Corona-Lockerungen bringen deutliche Entspannung auf dem Arbeitsmarkt

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Auf dem Weg aus der Corona-Pandemie ist die Arbeitslosigkeit in Deutschland so stark gesunken wie seit zehn Jahren nicht mehr in einem Juni. Im Vergleich zum Mai sank die Zahl der Menschen ohne Job deutlich um 73 000 auf 2,614 Millionen, teilte die Bundesagentur für Arbeit am Mittwoch in Nürnberg mit. Das sind 239 000 Arbeitslose weniger als im Juni 2020. Die Arbeitslosenquote sank bundesweit im Vergleich zum Mai um 0,2 Prozentpunkte auf 5,7 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahresmonat ergibt sich sogar ein Minus von 0,5 Punkten.

Von den 2,614 Millionen Arbeitslosen gehen noch 400 000 auf das Konto der Corona-Pandemie. In Spitzenzeiten waren es 650 000. Der Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, Detlef Scheele, glaubt, dass entweder mit dem Herbstaufschwung 2023 oder mit dem Frühjahrsbelebung 2024 auch dieser Sockel abgebaut sein wird. Im laufenden Jahr werde sich der Abbau jedenfalls nach derzeitigem Erkenntnisstand fortsetzen, vielleicht sogar schon im Juli - einem Monat, in dem die Zahl der Arbeitslosen gewöhnlich steigt. «Der Arbeitsmarkt erholt sich und die Zahlen geben Hoffnung, dass wir das Schlimmste bewältigt haben», sagte der Arbeitsmarktpolitiker Wolfgang Strengmann-Kuhn (Grüne).

«Die umfassende Besserung auf dem Arbeitsmarkt setzt sich im Juni fort», sagte Scheele. «Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung sind weiter kräftig gesunken.» Die Unternehmen reduzierten weiter die Kurzarbeit und suchten wieder verstärkt nach Personal. Für die Monatsstatistik hat die Bundesagentur Daten bis zum 14. Juni berücksichtigt.

Auch die Langzeitarbeitslosigkeit ging im Juni leicht zurück - um 4000 auf 1,06 Millionen. Das sei nicht viel, aber immerhin sei der fortlaufende Anstieg während der Pandemie gebrochen. Nach Ende der Pandemie müsse man sich daran machen, die verloren gegangenen Erfolge wieder zu erlangen. Der sozialpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Pascal Kober, forderte, die Instrumente zur Qualifizierung von Langzeitarbeitslosen müssten auf den Prüfstand. Nur 8,9 Prozent nähmen aktuell an einer Fördermaßnahme teil. «Langzeitarbeitslosigkeit darf sich nicht verfestigen», mahnte er.

Bei der Kurzarbeit habe sich ein spürbarer Rückgang ergeben, hieß es von der Bundesagentur. In der Zeit vom 1. bis 24. Juni habe es lediglich noch neue Anzeigen für 59 000 Personen gegeben. Meist wird für weniger Personen Kurzarbeit tatsächlich in Anspruch genommen als angezeigt. Daten für die tatsächlich realisierte Kurzarbeit liegen der Bundesagentur nur bis zum April vor. In diesem Monat wurde Hochrechnungen zufolge für 2,34 Millionen Menschen Kurzarbeitergeld gezahlt. In der Spitze waren es im April 2020 fast sechs Millionen.

Zum Start des Ausbildungsjahres ist die Situation auf dem Lehrstellenmarkt angespannt. Von Oktober 2020 bis Juni 2021 hätten sich 385 000 junge Leute und damit 32 000 weniger als ein Jahr zuvor auf einen Ausbildungsplatz beworben - bei einem in etwa gleichem Aufkommen von Schulabgängern. 158 000 Bewerber seien im Juni noch unversorgt gewesen. Die Betriebe hatten bis dato 468 000 Lehrstellen gemeldet, 15 000 weniger als im Jahr zuvor. Davon waren 216 000 im Juni noch unbesetzt.

Ein Problem ist, dass Lehrbetriebe und Bewerber wegen pandemiebedingt fehlender Ausbildungsmessen, schwieriger Praktikumssituationen und erschwerter Berufsberatung in den Schulen nicht ausreichend zueinander fanden. «Jetzt muss alles dafür getan werden, um das Matching von Angebot und Nachfrage auf dem Ausbildungsmarkt voranzubringen. Verlorene Ausbildungsjahrgänge wegen Corona können wir uns nicht leisten», sagte Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger.

