„Die Beherbergungsverbote in Deutschland sind falsch und unverhältnismäßig“, kritisiert Michelle Schwefel, Geschäftsstellenleiterin des Deutschen Ferienhausverbands. „Durch mangelnde Testkapazitäten und hohe Kosten für den Test kommen sie einem Reiseverbot gleich.“ Die Lage entwickelt sich außerdem viel zu dynamisch und macht ein solches Verbot unpraktikabel. "Urlauber erfahren teilweise erst am Tag der Abreise, ob der gebuchte Urlaub stattfinden kann. Für viele heißt es dann, dass sie auf gepackten Koffern sitzenbleiben. Dabei gehört Ferienhaustourismus sicherlich nicht zu den großen Pandemie-Treibern.“
Bei keiner anderen Urlaubsform könne Social Distancing so gut gelebt werden wie in einem privaten Ferienhaus oder einer Ferienwohnung. Das habe die Sommersaison gezeigt: Der Großteil der Touristen habe sich auch im Urlaub an Abstands- und Hygieneregeln gehalten. Zudem hätten Vermieter von Ferienwohnungen und Ferienhäusern bewiesen, dass sie den hohen Anforderungen an eine Vermietung während der Pandemie gerecht werden, um größtmögliche Sicherheit für Gäste und Gastgeber zu schaffen.
„Der Deutsche Ferienhausverband hat zusammen mit dem Deutschen Tourismusverband Hygieneregeln erarbeitet, die sehr gut angenommen und umgesetzt wurden“, sagt Schwefel. Für sie sind die neuen Regelungen unverständlich: „Familien mit Kindern, die sich im Alltag und im Urlaub an die Regeln halten und in einem Ferienhaus an der Ostsee oder im Harz ihre Ferien verbringen wollen, sind nicht die Pandemie-Treiber. Statt konsequent diejenigen in die Schranken zu weisen, die durch sorgloses Freizeit- und Feierverhalten andere gefährden, wird reine Symbolpolitik auf dem Rücken der ohnedies schwer angeschlagenen Tourismusindustrie betrieben“, erklärt Schwefel weiter. „Es stellt sich die Frage, ob ein so weitreichender Eingriff in Grundrechte wie Freizügigkeit und Berufsfreiheit geeignet, erforderlich und auch verhältnismäßig ist, um die Pandemie zu bekämpfen. Maßnahmen gibt es bereits genug. Wichtig ist es, deren Einhaltung zu kontrollieren.“
Bereits jetzt wohnen mehr als 10 Millionen Menschen in Risikogebieten. Die Zahl von 50 Infektionen auf 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen ist gerade in Ballungsräumen schnell erreicht. Nordrhein-Westfalen oder Berlin sind große Quellmärkte für innerdeutsche Reisen. „Wer heute noch anreisen darf, darf es morgen vielleicht nicht mehr“, sagt Schwefel.
Viele haben durch die dynamische Entwicklung keine Chance, noch rechtzeitig einen negativen Test vorzulegen, da vielenorts nicht ausreichend Test-Kapazitäten vorhanden sind. Es erscheint zudem kontraproduktiv, wenn in einer solchen Situation Teststellen und Gesundheitsämter zusätzlich mit Tests von Personen belastet werden, die weder Symptome zeigen, noch mit Erkrankten in Kontakt waren. Urlauber aus Risikogebieten sollen die Tests zudem in der Regel aus eigener Tasche bezahlen.
"Welche vierköpfige Familie kann denn mal eben für den Herbsturlaub an der Ostsee zusätzlich 600 Euro für Tests berappen?“, betont Schwefel. Jedes Bundesland gehe zudem anders mit dem Regeln um. „Es gibt ein Sammelsurium an Bestimmungen, die kaum ein Urlaubsgast oder Vermieter noch nachvollziehen kann. Ferienhausurlaub sollte weiterhin möglich sein. Die Gefahren für eine weitere Ausbreitung der Pandemie liegen ganz woanders. Es geht auch um den Erhalt der touristischen Infrastruktur in Deutschland und tausende Arbeitsplätze.“