Jüdisch-mittelalterliches Erbe in Erfurt neues Unesco-Welterbe

| War noch was…? War noch was…?

Jubel, Freudentränen und knallende Sektkorken in Thüringens Landeshauptstadt: Die Unesco hat das jüdisch-mittelalterliche Erbe in Erfurt als neues Welterbe ausgezeichnet. Das entschied die UN-Kulturorganisation am Sonntag auf ihrer laufenden Sitzung im saudi-arabischen Riad. In Deutschland gibt es damit nun 52 Welterbe-Stätten. Erfurt erhielt den Welterbe-Status für die Alte Synagoge, für die vor rund 16 Jahren zufällig entdeckte Mikwe und für das Steinerne Haus, einem historischen Wohngebäude.

«Die Aufnahme des Jüdisch-Mittelalterlichen Erbes in Erfurt als neue und zweite jüdische Stätte in die Liste des Unesco-Welterbes leistet einen weiteren, wichtigen Beitrag, die gemeinsamen Wurzeln von Juden und Christen in Deutschland und Europa sichtbar zu machen und für die Zukunft zu bewahren», sagte Deutschlands Botschafterin bei der Unesco, Kerstin Püschel. Die neue Welterbestätte fördere das Verständnis für die kulturelle Vielfalt in Deutschland und den gegenseitigen Respekt für das vielschichtige historische Erbe.

Die Präsidentin der Deutschen Unesco-Kommission Maria Böhmer verwies darauf, dass die jüdischen Monumente Erfurts über Jahrhunderte fast vergessen waren. «Ihre Wiederentdeckung ist ein großes Geschenk!»

Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) lobte die drei ausgezeichneten Bauwerke in der Altstadt als bauliche Kleinode, die auf einmalige Weise vom friedlichen Miteinander jüdischer rund christlicher Gemeinschaften im Mittelalter zeugten.

Der Welterbe-Titel stärke das gemeinsame Bemühen von Stadt und Land, diese historischen Stätten zu erhalten und ihre wechselvolle Geschichte öffentlich zu vermitteln. «Möge von Thüringen mit dieser Entscheidung die Botschaft eines Lebens in Vielfalt und friedlichem Miteinander ausgehen», erklärte Ramelow nach der Entscheidung für den Erfurter Welterbe-Status.

Als am Sonntagnachmittag die Unesco-Entscheidung in Riad fiel, brach im weit entfernten Erfurt großer Jubel aus, einige hatten vor Freude Tränen in den Augen. Oberbürgermeister Andreas Bausewein (SPD) hatte die Sitzung des zuständigen Unesco-Komitees in Saudi-Arabiens Hauptstadt Riad gemeinsam mit rund 200 Gästen im Festsaal des Rathauses live auf zwei Monitoren verfolgt. Er sah in der Entscheidung der Unesco die Krönung einer jahrelangen, akribischen Vorbereitung. «Jetzt, da Erfurt mit dem Welterbetitel geadelt wurde, müssen und werden wir diesen Schatz hüten und wahren wie unseren Augapfel.»

Vor zwei Jahren hatte die Unesco erstmals jüdisches Kulturgut in Deutschland ausgezeichnet. Die sogenannten Schum-Stätten in Mainz, Worms und Speyer erhielten damals als eine Wiege des europäischen Judentums den Welterbe-Titel. In Erfurt war rund 15 Jahre lang an der Bewerbung um eine Anerkennung als Weltkulturerbe gearbeitet worden.

Die Alte Synagoge gilt heute als eine der ältesten erhaltenen in Europa. Ihre Geschichte lässt sich bis ins späte 11. Jahrhundert zurückverfolgen. Nach einem verheerenden Pogrom im Jahr 1349 wurde das Gotteshaus zuerst als Lager, später als Gastwirtschaft genutzt und überdauerte so die Jahrhunderte, bis es 1988 wiederentdeckt wurde.

