Bahn hängt Oberstdorf vom Fernverkehr ab

| Tourismus Tourismus

Oberstdorf und das Kleinwalsertal sind beliebte Ziele für Urlauber aus ganz Deutschland. Wenige Wochen vor der Wintersaison kündigt die DB plötzlich an, die Region vom Fernverkehr abzuhängen. Touristiker sind alarmiert.

Urlauber mit Ziel in der Region Oberstdorf müssen sich die kommenden Jahre bei der Anreise mit der Bahn auf deutliche Einschränkungen gefasst machen. Die Deutsche Bahn (DB) kündigte an, dass eine Stellwerksanierung Bahnfahrten von und nach Oberstdorf behindern werde, Fernverkehrsverbindungen werden vorläufig ganz gestrichen.

Dies hat nicht nur Auswirkungen für die Tourismusangebote in Oberstdorf selbst. Auch andere Orte in der Umgebung sind betroffen, so ist beispielsweise das benachbarte Kleinwalsertal in Österreich ebenfalls auf den Bahnhof Oberstdorf angewiesen. Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) verlangte von der Bahn eine schnellere Reparatur oder die Einrichtung eines Notstellwerks. Wirtschaftsvertreter sehen ein «Desaster», und Kommunalpolitiker beraten nach Angaben der Marktgemeinde Oberstdorf derzeit darüber, wie auf die Situation reagiert werden soll.

Defekte Kabel werden Zugverkehr jahrelang behindern

Die DB spricht von einem «massiven Kabelschaden» im Stellwerk, der eine Kompletterneuerung der Anlage erfordere. Derzeit stehe im Bahnhof Oberstdorf daher nur noch ein Gleis zur Verfügung. «Deswegen können nicht mehr alle Züge in den Bahnhof Oberstdorf ein- und ausfahren.»

Die Fernverkehrs-Direktverbindungen von Dortmund und Hamburg würden «bis auf Weiteres» komplett gestrichen. Wann die Intercity-Züge wieder fahren, lässt die DB offen. Es sei aber beabsichtigt, Oberstdorf später wieder an den Fernverkehr anzuschließen, sagt eine DB-Sprecherin. Die Planung und der Bau eines Stellwerks dauerten in der Regel mehrere Jahre, erläutert sie den Zeitplan.

Auch für den Regionalverkehr hat der Schaden Auswirkungen. Die Züge aus München und Augsburg werden bis zu 20 Minuten länger unterwegs sein. Einzelne Verbindungen werden ganz entfallen, dafür werden gegebenenfalls Ersatzbusse angeboten. Die Bahn sieht allerdings dennoch für Fernverkehrspassagiere «weiterhin attraktive Reisemöglichkeiten». Die Kunden von und nach Oberstdorf könnten in den Großstädten München, Augsburg oder
Ulm umsteigen und das dortige gute ICE-Angebot nutzen.

IHK: Oberstdorf und Sylt sind unbequeme Zielbahnhöfe für die DB

Die schwäbischen Industrie- und Handelskammer (IHK) sieht durch das Bauprojekt das Allgäu im Wettbewerb mit anderen Ferienregionen zurückgeworfen. «Mit dem plötzlichen Aus für die Intercitys nach Oberstdorf verlieren auch Kempten, Kaufbeuren, Immenstadt, Sonthofen und Fischen ihre Fernverkehrs-Verbindungen», sagt IHK-Mobilitätsexperte Peter Stöferle.

Für die DB sei Oberstdorf ein unbequemer Zielbahnhof, weil er neben Sylt der einzige Fernverkehrs-Endpunkt sei, der nicht mit E-Loks angefahren werden könne, sagte Stöferle. «Hier rächt es sich zusätzlich, dass die seit Jahrzehnten überfällige Elektrifizierung immer noch fehlt.»

Zwar gibt es mittlerweile Planungen, auch mit neuartigen Wasserstoff-Zügen das Angebot im Allgäu zu verbessern. Bislang sind dort die Züge zu einem großen Teil aber noch mit Dieselmotoren unterwegs. Die IHK sieht die aktuelle Situation im Raum Oberstdorf daher als Folge von viel zu lange unterbliebenen Investitionen in die Strecken. Es sei «ein Desaster - für die Bahn und für den Tourismus», meint Stöferle.

