Camping, Baden, FKK: Tourismus an Vogtland-Talsperren blüht

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Der Sommer hat an diesem Vormittag eine Pause eingelegt, den Urlaubern an der Talsperre Pöhl tut das kaum Abbruch. Die Liegewiesen sind zwar verwaist, doch etliche Familien und Paare warten an der Schiffsanlegestelle auf eine Rundfahrt mit der MS Plauen. Andere haben sich für eine Tour im Kletterwald entschieden oder gehen mit dem Hund spazieren. Die Ferien in Sachsen sind vorüber, dafür bevölkern nun etliche Camper aus Süddeutschland den Zeltplatz Gunzenberg. So wie Katrin aus Baden-Württemberg, die hier eine ganze Woche mit ihren zwei kleinen Kindern im Wohnmobil Urlaub macht. 

«Für mich ist das ein Heimaturlaub», erzählt sie - möchte aber, dass nur ihr Vorname genannt wird. Sie stamme aus der Region, ergänzt die junge Mutter. «Wenn ich mich an früher erinnere, hat sich das hier sehr gut entwickelt.» 

Vor 60 Jahren ist die Talsperre Pöhl in Betrieb gegangen, von Anfang an haben hier Menschen Erholung gesucht. Vorrangige Aufgabe der Talsperre ist es, vor Hochwasser zu schützen und niedrige Wasserstände der Weißen Elster auszugleichen. «Dem muss sich der Tourismus unterordnen», erklärt die Geschäftsführerin des Talsperren-Zweckverbandes, Elisabeth Blüml-Fuchs. Aber schon vor Fertigstellung der Staumauer sei hier wild gecampt worden - 1965 wurde Camping dann offiziell erlaubt. Heute wird die Talsperre kühn auch «Vogtländisches Meer» genannt. 

Viel Platz auch für FKK-Fans 

Nach der Wiedervereinigung flossen Millionen in das Gelände rund um den See. Nicht nur in den 4-Sterne-Campingplatz, sondern auch in den Neubau des Schiffsanlegers, Parkplätze, Sanitäranlagen und Freizeitareale wie einen Beachvolleyballplatz und Spielplätze. Auch einen Golfplatz gibt es. Zum Baden laden sechs bewirtschaftete Liegewiesen und ein großer FKK-Strand ein - mit 2,5 Kilometern laut Blüml-Fuchs der längste FKK-Strand Mitteldeutschlands. 

Die Talsperren sind ein wichtiges Pfund für den Tourismus der Region, wie Andreas Kraus, Geschäftsführer des Tourismusverbandes Vogtland in Sachsen und Thüringen, sagt. Neben der Pöhl zählen dazu die Talsperren Pirk und Zeulenroda. Anders als andere Seengebiete etwa bei Leipzig besteche die Region mit ihrer Mittelgebirgslage und biete neben Aktivitäten am und auf dem Wasser viele weitere Erholungsangebote für Naturliebhaber, wie Wandern und Radfahren. «Die Gäste kommen hauptsächlich aus einem Umkreis von 3 Fahrtstunden, vermehrt aber auch mit weiterer Anreise wie Nordrhein-Westfalen, Hamburg oder Holland.»

Millionen-Investitionen an Talsperre Zeulenroda 

An der Talsperre Zeulenroda auf Thüringer Seite hat der Tourismus in den vergangenen Jahren kräftigen Aufwind erlebt. Hatten dort zu DDR-Zeiten alljährlich Tausende Menschen ihren Urlaub verbracht, war später das Baden zum Schutz des Trinkwassers lange verboten. Erst 2012 wurde dieses Verbot aufgehoben. Seit 2016 seien rund um den See etwa 21 Millionen Euro investiert worden, erzählt die parteilose Bürgermeisterin von Zeulenroda-Triebes, Heike Bergmann. Ein neuer Promenadenweg ist entstanden, eine große Bühne, eine Ferienhaussiedlung. Zudem wurden Strandbäder reaktiviert. Seither sei die Zahl der Übernachtungen deutlich gestiegen, hinzu kämen viele Tagesgäste.

«Wir setzen auf sanften Tourismus», betont Bergmann. Deswegen seien auf der Talsperre Motorboote tabu. Die Menschen, die hierherkämen, schätzten vor allem die Ruhe, die Kombination von Wasser und Wald sowie die Kulturangebote in der Region. Ein Manko ist jedoch, dass das beliebte Erlebnisbad Waikiki seit Anfang 2023 geschlossen ist und laut Bergmann inzwischen Insolvenz angemeldet hat. Damit rückt die vorgesehene Ertüchtigung in weite Ferne. «Ich bin aber guter Hoffnung, dass wir eine Rettung finden.»

Für die Zukunft setzen die Touristiker im Vogtland darauf, dass sich der Aufenthalt der Besucher verlängert und mehr Gäste auch jenseits der Sommermonate kommen. Während Zeulenroda mit einem Seehotel ganzjährig auch Tagungen und Wellness-Angebote in petto hat, gibt es an der Pöhl außerhalb der Saison Nachholbedarf. 

Touristiker planen neues Erlebniszentrum 

Abhilfe soll ein neues Erlebniszentrum bringen, dessen Kosten auf rund zwölf Millionen Euro beziffert werden. Es soll das im Volksmund «Elefanten-Klo» genannte, sanierungsbedürftige Panorama-Restaurant ersetzen. Angedacht ist ein neues Restaurant mit Außenterrasse und separatem Veranstaltungs- und Kongressbereich - etwa für größere Feiern von Firmen und Familien. Auch Ausstellungsräume sowie eine Ausleihe von Tret-, Ruderbooten und Boards fürs Stand-up-Paddeln sind vorgesehen, ebenso öffentliche Toiletten und ein Duschbereich für Sportveranstaltungen. 

Neben ganzjähriger Gastronomie erhoffen sich die Touristiker davon eine Saisonverlängerung fürs Camping am See von 7 auf 10 Monate. Doch nicht nur die Suche nach einem Investor ist eine Herausforderung. Vor allem der nötige Umbau der Wasser- und Abwasserversorgung sei eine große Hürde, erklärt Blüml-Fuchs. 

Aus Sicht von Landrat Thomas Hennig würde das Projekt weiteren Schwung bringen, sodass die Marke von jährlich 500.000 Besuchern an der Pöhl geknackt werden könnte. Bislang sind es laut Zweckverband 350.000 bis 400.000. Der CDU-Politiker verspricht sich zudem mehr Kontinuität für die Gastronomie und die Arbeitskräfte. Mit einem Baubeginn wird derzeit den Angaben nach nicht vor 2030 gerechnet. 

An weiteren Ideen für die touristische Entwicklung an der Pöhl fehlt es Hennig nicht. Auch ein Saunadorf oder ein Areal mit sogenannten Tiny Häusern, die ganzjährig vermietet werden, seien denkbar. (dpa)


 

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