Heute befindet sich in der Alten Synagoge, deren älteste Bauspuren um 1094 datiert werden, ein Museum. Ausgestellt sind dort Zeugnisse des jüdischen Lebens im mittelalterlichen Erfurt. Dazu gehören mehrere Tausend Silbermünzen und -barren sowie Gold- und Silberschmiedearbeiten aus dem 13. und 14. Jahrhundert. Als bedeutendstes Stück gilt ein goldener Hochzeitsring.

Auch die Erfurter Mikwe war lange in Vergessenheit geraten. Ihre älteste Mauer stammt vom Anfang des 12. Jahrhunderts. Als 1452 die zweite jüdische Gemeinde vertrieben wurde, die nach dem Erfurter Pogrom in der Stadt Fuß gefasst hatte, schüttete man das Wasserbecken zu und nutzte das Ritualbad als Keller. Nur einem Zufall war es zu verdanken, dass die Mikwe 2007 wieder zum Vorschein kam.

Mit dem Steinernen Haus gehört auch ein Profanbau zum neugekürten Welterbe. Dass in dem um 1200 errichteten Gebäude eine jüdische Familie wohnte, ist nicht an der Architektur zu erkennen, lässt sich aber den mittelalterlichen Steuerlisten entnehmen. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Tausende Mitarbeitende starten weltweit in hunderten Unternehmen pflanzlich ins neue Jahr – mit der Veganuary Workplace Challenge. Wie die Challenge stattfindet und welche Auswirkung sie hat, hat die Organisation Veganuary in einem Guide zusammengetragen.

Es wird gegessen, was auf den Tisch kommt. Nach diesem Motto handelte laut einer Polizeimitteilung ein Restaurantkoch auf Ibiza. Ein Deutscher, dem das wohl nicht passte, kam deshalb ins Krankenhaus.

 

Ein unbekannter Mann soll zwei Jugendliche während einer Klassenfahrt in einem Hotel in Berlin-Friedrichshain mit einem Hammer angegriffen haben. Beide werden dabei verletzt. Was ist bekannt?

Lieferando liefert ab sofort auch Gesundheits- und Pflegeartikel aus Apotheken nach Hause. Die Auswahl umfasst zum Start über 500 Artikel: Von frei verkäuflichen Medikamenten bis hin zu Artikeln zum kurzfristigen Auffrischen der Hausapotheke.

In der Nacht von Montag auf Dienstag ist es in einem Hostel in Würzburg zu einem tödlichen Angriff gekommen. Dabei hat ein 42-jähriger Mann schwere Verletzungen erlitten und erlag diesen noch am Tatort. Die Polizei konnte noch vor Ort einen Tatverdächtigen festnehmen.

Revolte am Boule-Platz: In Paris hat die Bereitschaftspolizei ein Boule-Gelände bei Montmartre geräumt, das Spieler seit Monaten besetzt hielten. Ein Luxushotel will dort seine Gastronomie ausdehnen.

Die Bedeutung des Themas „Sicherheit auf Reisen“ hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Vor diesem Hintergrund laden der Deutsche Reiseverband und dA3M zum zweiten Travel Security Day. Marc Wallert hält die Keynote.

Endlich sprudelt er wieder – der historische Brunnen vor dem Schlosshotel Kronberg. Als zentrales Deko-Element des Schlosshofs direkt vor dem Haupteingang gibt der Zierbrunnen einen Vorgeschmack auf den Design-Stil, der die Gäste im Haus und in der gesamten Anlage erwartet.

«Time to say Goodbye»: Darf man Abschiedsumarmungen zeitlich begrenzen? Diese Frage wird heiß diskutiert, seit ein Flughafen in Neuseeland per Schild ein Kuschellimit eingerichtet hat.

Am vergangenen Wochenende sorgte Donald Trump erneut für Schlagzeilen, als er in einem McDonald’s-Restaurant nahe Philadelphia auftauchte, um dort unter anderem an der Fritteuse "zu arbeiten".