Mecklenburg-Vorpommern gibt seinen harten Kurs beim Beherbergungsverbot zumindest für Gäste aus inländischen Corona-Risikogebieten auf. Nach wochenlangem Streit und wenige Tage vor einem erwarteten Gerichtsurteil dazu einigten sich Landesregierung und Tourismusbranche am Samstag darauf, dass für Touristen aus deutschen Risikogebieten von Mittwoch an ein aktueller negativer Corona-Test ausreicht, um im Nordosten Urlaub zu machen. Die bislang zusätzlich geforderte Quarantäne von mindestens fünf Tagen und ein folgender zweiter Test entfallen. Diese Regelung galt bislang nur in Mecklenburg-Vorpommern, war die bundesweit schärfste und hatte für massive Kritik gesorgt.
Tagestouristen aus Risikogebieten dürfen Mecklenburg-Vorpommern jedoch weiterhin nicht besuchen. Und auch für Reisende aus ausländischen Risikogebieten bleiben die bisherigen Regeln in Kraft. «Für das Inland sehen wir, dass in den Risikogebieten jetzt Einschränkungen herrschen», sagte Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD). Deshalb seien Quarantäne und zweiter Test verzichtbar, nicht aber - anders als in vielen anderen Bundesländern - der erste Test. «Wir sind Tourismusland (...) und wir müssen weiter (...) für Sicherheit sorgen.»
Schwesig sagte, Tagestouren aus Risikogebieten ohne Übernachtung «sind weiterhin nicht möglich». Und für Reisen aus Risikogebieten des Auslands bleibe es dabei, «dass es einen ersten Test geben muss, fünf Tage Quarantäne und dann einen zweiten Test zum Frei-Testen». Schwesig sagte, Mecklenburg-Vorpommern habe bislang die bundesweit niedrigsten Corona-Zahlen. Mit Blick auf den Herbst und Winter sowie die steigende Zahl an Risikogebieten werde aber auch die Gefahr im Nordosten größer. Schwesig sagte, das Kabinett werde die neuen Regeln am Dienstag beschließen, damit sie am Mittwoch in Kraft treten können.
Die Ministerpräsidentin hatte angesichts der steigenden Zahl an Neuinfektionen lange Zeit auf den Sonderweg bestanden, lenkte nun aber angesichts einiger Gerichtsurteile, die ein Beherbergungsverbot in einer Reihe anderer Bundesländer gekippt hatten, ein. Schon nach dem Treffen der Ministerpräsidenten mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Mittwoch hatte Schwesig Lockerungen in Aussicht gestellt, aber Bedingungen daran geknüpft.
Die nun vereinbarte Regelung mit einem negativen Test, der nicht älter als 48 Stunden sein darf, gilt als Kompromiss. Gerichte in Schleswig-Holstein und Hamburg hatten dieses Verfahren bestätigt, so dass die Landesregierung auf eine ähnliche Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts in Greifswald hoffen kann. Andere Bundesländer verzichten inzwischen auf Gesundheitsnachweise.
Das Gericht in Greifswald hatte angekündigt, Anfang der Woche über drei vorliegende Eilanträge gegen die Quarantäneregeln in Mecklenburg-Vorpommern zu entscheiden. Ob die Anträge möglicherweise zurückgezogen werden, war zunächst unklar.
Nach Einschätzung der Tourismuswirtschaft kamen die bislang in Mecklenburg-Vorpommern geltenden Einreisebestimmungen für Besucher aus Corona-Hotspots einem Beherbergungsverbot gleich. Die Branche, die nach dem coronabedingten vollständigen Reisestopp im Frühjahr im Nordosten in der Sommersaison wieder im Aufwind war, musste deshalb im Herbst einen Rückschlag hinnehmen. Der Präsident des Tourismusverbands Mecklenburg-Vorpommern, Tobias Woitendorf, bezifferte die Verluste nach ersten Einschätzungen auf 30 Prozent des Umsatzes beziehungsweise 60 bis 80 Millionen Euro.
Der Tourismusverband und der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) zeigten sich grundsätzlich zufrieden mit den neuen Regeln. «Wir sind mit den Ergebnissen (...) erstmal zufrieden», sagte Mecklenburg-Vorpommerns Dehoga-Präsident Lars Schwarz. Der Verband werde nun die Entscheidungen des Gerichts abwarten. Sven Müller, Geschäftsführer der Vereinigung der Unternehmensverbände MV, sprach von einem notwendigen Schritt hin zu mehr Klarheit und Wettbewerbsgerechtigkeit.
Die Vorsitzende der Linksfraktion im Schweriner Landtag, Simone Oldenburg, betonte: «Der Sonderweg der Landesregierung hat für viel Verunsicherung und Unverständnis gesorgt und wurde zu Recht kritisiert.» Jetzt gelte es, die Tourismusbranche wieder in ruhigeres Fahrwasser zu bringen.
Zuvor hatte auch schon Rostocks Oberbürgermeister Claus Madsen die Einreisebeschränkungen und das Beherbergungsverbot für übertrieben eingestuft. «Wenn sich alle vernünftig verhalten, sind die Menschen aus den Corona-Risikogebieten nicht gefährlicher als andere», sagte der parteilose Verwaltungschef von Mecklenburg-Vorpommerns größter Stadt in einem Interview im Berliner «Tagesspiegel» (Samstag). Wer Fieber habe oder sich schlecht fühle, sollte nicht arbeiten oder im Restaurant essen gehen. «Aber wer am Strand entlang spaziert, ist doch nicht gefährlich», sagte Madsen. Hinzu komme, dass Hotels strikte Hygienevorgaben hätten. (dpa)