Qualifikation, Sprachkenntnisse, Berufserfahrung, Deutschlandbezug und Alter wird eingeführt.
  • Während der Suche werden Möglichkeiten der Probebeschäftigung und der Nebenbeschäftigung geschaffen.

2.    Für das Gastgewerbe wichtige weitere Regelungen unabhängig von der Qualifikation der Arbeitskräfte

  • Die Westbalkanregelung soll entfristet und das Kontingent "mindestens deutlich" angehoben werden. Auch wird eine Ausweitung auf weitere Staaten angestrebt. Zur Festlegung dieser Staaten ist der DEHOGA mit den Ministerien und der BA im Dialog. Weiter soll eine zügige Bearbeitung der Anträge gewährleistet werden, auch durch die verstärkte Digitalisierung der Verfahren.
  • Die BA bekommt die Möglichkeit, in Abstimmung mit der Bundesregierung befristete Kontingente für bestimmte Branchen festzulegen. Dafür muss ein „arbeitsmarktlicher Bedarf“ festgestellt werden. Beschäftigte sollen dann unabhängig von der Qualifikation für bis zu sechs Monate einreisen können. Die Beschäftigung muss bei tarifgebundenen Arbeitgebern erfolgen. Eine kurzfristige sozialversicherungsfreie Beschäftigung soll hier ausgeschlossen werden.
  • Mit einer Arbeitserlaubnis der BA sollen aus bestimmten „Positivstaaten“ Einreisen von 90 Tagen innerhalb von 180 Tagen ermöglicht werden.

3.    Werbemaßnahmen, Vermittlung und Zusammenarbeit mit Drittstaaten

Der DEHOGA hat wiederholt darauf hingewiesen, dass die Verbesserung des rechtlichen Rahmen von zentraler Bedeutung ist, die Unternehmen aber daneben auch bei der Mitarbeitersuche in Drittstaaten praktisch unterstützt werden müssen und vor allem die Visums- und Anerkennungsverfahren beschleunigt und entbürokratisiert werden müssen. Positiv also, dass die Eckpunkte auch einen umfangreichen Katalog von geplanten Begleitmaßnahmen enthalten. Für das Gastgewerbe insbesondere von Bedeutung:

  • Maßnahmen zur Werbung und engerer Zusammenarbeit mit Drittstaaten sollen die Vermittlung und das Matching von offenen Stellen und ausländischen Fach- und Arbeitskräften erleichtern. Hier spielt die Bundesagentur für Arbeit eine zentrale Rolle, z.B. um über Pilotprojekte oder die Entwicklungshilfezusammenarbeit die Fachkräftegewinnung in Drittstaaten voranzutreiben. Der DEHOGA ist schon seit längerer Zeit in intensivem Dialog mit der BA, um hier auf regionaler Ebene Projekte anzustoßen und durchzuführen, die sich für eine spätere Vergrößerung eignen.
  • Für den Spracherwerb im In- und Ausland sollen quantitativ und qualitativ die Angebote von Sprachkursen und Prüfungen ausgebaut werden.
  • Die Anerkennungsverfahren für ausländische Berufsabschlüsse sollen digitalisiert, optimiert und beschleunigt werden. Auch Unterstützungs- und Qualifizierungsangebote sollen ausgebaut werden.
  • Die Verwaltungsverfahren sollen durch verschiedene Vorhaben digitalisiert, beschleunigt und transparenter gestaltet werden. Auch die Zusammenarbeit zwischen den Behörden soll besser abgestimmt werden.
  • Die gesellschaftliche Integration soll durch eine Reihe von Maßnahmen gestärkt werden, damit die Arbeitskräfte und ihre Angehörigen sich in Deutschland willkommen fühlen. 

Hier geht es zu einer Zusammenfassung der Eckpunkte der Bundesregierung: 221130_Eckpunkte_Zusammenfassung_final_clean (bmwk.de).


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Mit steuerlichen Vorteilen will die Bundesregierung Fachleute nach Deutschland locken - denn andere Länder tun dies schon lange. Doch es gibt Widerspruch. Auch aus den Reihen der Ampel.

Obwohl es in anderen Bundesländern bereits Einigungen gibt, eskaliert der Tarifkonflikt im bayerischen Gastgewerbe. Nun bereitet die Gewerkschaft Warnstreiks im Umfeld der EM-Halbfinalspiele vor.

Auch in der zweiten Tarifrunde haben der DEHOGA Bayern und die Gewerkschaft NGG keine Einigung erzielt. Der Verband sagt, dass er ein Angebot von fast 15 Prozent Lohnerhöhung auf den Tisch gelegt hätte.

Vor dem Beginn der Tarifrunde im niedersächsischen Gastgewerbe fordert die Gewerkschaft NGG ein deutliches Lohnplus für die Beschäftigten: 400 Euro mehr im Monat, aber mindestens 3.000 Euro Einstiegslohn nach abgeschlossener Ausbildung.

Die Gewerkschaft Nahrungs-Genuss-Gaststätten und der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband haben sich in Sachsen-Anhalt geeinigt und einen Tarifabschluss erzielt. Beschäftigte und Auszubildende profitieren.

Bundesagrarminister Cem Özdemir setzt sich für eine leichte Anhebung der Mehrwertsteuer auf Fleisch ein, um den Umbau der Tierhaltung zu höheren Standards zu finanzieren. Der Grünen-Politiker griff einen Vorschlag des Bauernverbands auf. Von Verbraucher- und Umweltschützern kam ein geteiltes Echo.

In niedersächsischen Städten und Gemeinden wird zunehmend Bettensteuer erhoben. Der Dehoga kritisiert die Mehrkosten für Gäste und den bürokratischen Aufwand für Gastgeber.

Eine türkische Erzeugergruppe setzt sich für einen einheitlichen EU-Döner ein, was zu höheren Preisen führen könnte. Würde ihr Antrag angenommen, gäbe es EU-weit festgelegte Zutaten und Zubereitungsweisen für Döner.

Der DEHOGA-Branchentag findet in diesem Jahr am 12. November 2024 in Berlin statt. Auf LinkedIn gab der Verband jetzt erste Redner bekannt: Drei prominente Politiker haben bereits zugesagt.

Eine Kampagne des Sozialunternehmens Social-Bee erhitzt die Gemüter in Hotellerie und Gastronomie. Eigentlich will das Unternehmen darauf aufmerksam machen, dass viele gutausgebildete Geflüchtete keine passenden Jobs bekommen. Bei der Kampagne würden jedoch Berufsbilder aus dem Gastgewerbe herabgewürdigt, lautet die Kritik.