Luca-App trotz Kritik auf dem Vormarsch

| Technologie Technologie

Mit fulminanten Auftritten in TV-Talkshows von «Maischberger» bis «Anne Will» hat der Rapper Smudo von den Fantastischen Vier die Luca-App in den vergangen Wochen als digitales Tool gegen die Corona-Pandemie ins Gespräch gebracht. Viele Zuschauerinnen und Zuschauer ließen sich von Smudo und seinem Konzept überzeugen. Mit der App schnell einchecken und so mögliche Infektionsketten unterbinden: Über 3,1 Millionen Menschen haben inzwischen die Anwendung auf ihr Smartphone heruntergeladen. Sie setzen auf Luca, um der fragwürdigen Zettelwirtschaft bei Restaurant-Besuchen und anderen Events ein Ende zu bereiten, wo man sich bislang in der Regel in Papierlisten eintragen musste.

Die Infektionsschutzverordnungen der Bundesländer begnügen sich nämlich nicht mit der anonymen Erfassung von Risiko-Begegnungen, wie sie von der Corona-Warn-App des Bundes geleistet wird. Die Gesundheitsämter sollen im Zweifelsfall auf die kompletten Kontaktdaten zurückgreifen können, um die Infektionsketten zu erkennen und unterbrechen zu können.

Die Zettelwirtschaft ist in mehrfacher Hinsicht problematisch. Zum einen haben sich etliche Gäste mit Fake-Identitäten wie «Donald Duck» und falschen Telefonnummern eingetragen. Datenschützer bemängelten, dass die Listen teilweise offen einsehbar rumlagen und die Privatsphäre der Besucher nicht geschützt wurde. Und nicht nur die Aktivisten des Chaos Computer Clubs störten sich daran, dass die Besucherlisten in manchen Bundesländern auch von der Polizei konfisziert wurden, um gewöhnliche Kriminelle zu verfolgen.

Die Luca-App versucht, diese kritischen Punkte aus der analogen Kontaktverfolgung zu vermeiden. Zwar kann man sich bei der Check-in-App des Berliner Start-ups neXenio auch als Comic-Figur eintragen. Aber bei der Angabe der Mobiltelefonnummer ist Mogeln nur schwer möglich, weil diese mit einer SMS validiert wird. So wüssten die Gesundheitsämter immerhin, unter welcher Nummer sie «Donald Duck» erreichen können. Die Macher der Luca-App versprechen, dass die Einträge nur im Infektionsfall von den Gesundheitsämtern eingesehen werden - und das auch nur, wenn die Anwender dem zustimmen. Das Verfahren sei durch eine doppelte Verschlüsselung abgesichert.

Als erstes Bundesland ließ sich Mecklenburg-Vorpommern von dem Konzept überzeugen, auch um den Bewohnern und Gästen ohne lange Warterei eine Öffnungsperspektive bieten zu können. Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) nahm knapp 440 000 Euro für eine Landeslizenz in die Hand. Mit dem Geld werden auch die SMS-Kosten sowie die Aufwendungen für die Anbindung an die IT-Systeme der Gesundheitsämter finanziert.

Eine bundesweite Einigung auf eine Check-in-App steht allerdings noch aus. Etliche Regierungschef wollen nun auch nicht mehr auf den großen Konsens warten. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) brachte es vor Ostern auf den Punkt: «Mecklenburg-Vorpommern macht's, ich will es dann jetzt auch machen», sagte er. Die Hauptstadt veranschlagt 1,2 Millionen Euro dafür.

Mit an Bord sind nach Angaben des Luca-App-Betreibers Culture4life inzwischen auch Hamburg, Bremen, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, das Saarland, Rheinland-Pfalz, Hessen, Brandenburg, Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein und zuletzt auch Bayern.

In Thüringen, wo sich Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) zunächst für Luca stark gemacht hat, wurde eine landesweite Check-in-App jedoch ausgeschrieben - auch weil sich etliche Luca-Konkurrenten über angebliche Mauscheleien bei der Vergabe beschwert haben. Rund 50 Start-ups bieten nämlich ähnliche Lösungen wie Luca an, müssen aber ohne ein populäres Aushängeschild wie Smudo auskommen. Auch NRW und
Sachsen haben sich noch nicht entschieden.

Die Kritiker der Luca-App aus dem Chaos Computer Club und anderen Organisationen störten sich zunächst vor allem daran, dass Daten im Gegensatz zur anonymen Corona-Warn-App des Bundes zentral gespeichert werden. Dies wecke Begehrlichkeiten bei Strafverfolgungsbehörden und Geheimdiensten. Die Skeptiker stellen auch in Frage, ob die Gesundheitsämter überhaupt in der Lage sind, die von Luca generierten Daten sinnvoll zu verwerten. Außerdem wurde bemängelt, dass die App nicht quelloffen (Open Source) entwickelt wurden.

