DEHOGA zieht Corona-Zwischenbilanz - Gastgewerbe weiterhin in großer Not

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Die Krise im Gastgewerbe ist noch lange nicht vorbei – trotz mancherorts gut gefüllter Biergärten und Ferienhotels. Ganz anders als in den Urlaubsorten ist die Situation in den Städten. Die Lage der Tagungs- und Stadthotels, der Eventcaterer und Discotheken ist weiterhin dramatisch. 61,6 Prozent der gastgewerblichen Unternehmer bangen um ihre Existenz. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Umfrage, die der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA Bundesverband) am Dienstag in Berlin vorgestellt hat.

„Nach zehn Wachstumsjahren verzeichnet die Branche seit Anfang März Umsatzverluste historischen Ausmaßes“, sagte DEHOGA-Präsident Guido Zöllick. Auch wenn sich die Einbußen in den letzten Wochen etwas abschwächten, sei die Branche aufgrund von Abstandsgeboten und Kapazitätsbegrenzungen von Normalumsätzen noch meilenweit entfernt. „Unsere Betriebe waren die ersten, die unter den Folgen der Coronavirus-Ausbreitung gelitten haben und werden in all ihren Betriebsformen die letzten sein, die wieder öffnen dürfen“, hob Zöllick die besondere Betroffenheit des Gastgewerbes hervor und mahnte weitere politische Unterstützung an.

„Angesichts der verheerenden Auswirkungen reichen die derzeitigen staatlichen Hilfen nicht aus.“ Um eine gewaltige Pleitewelle zu verhindern und Arbeitsplätze zu retten, forderte Zöllick Nachbesserungen bei den Überbrückungshilfen, die Entfristung der Mehrwertsteuersenkung mit Einbeziehung der Getränke sowie eine gesetzliche Klarstellung zur coronabedingten Pachtminderung.

Dramatische Umsatzausfälle im Gastgewerbe

Die Corona-Pandemie hat das Gastgewerbe in seine größte Krise der Nachkriegszeit gestürzt. Bereits das Statistische Bundesamt wies für das erste Halbjahr ein nominales Umsatzminus von 38,5 Prozent aus. Der coronabedingte Shutdown im Frühjahr hat riesige Löcher in die Bilanzen der Gastronomen und Hoteliers gerissen. Für die Monate März bis Juni beläuft sich der Umsatzverlust auf 17,6 Milliarden Euro.

Laut der aktuellen DEHOGA-Umfrage meldeten die Betriebe von März bis August Umsatzeinbußen von 55,8 Prozent.

Auch in den Sommermonaten Juli und August lagen die Umsätze immer noch 43,2 beziehungsweise 41,8 Prozent unter den Vorjahreswerten. Bezogen auf das Gesamtjahr rechnen die Betriebe mit Umsatzverlusten von knapp 50 Prozent.

Dabei gebe es einen gravierenden Unterschied zwischen Betrieben in Ferienorten und in Städten. „Urlaubshotels und Ausflugsrestaurants insbesondere mit Terrassen und Biergärten verzeichneten eine gute Nachfrage“, so Zöllick. „Nach den Wochen des Lockdowns war die Sehnsucht der Menschen nach Reisen und Ausgehen groß.“ Ganz anders sei die Lage in den Städten. „Messen, Kongresse, Tagungen sowie Kultur- und Sportveranstaltungen finden immer noch nicht statt. Geschäftsreisende wie internationale Besucher fehlen schmerzlich. Die Situation der Stadt- und Tagungshotellerie sowie der Eventcaterer ist fatal.“ Katastrophal stelle sich auch die Lage bei den Discotheken und Clubs dar, für die es immer noch keine Öffnungsperspektive gebe. „Die Betriebe stehen mit dem Rücken zur Wand und befürchten ein massives Disco- und Clubsterben.“

Insgesamt sind 6,1 Prozent der gastgewerblichen Betriebe laut der Umfrage noch nicht geöffnet. Dazu zählen neben Discotheken und Clubs auch kleinere Kneipen und Bars, bei denen sich aufgrund der Abstandsgebote die Öffnung nicht rechnet.