Auch die Hotelbetreiber im Kleinwalsertal bedauern das vorläufige Ende der Fernverkehrsverbindungen nach Oberstdorf. «Gerade diese Verbindungen waren sehr attraktiv», sagt Ule Peter Haak vom dortigen Tourismusbüro. Allerdings sei die DB bereits seit Jahren nicht sehr verlässlich. Gerade für die älteren Reisenden sei die Situation tragisch. Die Bahn sei «eine Servicewüste» geworden.

Grundsätzlich sei man froh um jeden Gast, der mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreise und die Verkehrssituation im Allgäu entlaste, erklärt Haak. Die Busverbindungen zwischen Oberstdorf und dem Kleinwalsertal seien hervorragend. «Aber jetzt ist die Bahn definitiv das Problem.»

Obwohl das Kleinwalsertal im österreichischen Bundesland Vorarlberg liegt, sind die Betriebe dort ganz auf den Verkehrsanschluss nach Deutschland angewiesen. Aufgrund seiner Lage hat das beliebte Alpental keine direkte Verbindung zu seinen Nachbarn in Österreich.

Minister befürchtet ähnliche Probleme in anderen Regionen

Minister Bernreiter verlangt auf jeden Fall eine schnellere Lösung von der Bahn. Oberstdorf sei eine der wichtigsten Tourismusdestinationen in Bayern mit mehr als 2,7 Millionen Übernachtungen pro Jahr, betont das Verkehrsministerium in München. «Hinzu kommen zahlreiche Tagesgäste, Pendler und Schüler, die das Zugangebot nutzen.»

Die gestrichenen IC-Züge könnten wenigstens bis Kempten, Immenstadt oder Sonthofen fahren, findet Bernreiter. Außerdem verlangt er von der Bahn Auskunft, wo im Freistaat ähnliche Einschränkungen drohen. Denn im bayerischen Schienennetz gebe es zahlreiche Stellwerke älterer Bauart.


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Astro Travel gilt als Reisetrend 2025 – wer daran glaubt und sich von den Sternen für die Reiseplanung im kommenden Jahr inspirieren lassen möchte, der darf sich auf die Tipps der Astrologin Jasmin Rachlitz freuen.

Reisende schreiben 2025 ihr Drehbuch neu. Die jährliche Studie zu Reisetrends von Booking.com zeigt, dass viele Reisende, anstatt sich zurückzuziehen, neu definieren möchten, wie sie die Welt erleben und mit ihr interagieren.

Mit Koffer in die Schlange: Für viele startet die Flugreise am Check-in mit Gepäckaufgabe. Doch in Zeiten von Online-Einchecken und Kofferautomaten scheint die Zukunft der Airport-Schalter ungewiss.

Die Österreichische Hoteliervereinigung hat für den ÖHV-Urlaubsradar 1.000 Österreicher nach ihren Urlaubsplänen befragt. Das Ergebnis: In den Herbstferien wollen 29 Prozent in den Urlaub fahren, 58 Prozent davon im Inland.

Auf den Kanarischen Inseln wehren sich Tausende Menschen gegen die Folgen des Massentourismus. Bereits im April hatte es eine noch größere Demonstration gegeben.

Der Klimawandel bleibt eine der größten Herausforderungen für die bayerischen Skigebiete. Nach wochenlang frühlingshaftem Wetter im vergangenen Winter hoffen die Liftbetreiber nun auf Schnee.

Niedersachsens Urlaubsregionen sind mit den Herbstferien zufrieden. Während in Bremen und Niedersachsen die Schule wieder beginnt, setzen die Gastgeber noch auf Urlauber aus anderen Bundesländern.

Laut einem Bericht der „Financial Times“ prüft der Fahrdienstanbieter Uber derzeit eine mögliche Übernahme des US-Reisebuchungsportals Expedia, das mit rund 20 Milliarden Dollar (18,4 Milliarden Euro) bewertet wird. Sollte der Deal zustande kommen, wäre es die bislang größte Übernahme in der Geschichte von Uber.

Deutschland gilt als Frühbucher-Nation. Die meisten planen den Sommerurlaub zwischen Weihnachten und Februar – die traditionelle Buchungshochsaison. Wer sich früher entscheidet, reist sogar günstiger: Dies belegt eine aktuelle Preis-Analyse von HolidayCheck.

Die Deutsche Zentrale für Tourismus (DZT) startet ihr erstes KI-Influencer Projekt und nutzt damit auf einer weiteren Ebene aktiv Künstliche Intelligenz für die internationale Vermarktung des Reiselandes Deutschland.