Als die Luca-Macher eine Öffnung zusagen, lief eine neue Welle der Entrüstung durch die Szene. Die Aktivisten fanden schnell heraus, dass die App nicht sauber mit den Lizenzen von verwendeten Open-Source-Komponenten umgegangen war. Die Macher der App wollen nun noch diese Woche nicht nur den Source Code der Apps für Android und iOS veröffentlichen, sondern auch die Server-Anwendungen offenlegen und unter eine Open-Source-Lizenz stellen.

Die Luca-Kritiker bekamen unterdessen öffentlichkeitswirksam Unterstützung durch den TV-Star Jan Böhmermann. Der ZDF-Moderator forderte in der Nacht zu Mittwoch seine Fans per Twitter auf, sich per QR-Code im Zoo Osnabrück einzuchecken. Er wollte mit seiner Störaktion beweisen, wie manipulationsanfällig die Luca-App ist, weil die Anwendung nicht überprüft, ob die Nutzer beim Einchecken tatsächlich vor Ort sind.

Beim Luca-Betreiber Culture4life will man sich von der Böhmermann-Aktion nicht aus dem Tritt bringen lassen. Wer die App so missbrauche, erhalte im schlimmsten Fall eine Warnmeldung zu viel, erklärte das Unternehmen. Es gehöre zu den Grundsätzen der App, möglichst wenig Daten zu erfassen. Daher zeichne die App auch nicht automatisch auf, wo das Smartphone sich befinde. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Duetto, ein Anbieter von Revenue-Management-Software für Hotels aus San Francisco, ist von dem Private-Equity-Unternehmen GrowthCurve Capital übernommen worden. Details zu der Transaktion wurden nicht bekannt.

In vielen Hotels erhalten Gäste Schlüsselkarten, um die Zimmer zu öffnen. Google ermöglicht jetzt die Integration der Zimmerkarten in das Google Wallet auf dem Smartphone oder der Smartwatch. Bei Apple gibt es diese Funktion, die sich in der Hotellerie bislang nicht flächendeckend durchgesetzt hat, schon länger.

Pressemitteilung

IDeaS, ein Unternehmen von SAS und Anbieter von Revenue-Management-Software und -Dienstleistungen für die Hotellerie, gab bekannt, dass es sich mit der Oracle Hospitality Integration Platform integriert hat. Die Partnerschaft verbindet nahtlos RMS-Lösungen, einschließlich IDeaS G3 RMS, mit der Oracle OPERA Cloud-Plattform, die sowohl über OHIP als auch den Oracle Cloud Marketplace zugänglich ist.

Pressemitteilung

Im Juni 2024 fand das erste Sommerfest "Hotelrizon" am Blackfoot Beach am Fühlinger See in Köln statt. Bei Sonnenschein versammelten sich 160 Teilnehmer, darunter Hoteliers, Partner und Tech-Anbieter der Hotelbranche, zu einem Event, das über eine typische Verkaufsveranstaltung hinausging. Das Sommerfest bot eine ideale Plattform für entspanntes Netzwerken und den Austausch über zukunftsorientierte Lösungen in der Hotellerie.

Kontaktloses Bezahlen an der Kasse ist in Deutschland Standard – und eine deutliche Mehrheit nutzt dafür inzwischen Smartphone oder Smartwatch. Selbst von den Älteren bezahlt die Mehrheit auch kontaktlos.

Seit gut einer Woche ist es ein offenes Geheimnis, dass der Hotel-Tech-Anbieter Lighthouse das Berliner Unternehmen HQ revenue gekauft hat. Jetzt wurde die Übernahme kommuniziert. Wieviel Geld Ex-OTA-Insight für die Technologiefirma auf den Tisch gelegt haben, ist nicht bekannt. Auch wird wenig darüber gesagt, was der Zusammenschluss bringt.

Guestline, eines der führenden Technologieunternehmen im Gastgewerbe und Teil der Access Group, kündigt präsentiert umfangreichen Distribution Hub an, mit dem Hoteliers neue Einnahmequellen erschließen können.

Neue Trends, Technologien und Tools bringen der Hotelbranche unbestreitbar neue Möglichkeiten und spannende Perspektiven. Sie ziehen aber auch unweigerlich neue Anforderungen nach sich. Das gilt für die Erwartungen, die Gäste an ein modernes Hotel stellen, wie auch für Veränderungen in der alltäglichen Arbeit, die Mitarbeitende akzeptieren und umsetzten müssen.

Den in diesem Jahr bereits zum achten Mal ausgeschriebenen Branchenaward für Start-ups hat Hotel ResBot gewonnen. Mit der „Produktinnovation des Jahres 2024“ überzeugte ADA Cosmetics International die Besucher auf dem upnxt Hospitality Festival.

Pressemitteilung

Mews, die branchenführende Hospitality-Cloud und Gewinner der Auszeichnung Best Hotel PMS bei den HotelTechAwards 2024, wurde von Ringhotels als offizieller PMS-Anbieter ausgewählt, um die digitale Transformation in der deutschen Hotelbranche voranzutreiben.