Corona-Krise belastet den gastgewerblichen Arbeitsmarkt

Die dramatischen Auswirkungen der Corona-Krise belasten auch den gastgewerblichen Arbeitsmarkt. „Bis Ende April, zum Höhepunkt der Krise, wurde für eine Million Beschäftigte, das heißt über 90 Prozent, Kurzarbeit angezeigt“, berichtete Zöllick. Dabei erweise sich die Kurzarbeit als „wertvolles arbeitsmarktpolitisches Instrument“, um Mitarbeiter nicht entlassen zu müssen. Der DEHOGA begrüßt vor diesem Hintergrund die jüngste Entscheidung zur Verlängerung des Kurzarbeitergeldes bis 31. Dezember 2021. „Kurzarbeit hilft, Beschäftigung zu sichern.“

DEHOGA befürchtet Pleitewelle und fordert weitere Hilfen

Mit Blick auf die Umfrage-Ergebnisse drängt der DEHOGA auf weitere Unterstützung der Branche. Zöllick: „Keine Frage, die Politik hat schnell Rettungspakete auf den Weg gebracht. Aber es bedarf weiterer Hilfen, um die existenziell betroffenen Unternehmen sicher durch diese dramatische Krise zu führen.“ In der DEHOGA-Umfrage gaben 64,9 Prozent der Betriebe an, dass die bisher von Bund und Ländern angebotenen Liquiditätshilfen und Kreditprogramme nicht ausreichten, um die Krise zu bewältigen.

Um eine Pleitewelle ungekannten Ausmaßes zu verhindern, fordert der Verband dringend Nachbesserungen beim Programm der Überbrückungshilfen. „Es war jetzt richtig und wichtig, dass die Große Koalition, die Überbrückungshilfen bis zum Jahresende verlängert hat.“ Dafür hatte sich der DEHOGA bereits von Beginn an eingesetzt. Eine alleinige Verlängerung der Überbrückungshilfen sei indes zu wenig, sagte Zöllick. „Damit die Hilfe dort ankommt, wo sie dringend benötigt wird, müssen die Kriterien des Programms korrigiert werden. Dies betrifft unter anderem die erstattungsfähigen Kosten und den Kreis der Antragsberechtigten.“

Von den Unternehmen beklagt wurden das bürokratische Verfahren, die verspätete Auszahlung, der nicht ausreichende Umfang der Zuschüsse wie auch die Anrechnung der Soforthilfe.

Als „überfällig und in der Krise besonders wertvoll“ wertete Zöllick die Entscheidung der Politik, die Mehrwertsteuer auf Speisen in Restaurants zu senken. Gleichzeitig forderte er die Entfristung der Mehrwertsteuersenkung mit Einbeziehung der Getränke, zumindest der alkoholfreien. „Denn Kneipen, Bars, Clubs und Discotheken, die ausschließlich Getränke anbieten, profitieren ja bisher nicht von dieser Steuersenkung.“

Akuten Handlungsbedarf sieht der DEHOGA darüber hinaus im Miet- und Pachtrecht. „Es kann nicht sein, dass zum Beispiel ein Hotel, das keine Umsätze hat oder nur zu 15 Prozent ausgelastet ist, unverändert die Pacht zu entrichten hat, die es bei 80 Prozent Belegung entrichten muss“, erklärt der DEHOGA-Präsident. Es gehe um eine angemessene Risikoverteilung zwischen Verpächter und Pächter. „Wer Leerstand und eine weitere Verödung der Innenstädte verhindern will, muss jetzt handeln.“ Mit einer gesetzlichen Klarstellung, dass die Covid-19-Pandemie eine erhebliche Störung der Geschäftsgrundlage darstellt, die zur Pachtminderung berechtigt, würden auch große institutionelle Eigentümer gezwungen, sich an den Verhandlungstisch zu setzen.

„Das Gastgewerbe trägt maßgeblich zur Attraktivität der Innenstädte und der ländlichen Räume bei“, betont Zöllick. „Es kommt darauf an, die Betriebe, die öffentlichen Wohnzimmer der Republik, jetzt zu stärken und alles dafür zu tun, um ihnen eine Zukunftsperspektive zu geben.“ Das Gastgewerbe habe mit 2,4 Millionen Beschäftigten und 222.000 Betrieben nicht nur eine große wirtschaftliche Bedeutung, sondern auch eine hohe gesellschaftliche Relevanz.


 

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