Dubrovnik kämpft mit Touristenmassen

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Brütende Hitze liegt über den Plätzen und Gassen der Altstadt von Dubrovnik. Bei 33 Grad im Schatten bahnt sich eine schwitzende Menge von Touristen ihren Weg zwischen venezianischen Palästen, mittelalterlichen Kirchen und imposanten Stadtmauern. Etliche laufen in Badekleidung herum, manche Männer mit freiem Oberkörper. Andere, die gerade ankommen oder abreisen, ziehen ihre Rollkoffer ratternd über die historischen Pflastersteine.

Wenn Bürgermeister Mato Frankovic aus dem alten Rathaus vor die Tür tritt, ist er mitten im Gewimmel. Hier beginnt der Stradun, der die beiden Stadttore miteinander verbindet, gleich gegenüber steht die St.-Blasius-Kirche aus dem Jahr 1715. Der 41-jährige Frankovic übt das Amt seit sechs Jahren aus. Maßanzug und Krawatte unterstreichen die elegante Erscheinung des schlanken, groß gewachsenen Politikers. Er gibt sich das Image des Machers, des Stadtvaters, der den Massentourismus in erträgliche Bahnen lenken will.

Großes Aufsehen erregte Frankovic, als er Ende Mai in einem Interview mit der Zagreber Zeitung «Jutarnji List» ein Verbot von Rollkoffern in seiner Stadt ankündigte. «Zuerst verbanne ich den Lärm (der Cafés), dann die Rollkoffer», zitierte ihn das Blatt. Irgendwann geisterte die Falschmeldung durch das Internet, dass rollkofferziehende Urlauber in Dubrovnik 265 Euro Strafe zahlen müssten. Ein Rollkofferverbot wurde aber weder beschlossen noch angeordnet. Die Stadt empfiehlt den Besuchern lediglich, auf Rollkoffer zu verzichten.

Im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur kann Frankovic über die ganze Aufregung nur lachen. «Immerhin reden jetzt alle darüber, dass Dubrovnik etwas für nachhaltigen Tourismus tun will», sagt er. «Nur ein Tourismus, der nachhaltig ist, hat eine Zukunft.» Es ist ein Satz, den er sicher schon Tausende Male ausgesprochen hat.

Dann erzählt er, wie es war, als er 2017 sein Amt antrat. Bis zu sieben oder acht große Kreuzfahrtschiffe legten damals gleichzeitig in Dubrovnik an. Bis zu 25 000 Menschen drängten sich dicht auf dicht in der eigentlich sehr kleinen Altstadt. Der Stradun als Hauptschlagader ist gerade mal 350 Meter lang, das Terrain, das die wuchtigen Festungsmauern umgrenzen, kann vielleicht 7000 Besucher auf einmal aufnehmen. 2017 kam die Stadt auf eine Liste der zehn Touristenziele, die Reisende unbedingt meiden sollten. «Das war ein Weckruf», sagt Frankovic. «Wir mussten was tun.»

Die Stadt begrenzte die Zahl der Kreuzfahrtschiffe, die in Dubrovnik anlegen dürfen - auf nur noch zwei gleichzeitig, und sie müssen mindestens acht Stunden bleiben statt wie bisher viereinhalb. Für Busse, die Ausflügler aus anderen Urlaubsorten herbringen, müssen Betreiber vorher ein Zeitfenster anmelden.

Frankovic führt auch einen Kreuzzug gegen das, was man unschickliches Verhalten von Besuchern nennen könnte. Tatsächlich ist es unter Androhung von Geldstrafen verboten, in der Altstadt nur Badekleidung zu tragen. Die Kampagne trägt den Namen «Respektiere die Stadt!». «Wir haben diese Strafen, aber darum geht es nicht», winkt der Bürgermeister ab. «In der Regel sagen wir bloß: Bitte, ziehen Sie sich doch ein Hemd an!»

Während seiner Anwesenheit in Dubrovnik sah der dpa-Reporter keine Stadtinspektoren, die dürftig bekleidete Touristen angesprochen hätten. Autos sind in der Altstadt verboten, Lieferanten müssen sich an Randzeiten am Morgen halten. Auch hier ergab der Augenschein, dass sich nicht jeder daran hält.

Die Menschenmenge mag groß sein, aber es herrschen nicht mehr Zustände wie noch 2016 oder 2017. Dubrovnik, früher Ragusa genannt, ist einfach ein Magnet. Die ehemalige Stadtrepublik gelangte in ihrer Blütezeit vom 13. bis zum 17. Jahrhundert als diplomatisch geschickt agierende Handelsmacht im Spannungsfeld zwischen Venedig und dem Osmanischen Reich zu großem Reichtum. Der intakte mittelalterliche Stadtkern mit seinen Palästen, Kirchen und Türmen im gotischen, Renaissance- und Barock-Stil, mit seinen Pflastersteinen und engen Gassen, eingezwängt zwischen Meer und Steilgebirge, bietet einen einzigartigen ästhetischen Genuss. Nachdem an den malerischen Schauplätzen von Dubrovnik die Netflix-Kultserie «Game of Thrones» gedreht wurde, kommen auch viele junge Fans der Fantasy-Reihe hierher, um den Zauber der Locations zu erspüren.

Damir Mesovic (55) lebt seit über 30 Jahren in Dubrovnik und arbeitet als selbstständiger Reiseleiter. Es sei schwierig, eine optimale Lösung für den Besucherzustrom zu finden, sagt er. «Wenn zu viele kommen, ist es für uns, die wir hier leben, nicht gut, aber auch nicht für die Gäste, die kommen.»

Dem Bürgermeister hält er zugute, dass er einiges in die richtige Richtung gelenkt habe: die Begrenzung der Zahl der Kreuzfahrtschiffe und Busse, den Appell an die Besucher, sich respektvoll zu verhalten. Den Vorschlag eines Rollkofferverbots hält er jedoch für undurchdacht. «Wie sollen Gäste, die ein sehr teures Apartment in der Altstadt gebucht haben, ihren 20 Kilo schweren Koffer 250 Meter weit schleppen?»

Nebojsa Stojcic, Professor für Ökonomie an der Universität Dubrovnik, hat die Wirksamkeit der Maßnahmen des Bürgermeisters in einer Studie untersucht. «Wir haben festgestellt, dass die Lenkung der Touristenströme eine gleichmäßigere zeitliche Verteilung der Belastung der Altstadt zur Folge hat», sagt er. Dies sei positiv, zugleich aber keine langfristige Lösung. Auf die Frage, wie viel denn zu viel sei, hat auch Stojcic noch keine Antwort. «Aber am Ende werden wir nicht um "De-Growth", um einen Abschied vom Wachstumsgedanken herumkommen.» (dpa)


 

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