Dulger hat - wie auch Scheele - dabei ein Problem des Arbeitsmarktes im Blick, das in den vergangenen Monaten hinter der Corona-Problematik zurückstehen musste, aber deswegen nicht wegging: den Fachkräftemangel. Das Arbeitskräftepotenzial in Deutschland schrumpfe, die Netto-Zuwanderung sei viel zu gering, um den Bedarf ausgleichen zu können.

«Die Unternehmen und der Wirtschaftsstandort Deutschland als Ganzes sind auf diese Fachkräfte dringend angewiesen», sagte die Staatssekretärin im Bundesarbeitsministerium, Leonie Gebers. «Deshalb unterstützen wir Unternehmen, die trotz Krise weiter ausbilden mit der Azubi-Prämie und werben in zahlreichen Aktionstagen um Auszubildende und Ausbildungsbetriebe», betonte sie.

«Statt lautstark den zunehmenden Fachkräftemangel zu beklagen, ist jetzt die Zeit für Politik und Arbeitgeber, die Ärmel hochzukrempeln und alles daran zu setzen, mehr junge Menschen in Ausbildung zu bringen», sagte DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel. «Die Uhr für das neue Ausbildungsjahr tickt, denn die Ferienzeit hat begonnen», erklärte sie. Fast 160 000 Bewerberinnen und Bewerber seien noch nicht versorgt. «Das sind zwar weniger als im Vorjahr – aber es sind immer noch viel zu viele.» (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

In Deutschland sind die Chancen für ausländische Arbeitnehmer gestiegen, dass ihre beruflichen Abschlüsse anerkannt werden. Gut zwei von drei positiv entschiedenen Anerkennungsverfahren drehen sich um medizinische Berufe.

Wer Fotos oder Videos im Internet veröffentlicht, auf denen im Hintergrund eine Fototapete zu sehen ist, verletzt damit gemeinhin keine Urheberrechte. In einem der vorliegenden Fälle wurde eine solche Tapete in einem Hotelzimmer verwendet.

In Deutschland waren 25- bis 64-Jährige mit mittlerem Bildungsabschluss im Jahr 2023 deutlich häufiger erwerbstätig als im OECD-Durchschnitt. Die höchsten Quoten für Personen mit mittlerem Bildungsstand wiesen Baden-Württemberg, Bayern und Sachsen auf.

In Zeiten von mobilem Arbeiten, Telearbeit und Heimarbeitsplätzen kann die ausreichende Zahl an Ersthelfern im Betrieb zur organisatorischen Herausforderung werden. Wie Erste Hilfe, Alarmierung und Rettungskette trotzdem funktionieren, verrät die BGN.

Heftige Erkältung oder Magen-Darm-Infekt - wer zu krank ist, um zu arbeiten, kann sich krankschreiben lassen. Dafür muss man sich nicht unbedingt ins Wartezimmer seines Arztes schleppen.

Ob beim Start in einen neuen Job oder während einer laufenden Anstellung – es kommt vor, dass der Arbeitgeber ein polizeiliches Führungszeugnis anfordert. Aber sind Arbeitnehmer tatsächlich verpflichtet, dem nachzukommen?

Eine neue Studie von Hilton zeigt, dass die Deutschen fleißiger Treuepunkte sammeln als je zuvor. Fast zwei Drittel (65 Prozent) der Deutschen haben zwei oder mehr Kundenkarten. Millennials sind die fleißigsten Sparer. Lockende Gratisangebote sind die treibende Kraft.

Aufhören oder weitermachen? Woran man merkt, dass man zu alt für den Job ist - und welche Wege es in den Ruhestand gibt: Experten zeigen unterschiedliche Wege auf.

Nach der Rezession 2023 sehen Wirtschaftsforscher die deutsche Wirtschaft auf der Stelle treten: Die Industrie schrumpft, die Hoffnung auf eine Erholung durch mehr Exporte und Konsum ist zerstoben.

Hier eine Pizza, da ein Eis - statt Obst und Gemüse. Die Ernährung vieler Kinder weicht einer Analyse zufolge teils deutlich von den Empfehlungen ab. Das kann fatale Folgen haben, warnen Fachleute.